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In der Schwebe

In der Schwebe

Titel: In der Schwebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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muss.«
    Eine volle Minute sagte niemand irgendetwas.
    Dann überraschte Ken Blankenship alle, indem er verkündete: »Ich stelle mich auf die Seite unserer Astronauten.«
    »Ich auch«, sagte eine andere Stimme.
    »Und ich …«
    »Ich ebenfalls.«
    Gordon sah sich unter seinen um den Tisch versammelten Kollegen um. Die meisten von ihnen waren Ingenieure und technische Abteilungsleiter, deren Namen selten in der Presse auftauchten. Nicht selten standen sie in Konflikt mit den Astronauten, die sie als eingebildete Helden der Lüfte betrachteten. Die Astronauten wurden mit Ruhm und Ehre überhäuft, doch diese Männer und Frauen, die die unbemerkten und wenig glanzvollen Aufgaben verrichteten, durch die Raumfahrt überhaupt erst möglich wurde, waren das Herz und die Seele der NASA. Und nun standen sie vereint hinter Gordon.
    Leroy Cornell sah angeschlagen aus – der Anführer, der von seiner Truppe im Stich gelassen wurde. Er war ein stolzer Mann, und er hatte gerade eine öffentliche Demütigung erlitten. Er räusperte sich und straffte die Schultern, dann blickte er das Fernsehbild von Colonel Harrison an. »Ich habe keine andere Wahl. Ich muss mich ebenfalls hinter meine Astronauten stellen«, sagte er. »Ich bestehe darauf, dass einem unserer Flugärzte gestattet wird, als Beobachter an den Autopsien teilzunehmen.«
    Colonel Harrison sagte nichts. Es war Jared Profitt, der die endgültige Entscheidung traf. Jared Profitt, der offenbar tatsächlich das Sagen hatte. Er drehte sich um und wechselte ein paar Worte mit jemandem, der nicht auf dem Bild zu sehen war. Dann sah er wieder in die Kamera und nickte.
    Beide Bildschirme erloschen. Die Videokonferenz war beendet.
    »Na, Sie haben es der US Army ja ganz schön gezeigt«, meinte Gretchen. »Haben Sie gesehen, wie sauer Harrison geguckt hat?«
    Nein,
dachte Gordon, als er sich Harrisons Gesichtsausdruck ins Gedächtnis rief, kurz bevor das Bild verschwunden war.
Das war nicht Verärgerung, was ich in seinem Gesicht gesehen habe. Es war Angst.
    Entgegen Jacks Vermutung waren die Leichen nicht in das USAMRIID-Hauptquartier in Fort Detrick, Maryland, überführt worden. Stattdessen hatte man sie in einen fensterlosen Betonklotz kaum hundert Kilometer vom Flugplatz White Sands gebracht, in eines der vielen neutral aussehenden Regierungsgebäude, die in diesem ausgedörrten Wüstental hochgezogen worden waren. In einem Detail unterschied sich dieses Gebäude jedoch von den anderen: Aus dem Dach ragte eine Reihe von Lüftungsrohren heraus. Das Gelände war mit Stacheldraht umzäunt. Als sie an dem Militärposten vorbeifuhren, hörte Jack das Summen von Hochspannungsleitungen.
    Flankiert von seinen bewaffneten Begleitern ging Jack auf den Vordereingang zu – den einzigen Eingang, wie er bald feststellte. An der Tür prangte ein Zeichen, das ihm einen Schauer des Wiedererkennens über den Rücken jagte: die leuchtend rote Blüte des Symbols für biologische Gefahrstoffe.
Was hat diese Einrichtung hier mitten in der Wüste zu suchen?,
fragte er sich. Dann ließ er den Blick über den kahlen Horizont schweifen, und das beantwortete seine Frage. Das Gebäude stand genau hier,
weil
es hier, so weit das Auge reichte, nur von Wüste umgeben war.
    Er wurde durch die Tür geleitet und durch eine Reihe von nüchternen Korridoren, die tiefer in das Gebäude hineinführten. Er sah Männer und Frauen in Armeeuniformen und andere in Laborkitteln. Es gab nur künstliche Beleuchtung, und alle Gesichter sahen bläulich und krank aus.
    Die Wachen blieben vor einer Tür mit der Aufschrift »Umkleideraum Männer« stehen.
    »Gehen Sie hinein«, wurde ihm gesagt. »Folgen Sie genau den schriftlichen Anweisungen. Dann gehen Sie durch die nächste Tür. Dort werden Sie erwartet.«
    Jack trat ein. Der Raum enthielt eine Reihe von Spinden, einen Wäschekarren mit grüner Krankenhauskleidung in verschiedenen Größen, ein Regal mit Kopfbedeckungen aus Papier und ein Waschbecken mit Spiegel. An der Wand hing eine Liste mit Instruktionen, beginnend mit »
Legen Sie Ihre Straßenkleidung VOLLSTÄNDIG ab, einschließlich Unterwäsche.
«
    Er tat wie geheißen, legte seine Kleider in einen offenen Spind und zog sich einen grünen Kittel und eine Hose über. Anschließend ging er durch die nächste Tür, die ebenfalls mit dem biologischen Warnsymbol gekennzeichnet war, und gelangte in einen Raum mit ultravioletter Beleuchtung. Dort blieb er stehen und überlegte, was er als Nächstes tun sollte.
    Aus

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