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In der Strafkolonie

In der Strafkolonie

Titel: In der Strafkolonie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Kafka
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entsetzlich schmutzig, und der Verurteilte
    wusch es in dem Wasserkübel. Als er dann Hemd und Hose an-
    zog, mußte der Soldat wie der Verurteilte laut lachen, denn die
    Kleidungsstücke waren doch hinten entzweigeschnitten. Viel-
    leicht glaubte der Verurteilte, verpflichtet zu sein, den Soldaten
    zu unterhalten, er drehte sich in der zerschnittenen Kleidung im
    Kreise vor dem Soldaten, der auf dem Boden hockte und lachend
    auf seine Knie schlug. Immerhin bezwangen sie sich noch mit
    Rücksicht auf die Anwesenheit der Herren.
    Als der Offizier oben endlich fertiggeworden war, überblickte
    er noch einmal lächelnd das Ganze in allen seinen Teilen, schlug
    diesmal den Deckel des Zeichners zu, der bisher offen gewesen
    war, stieg hinunter, sah in die Grube und dann auf den Verurteil-
    ten, merkte befriedigt, daß dieser seine Kleidung herausgenom-
    men hatte, ging dann zu dem Wasserkübel, um die Hände zu
    waschen, erkannte zu spät den widerlichen Schmutz, war traurig
    darüber, daß er nun die Hände nicht waschen konnte, tauchte
    sie schließlich — dieser Ersatz genügte ihm nicht, aber er mußte
    sich fügen — in den Sand, stand dann auf und begann seinen
    Uniformrock aufzuknöpfen. Hierbei fielen ihm zunächst die
    zwei Damentaschentücher, die er hinter den Kragen gezwängt
    hatte, in die Hände. »Hier hast du deine Taschentücher,« sagte er
    und warf sie dem Verurteilten zu. Und zum Reisenden sagte er
    erklärend: »Geschenke der Damen.«
    Trotz der offenbaren Eile, mit der er den Uniformrock aus-
    zog und sich dann vollständig entkleidete, behandelte er doch
    jedes Kleidungsstück sehr sorgfältig, über die Silberschnüre an
    seinem Waffenrock strich er sogar eigens mit den Fingern hin
    und schüttelte eine Troddel zurecht. Wenig paßte es allerdings
    zu dieser Sorgfalt, daß er, sobald er mit der Behandlung eines
    Stückes fertig war, es dann sofort mit einem unwilligen Ruck in
    die Grube warf. Das letzte, was ihm übrigblieb, war sein kurzer
    Degen mit dem Tragriemen. Er zog den Degen aus der Schei-
    de, zerbrach ihn, faßte dann alles zusammen, die Degenstücke,
    die Scheide und den Riemen, und warf es so heftig weg, daß es
    unten in der Grube aneinanderklang. Nun stand er nackt da.
    Der Reisende biß sich auf die Lippen und sagte nichts. Er wußte
    zwar, was geschehen würde, aber er hatte kein Recht, den Offi-
    zier an irgend etwas zu hindern. War das Gerichtsverfahren, an
    dem der Offizier hing, wirklich so nahe daran, behoben zu wer-
    den — möglicherweise infolge des Einschreitens des Reisenden,
    zu dem sich dieser seinerseits verpflichtet fühlte, dann handelte
    jetzt der Offizier vollständig richtig; der Reisende hätte an sei-
    ner Stelle nicht anders gehandelt. Der Soldat und der Verurteil-
    te verstanden zuerst nichts, sie sahen anfangs nicht einmal zu.
    Der Verurteilte war sehr erfreut darüber, die Taschentücher zu-
    rückerhalten zu haben, aber er durfte sich nicht lange an ihnen
    freuen, denn der Soldat nahm sie ihm mit einem raschen, nicht
    vorherzusehenden Griff. Nun versuchte wieder der Verurteilte,
    dem Soldaten die Tücher hinter dem Gürtel, hinter dem er sie
    verwahrt hatte, hervorzuziehen, aber der Soldat war wachsam.
    So stritten sie in halbem Scherz. Erst als der Offizier vollständig
    nackt war, wurden sie aufmerksam. Besonders der Verurteilte
    schien von der Ahnung irgendeines großen Umschwungs getrof-
    fen zu sein. Was ihm geschehen war, geschah nun dem Offizier.
    Vielleicht würde es so bis zum Äußersten gehen. Wahrschein-
    lich hatte der fremde Reisende den Befehl dazu gegeben. Das war
    also Rache. Ohne selbst bis zum Ende gelitten zu haben, wur-
    de er doch bis zum Ende gerächt. Ein breites, lautloses Lachen
    erschien nun auf seinem Gesicht und verschwand nicht mehr.
    Der Offizier aber hatte sich der Maschine zugewendet. Wenn es
    schon früher deutlich gewesen war, daß er die Maschine gut ver-
    stand, so konnte es jetzt einen fast bestürzt machen, wie er mit
    ihr umging und wie sie gehorchte. Er hatte die Hand der Egge
    nur genähert, und sie hob und senkte sich mehrmals, bis sie die
    richtige Lage erreicht hatte, um ihn zu empfangen; er faßte das
    Bett nur am Rande, und es fing schon zu zittern an; der Filz-
    stumpf kam seinem Mund entgegen, man sah, wie der Offizier
    ihn eigentlich nicht haben wollte, aber das Zögern dauerte nur
    einen Augenblick, gleich fügte er sich und nahm ihn auf. Alles
    war bereit, nur die Riemen hingen noch an den Seiten

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