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In der Schwebe

In der Schwebe

Titel: In der Schwebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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ist ziemlich lang.«
    »Ich bin süchtig nach langen Geschichten«, sagte Maggie.
    »Nun, wir waren zu einem zweiwöchigen Überlebenstraining unterwegs«, sagte Baedecker. »Für das große Finale teilten sie uns in Dreiergruppen ein Mannschaften -, flogen uns in die Wüste von New Mexico, irgendwo nordwestlich von White Sands, und gaben uns drei Tage Zeit, in die Zivilisation zurückzufinden. Wir hatten unsere Schweizer Offiziersmesser, ein paar Broschüren über eßbare Pflanzen und einen Kompaß dabei.«
    »Klingt spaßig«, sagte Maggie.
    »Ja«, sagte Baedecker. »Der Meinung war die NASA auch. Wenn wir nach fünf Tagen noch nicht aufgetaucht waren, wollten sie ein Suchkommando losschicken. Sie waren nicht gerade erpicht darauf, welche von ihren Astronauten der zweiten Generation zu verlieren. Wie auch immer, unser Team entsprach genau der späteren Besatzung Dave Muldorff, Tom und ich. Schon damals hat Tom härter als alle anderen gearbeitet. Auch nachdem er es geschafft hatte ins Astronautenkorps aufgenommen war, die Mannschaftsauswahl bestanden hatte, was auch immer -, arbeitete er immer noch doppelt so hart, als nötig gewesen wäre, als wäre er immer drauf und dran gewesen, wieder rausgeworfen zu werden. Nun, manchmal ging es uns allen so, aber bei Tom schien es nie anders zu sein.
    Unser anderes Teammitglied war Dave Muldorff damals nannten wir ihn manchmal Rockford -, und Dave war das genaue Gegenteil. Dave hat mir einmal gesagt, die einzige Philosophie, der er folgte, sei das Ohmsche Gesetz finde den Weg des geringsten Widerstands und folge ihm. Dave war in vieler Hinsicht wie Neil Armstrong sie gaben tausend Prozent und schafften es immer, wenn sie mußten, aber man sah keinen der beiden je bei Morgendämmerung beim Frühsport. Der größte Unterschied zwischen Muldorff und Armstrong war der, daß Dave einen verschrobenen Sinn für Humor hatte.
    Wie auch immer, unser erster Tag in der Wildnis verlief ausgezeichnet. Wir fanden eine Wasserstelle und eine Möglichkeit, etwas davon mitzunehmen. Tom fing vor Einbruch der Nacht eine Echse und wollte sie roh essen, aber Dave und ich beschlossen, eine Weile zu warten. Wir hatten unsere Route dahingehend geplant, eine Straße zu überqueren, die, wie wir wußten, in die Berge führte, und wir waren überzeugt, daß wir sie früher oder später finden würden.
    Am zweiten Tag war Tom bereit, die Echse zum Mittagessen zu verspeisen, aber Dave überzeugte uns, noch eine Weile von Pflanzen zu leben und den Hauptgang zum Abendessen aufzuheben. An diesem Nachmittag gegen zwei Uhr fing Dave an, sich seltsam zu benehmen. Er schnupperte immer am Boden und behauptete, er könnte den Weg in die Zivilisation riechen. Tom sprach von einem Sonnenstich, und wir waren beide gehörig erschrocken. Wir versuchten, Dave ein Hemd um den Kopf zu binden, aber er heulte nur zum Himmel hinauf und rannte los.
    Nach einer Viertelmeile hatten wir ihn eingeholt; als wir über einen Felsgrat kamen, saß Muldorff mitten in einem verlassenen Flußbett auf einem Liegestuhl unter einem Sonnenschirm und trank kaltes Bier. Er hatte ein Transistorradio laufen, eine Kühltasche voll Eis und Bier neben sich, und in der Nähe stand ein Planschbecken, wie man sie für Kinder bekommt, mit einer Luftmatratze und ein paar Quietschenten darin. Sie dürfen nicht vergessen, wir befanden uns mitten in der Wüste immer noch rund sechzig Meilen von der nächsten Straße entfernt.
    Nachdem er sich beruhigt und aufgehört hatte zu lachen, erzählte uns Dave, wie er es gemacht hatte. Er hatte einen Adjutanten im Stützpunkt des Kommandanten dazu gebracht, in den Akten die Ausgangspunkte der verschiedenen NASA-Teams nachzuschlagen. Dann bestimmte Dave unseren wahrscheinlichen Rückweg und brachte einen Freund, der in White Sands Hubschrauber flog, dazu, den ganzen Plunder in dieses Flußbett zu schaffen. Dave fand das urkomisch. Tom nicht. Zuerst war er so wütend, daß er sich umdrehte und Dave mit seinem Sonnenschirm und der Rockmusik den Rücken kehrte. Anfangs stimmte ich mit Tom überein. Daves Gag war genau das, was die NASA absolut auf die Palme brachte. Soweit wir wußten, hatten sie überhaupt keinen Humor. Unser ganzes Team hätte in ernste Schwierigkeiten kommen können.
    Aber nach einem oder zwei Bieren verstaute Dave den ganzen Plunder hinter einem Felsbrocken, und wir setzten unser Überlebenstraining fort. Tom redete vierundzwanzig Stunden kein Wort mit ihm. Schlimmer, ich glaube, Tom hat ihm das

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