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In der Stille der Nacht - Thriller

In der Stille der Nacht - Thriller

Titel: In der Stille der Nacht - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Denise Mina
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wurden wir wie Brüder.« Um seinen Worten Nachdruck zu verleihen, zerhackte er die Luft mit der Hand. »Er ist wie ein Bruder für mich.«
    Als er fertig war, hustete er verlegen. Morrow fiel auf, wie unwohl er sich fühlte und dass er nicht in der Lage war, einfach auf Knopfdruck loszuheulen wie in einer Sendung von Oprah Winfrey. Wie er, glaubte auch sie, dass sich Aufrichtigkeit nicht durch unablässige emotionale Enthüllungen auszeichnete. Sie sehnte sich nach einer Zeit, in der es genügt hatte, einem Mann am Hochzeitstag zu sagen, dass man ihn liebte und man trotzdem davon ausgehen durfte, dass er es sich die darauffolgenden zehn Jahre merkte.
    Lander war beherrscht und es war bestimmt gar nicht so leicht, ihn auf dem falschen Fuß zu erwischen. Sie versank tiefer im Sessel und sog sarkastisch Luft durch die Zähne. »Ja, verstehe, so ungefähr, was Sie meinen.«
    »Verstehen Sie das?« Plötzlich wurde er wütend. »Verstehen Sie das wirklich?«
    »Oh ja, versteh schon, alles klar.«
    »Was verstehen Sie?« Er schien stocksauer, sowohl wegen ihres herablassenden Tonfalls wie auch wegen ihrer saloppen Ausdrucksweise.
    Sie machte eine wegwerfende Handbewegung. »Sie arbeiten zusammen, Sie hören gerne zusammen Cricketübertragungen.«
    »Genau.« Er zeigte mit dem Finger auf ihre Nase und seine Wut legte sich. »Genau.«

    Morrow starrte ihn an, ließ ihm einen Moment, um sich zu beruhigen. »Haben Sie an den Tagen und in den Wochen vor der Entführung jemanden bemerkt, der sich länger im Laden aufhielt?«
    »Viele Leute halten sich auch mal länger dort auf.«
    »Ist Ihnen jemand besonders aufgefallen? Jemand, der sich für bestimmte Dinge interessiert hat?«
    »Wie zum Beispiel?«
    »Für Mr Anwar? Für die Einnahmen, die der Laden abwirft, hat sich zum Beispiel jemand nach dem Umsatz erkundigt?«
    Er dachte einen Moment lang nach. »Nein.«, sagte er endlich. »Nein, nicht dass ich wüsste. Es kommen eine Menge seltsamer Menschen. Alkoholiker, Junkies, seltsame Typen, aber alle sind hier aus der Gegend, selbst wenn man sie nicht persönlich kennt, weiß man, zu wem sie gehören.«
    »Zu wem sie gehören?«, fragte Bannerman.
    »Aus welcher Familie sie stammen, man kennt den Namen der Mutter oder der Großmutter.«
    »Keine ungewöhnlichen Anrufe?«, fragte Morrow.
    »Nein.«
    »Fällt Ihnen jemand ein, dem Mr Anwar Geld schuldet?«
    »Nein.«
    Die Antwort kam ein wenig zu schnell; er hatte über die Frage nicht nachgedacht. Selbst wenn es da jemanden gegeben hätte, würde Johnny Lander es ihr nicht sagen, da war Morrow sicher. Er würde nichts sagen, was Aamir schaden konnte. Seine Loyalität saß zu tief.
    »Was glauben Sie, was da passiert ist?«
    »Die haben sich in der Adresse geirrt.« Er klang überzeugt.

    »Warum sind Sie sich da so sicher?«
    »Das ist eine bescheidene Familie. Religiös. Sie geben sehr viel Geld an Wohltätigkeitsorganisationen, ganz im Stillen, so wie es sein sollte.«
    »Welche Wohltätigkeitsorganisationen?«
    »Für Erdbebenopfer, wichtige Belange.«
    »Humanitäre Hilfe?«
    »Ja.«
    »Afghanistan?«
    »Davon war nie die Rede. Pakistan glaube ich …«
    »Irgendwelche Verbindungen zu Afghanistan? Hat die Familie Verwandte dort?«
    »Nicht, dass ich wüsste, sie stammen beide aus Uganda.«
    »Und Sie, waren Sie jemals dort stationiert?«
    »Nein. Das war nach meiner Zeit.«
    Sie versuchte es ins Blaue hinein. »Würden Sie sagen, dass sie ein loyaler Mensch sind?«
    »Ja.« Kein Zucken oder Zögern, kein Moment des Zweifelns, keine aufackernde Scham.
    »Aber Sie selbst haben keine eigene Familie?«
    »Nein. Nur Mr Anwar.«
    »Aber Sie kennen seine Familie, oder?«
    »Ein bisschen. Billal und Omar haben beide samstags im Laden gearbeitet, als sie noch auf der Schule waren, aber ich kenne sie nicht gut.«
    »Sie haben jahrelang jeden Samstag mit ihnen gearbeitet, aber Sie kennen sie nicht richtig?«
    »Nein. Ich habe nicht mit ihnen gearbeitet. Ihr Vater hat mit ihnen gearbeitet. Wenn sie da waren, bin ich nicht hin. Hinter dem Tresen ist gar kein Platz für drei und ich habe früher geangelt, also …« Leichtes Schulterzucken. »Ich war froh.«

    »Aber Sie müssen doch einiges mitbekommen haben, einiges erfahren haben.«
    »Nein. Mr Anwar spricht nicht gerne über seine Familie.«
    »Kommt Ihnen das seltsam vor?«
    »Nein. Warum?«
    »Die meisten Eltern sprechen gerne über ihre Kinder. Aber Mr Anwar nicht?«
    »Er spricht über gar nichts außer über den Laden.«
    »Wird

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