In der Schwebe
passierten sie die beiden Wellenbrecher aus Betontrümmern und fuhren in den Hafen ein. Graugedeckte Häuser und tropfende Piers tauchten aus dem wallenden Nebel auf, verschwanden und erschienen wieder. Möwen kreisten über dem Kielwasser des Boots und stießen herab; ihre Schreie zerrissen die Stille in scharfkantige Bruchstücke. Baedecker stand allein an der Backbordreling, als er die Menschen auf dem Dock bemerkte. Zuerst war er nicht sicher, ob es sich überhaupt um Menschen handelte, so reglos standen sie da. Dann hob sich der Nebel und er konnte die bunten Freizeithemden ausmachen, die Touristenhüte, sogar die Fabrikate von Kameras, die manche um den Hals hängen hatten.
Baedecker hatte ein seltsames Gefühl verspürt. Später erfuhr er, daß sich die Menge zweimal täglich einfand, um das Boot zu begrüßen: Touristen, die auf das Festland zurückfuhren; Inselbewohner, die Gäste begrüßten; Urlauber, die, aus Langeweile, weil es keinen Strom auf der Insel gab, nur kamen, um das Boot zu sehen. Obwohl Baedecker drei Tage auf der Insel verbrachte, las, schlief, wanderte und die druidenhaften Wälder bewunderte, konnte er sich später nur noch an das Bild des Docks und des Nebels und der Gestalten erinnern, die stumm dastanden. Es war eine Szene aus dem Hades, wo die lange Toten gleichgültig darauf warteten, die frisch Verstorbenen zu begrüßen. Manchmal, besonders wenn Baedecker müde war und sich an die Scheidung und das schmerzvolle Jahr erinnerte, das ihr vorangegangen war, träumte er, er stünde auf dem Dock, im Nebel, eine graue Gestalt im grauen Wallen, und wartete.
Der Regen hörte auf. Baedecker schloß die Augen und lauschte dem Fluß, der unten im Bachbett über Steine plätscherte. Irgendwo im Wald rief eine Eule, aber Baedecker hörte sie als Rufen und Kreischen von Möwen, die über dem Meer krächzten.
Tommy Jr. übergab sich, als Baedecker erwachte. Es war dem Jungen gelungen, Kopf und Schultern aus dem Zelt zu bekommen. Nun strampelte er mit den Beinen und krümmte bei jedem neuerlichen Würgen den Rücken.
Baedecker zog Hemd und Jeans an und zwängte sich zur Klappe hinaus. Es war fast sieben Uhr, aber noch kein Sonnenlicht fiel in den Canyon, und die Luft war bitter kalt. Tommy hatte aufgehört zu brechen und legte das Gesicht auf die Unterarme. Baedecker kniete sich neben ihn und fragte ihn, ob er etwas für ihn tun könnte, aber da kam Deedee schon aus ihrem eigenen Zelt herüber, tupfte dem Jungen das Gesicht mit einem feuchten Taschentuch ab und sprach beruhigend auf ihn ein.
Ein paar Minuten später gesellte sich Maggie zu Gavin und Baedecker am Frühstückslagerfeuer. Ihr Gesicht, das sie im eiskalten Bach gewaschen hatte, war rosa, und das kurze Haar sah frisch gebürstet aus. Sie trug Khakihosen und ein hellrotes Hemd. »Was ist denn mit Tommy los?« fragte sie, während sie heißes Wasser aus dem Topf einschenkte und sich löslichen Kaffee in ihre Sierra Tasse rührte.
»Möglicherweise die Höhe«, meinte Baedecker.
»Nicht die Höhe«, sagte Gavin. »Wahrscheinlich etwas, das ihm diese Hippies gestern nacht gegeben haben.« Er deutete auf die andere Seite der Wiese, wo die anderen nur ein erloschenes Lagerfeuer und niedergetrampeltes Gras hinterlassen hatten.
»Wann sind sie denn aufgebrochen?« fragte Maggie.
»Vor der Dämmerung«, sagte Gavin. »Da hätten wir auch losmarschieren sollen. Wir werden es heute nie und nimmer bis zum Uncompahgre Peak schaffen.«
»Was machen wir nun?« fragte Baedecker. »Sollen wir packen und dann zurück zum Auto?«
Gavin sah erschrocken drein. »Nein, nein, auf diese Weise kommt der Plan vielleicht sogar noch besser hin. Schau her.« Er holte die Karte heraus und breitete sie auf einem Felsen aus. »Ich hatte vorgehabt, daß wir gestern abend bis hierher kommen«, sagte er. Er deutete mit dem Finger auf eine weiße Fläche weit oben im Canyon.
»Aber weil wir so spät von Boulder aufgebrochen und gestern nur so langsam vorangekommen sind, haben wir hier das Lager aufgeschlagen.« Er deutete auf ein grünes Areal mehrere Meilen nördlich. »Also gehen wir es heute ruhig an, schaffen es bis zur Hochebene und lagern heute nacht dort.« Er deutete auf ein Gebiet südwestlich des Uncompahgre Peak. »Auf diese Weise kommen wir Sonntag morgen früh los. Deedee und ich werden die Kirche versäumen, aber wir werden auf jeden Fall zur Abendandacht zurücksein.«
»Wo hast du das andere Auto gelassen?« fragte Baedecker.
»Genau
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