In der Stille der Nacht - Thriller
E-Mail-Nachrichten auf. Die Aufnahmen waren ihr bereits digital weitergeleitet worden. Die Mitschrift würde noch ein paar
Tage auf sich warten lassen, bis alle Formulare ausgefüllt waren und auf den richtigen Schreibtischen gelandet waren, aber die digitale Aufnahme stand schon jetzt zur Verfügung.
Sie öffnete die unterste Schreibtischschublade, nahm einen brandneuen Block mit billigem Notizpapier, einen spitzen unbenutzten Bleistift und ein Plastikkästchen mit Kopfhörern heraus. Sie stöpselte sie ein und öffnete gleichzeitig das Attachment.
Die Dateien waren nummeriert und sie notierte sich die erste Zahl auf ihrem Block, bevor sie die Aufnahme abspielte.
Eine laut keuchende Anruferin und eine gelangweilte Telefonistin, die fragte: »Mit welchem Notdienst möchten Sie verbunden werden?«
Unter kaum kontrolliertem Schluchzen verlangte die Stimme: »Krankenwagen! Bitte! Sagen Sie, dass sie kommen sollen, bitte kommen! Überall ist Blut!«
»Bitte, wer blutet?«
»Meine Tochter wurde angeschossen von … Männern, die sind in unser Haus gekommen und haben uns bedroht …« Sadiqa, die Mutter sprach mit englischem Akzent, dem deutlichen Akzent der fünfziger Jahre, dagegen klang die Telefonistin wie eine Bauernmagd.
»Geben Sie uns bitte die Adresse.«
Sadiqa nannte die Adresse, beruhigte sich etwas, während sie die vertrauten Daten durchgab. Im Hintergrund hörte man andere Frauen weinen. Sie atmete wieder schneller. »Oh je, oh Gott, mein Mann wurde entführt, mein Aamir …«
Die Stimme der Telefonistin war nasal und ausdruckslos, sie bat sie, sich zu beruhigen, der Krankenwagen sei bereits unterwegs. Nein, es sei nicht nötig, dass sie die Leitung freimache,
der Krankenwagen sei in diesem Moment bereits zu ihr unterwegs. Sie ließ Sadiqa ihren Namen buchstabieren und auch den Namen ihres Mannes. »Was waren das für Schusswaffen gewesen?«
»Ich habe keine Ahnung. Schwarze Waffen. Große.«
»Befinden sie sich noch im Haus?«
»Die sind weg! Abgehauen! Das habe ich Ihnen doch gesagt.«
»Sind sie zu Fuß oder mit einem Wagen geflohen?«
»Ich fürchte, ich … ich habe es nicht gesehen. Aber mein Sohn, mein Omar ist auf die Straße gerannt.«
»Ist ihr Sohn jetzt wieder zurück? Könnten Sie ihn bitte ans Telefon holen, damit er mir sagen kann, ob die Täter zu Fuß oder mit einem Fahrzeug geflohen sind?«
Aber Sadiqa hörte ihr nicht mehr zu. »Aleesha, oh mein Gott, Aleesha blutet! Bitte, kommen Sie schnell.«
Sie ließ den Hörer geräuschvoll fallen und sprach aufgeregt mit einer anderen Person. Dann ein dumpfer Schlag, wie von einem fallenden Körper. Jemand nahm den Hörer und legte auf.
Der Anruf hatte eine Minute und vierzehn Sekunden gedauert. Der zweite Anruf war zehn Sekunden später als der von Sadiqa eingegangen.
Billal hatte von einem Handy aus angerufen, deshalb war die Verbindung weniger gut. Im Hintergrund konnte sie noch einmal Sadiqas Stimme hören, die sie gerade im Gespräch mit der Telefonistin abgehört hatte. Aufgrund des Schocks schrie Billal eine Reihe abgehackter Sätze:
»Polizei! Polizei! Und einen Krankenwagen!«
»Weshalb rufen Sie an, Sir?«
»Zwei Männer! Zwei Männer!«
»›Zwei Männer?‹ Was ist mit denen, Sir?«
»Zwei Männer sind in unser Haus eingedrungen! Sie haben meinen Vater mitgenommen!«
»Sie sind also jetzt nicht mehr dort?«
»Meine kleine Schwester wurde angeschossen. An der Hand!«
»Man hat ihr in die Hand geschossen, Sir?«
»Ja! Ja! Sie blutet … Gott … ganz schlimm! Überall ist … Blut …«
»Haben Sie gesehen, womit geschossen wurde?«
»Ja, mit Pistolen! Großen Pistolen, echten Pistolen.«
Die Telefonistin versuchte, ihn dazu zu bringen, seinen Namen und seine Adresse zu buchstabieren, aber Billal stand so unter Schock, dass er sie kaum hörte.
»Bitte kommen Sie und helfen Sie uns, helfen Sie uns, bitte kommen Sie!«
»Wir sind unterwegs, Sir, sofort, aber …«
»Wir haben ein Baby hier, ein Neugeborenes! Die haben die Waffen sogar auf das Baby gerichtet!«
»Haben sie gesagt, was sie wollten, Sir?«
»… ob …«
Billal hatte das Gesicht bewegt, sein Kinn verdeckte den Hörer, deshalb war der Empfang nicht sehr deutlich. Morrow musste mit der Maus zurückfahren, um diesen Teil der Aufnahme noch einmal zu hören.
»… was sie wollten, Sir?«
»… ob. Die haben einen gewissen Bob gesucht.«
Als er es zum zweiten Mal sagte, war es deutlicher, bei den Bs knackte es leise im Hörer.
Morrow notierte
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