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In der Südsee. Zweiter Band

Titel: In der Südsee. Zweiter Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Louis Stevenson
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Gesichter, stellte unnütze Fragen und stieß eitle Drohungen aus. Von dort trug ich meinen Zorn (der wahrhaftig jedes Königssohns würdig gewesen wäre) zu Ricks. Sie hörten mich bedrückt an, versicherten mir, dieser Trick, einen Stein in einen harmlosen Familienkreis zu schleudern, wäre durchaus nicht neu und daß es das Zeichen kommender Unruhen und ein Ausdruck der gefährlichen Stimmung wäre, die unter den Eingeborenen herrschte. Und dann kam die Wahrheit heraus, die man uns so lange verborgen hatte. Der König hatte sein Versprechen gebrochen; das Tapu war immer noch aufgehoben. »The Land we Live in« verkaufte unentwegt Spirituosen,und jenes Stadtviertel war fortgesetzt von Unruhen bedroht. Schlimmeres jedoch stand noch bevor. Man war im Begriff, zur Feier des Geburtstages der kleinen Prinzessin ein Fest zu veranstalten, täglich erwartete man die Ankunft der Vasallenhäuptlinge aus Klein-Makin. Stark, dank ihrer zahlreichen und wilden Gefolgschaft, standen sie allesamt in dem Ruf, wie früher in Schottland jener Douglas, keine sehr treuen Lehnsmänner zu sein. Kuma (ein kleiner dickbäuchiger Kerl) ging niemals in den Palast, betrat überhaupt nicht die Stadt, sondern pflegte sich am Strande auf eine Matte hinzupflanzen, und, die Büchse über den Knien, öffentlich sein Mißtrauen und seine Verachtung zu bekunden. Karaiti aus Makin sollte, obwohl er mehr Mut zeigte, auch nicht zuverlässiger sein, und nicht nur die beiden Vasallen waren eifersüchtig auf den Thron, auch die beiderseitigen Anhänger teilten diese Feindschaft. Zank und Streit war schon früher ausgebrochen; es war zu Schlägereien gekommen, die jederzeit mit Blut heimgezahlt werden konnten. Einige der Gäste waren bereits am Ort und hatten sich schon betrunken; falls die Orgie noch anhielt, wenn erst die Hauptmasse kam, war ein Zusammenstoß, vielleicht auch eine Revolution, mit Sicherheit zu erwarten.
    Der Verkauf von Spirituosen auf dieser Inselgruppe entspringt der zwischen den Händlern herrschenden Eifersucht. Einer fängt damit an, der andere muß es ihm nachmachen, und wer den meisten Gin hat, schenkt ihn am freigiebigsten aus und erhält auch den Löwenanteil an Kopra. Alle sind sich indes einig, daß das Mittel ein verzweifeltes ist und weder sicher, noch anständig,noch der Weißen würdig. Ein Händler aus Tarawa kaufte einst, durch hitzigen Konkurrenzeifer angetrieben, eine große Menge Gin. Die Folge war, erzählte er, er hätte Tag und Nacht zu Hause sitzen müssen und nicht gewagt, den Verkauf einzustellen und sich aus Furcht vor einer heulenden Menge sternhagelbetrunkener Menschen, die im Busch ihren Rausch austobte, nicht eher herausgetraut, ehe nicht der ganze Schnaps ausgetrunken war. Besonders des Nachts, wenn er aus Furcht nicht schlafen konnte, und Schüsse sowie Stimmen aus der Dunkelheit zu ihm hinaufklangen, hätte ihn finsterste Reue gepackt.
    »Mein Gott,« überlegte er, »wenn ich durch eine so elende Sache ums Leben käme!« Wieder und immer wieder haben sich in der Geschichte der Gilbertinseln diese Szenen wiederholt, und der reuige Händler saß neben seiner Lampe, horchte angsterfüllt auf die Tritte des Todes, erwartete sehnlichst den Morgen und faßte die besten Vorsätze für die Zukunft. Denn das Geschäft läßt sich zwar leicht anfangen, aber nur schwer abbrechen. Die Eingeborenen sind in ihrer Art ein Gerechtigkeit liebendes, die Gesetze respektierendes Volk, gewissenhaft im Bezahlen ihrer Schulden, gehorsam gegenüber ihren eigenen Behörden. Wird das Tapu wieder verhängt, so hören sie mit Trinken auf, der Weiße jedoch, der diesem Verbot durch Verweigerung des Ausschanks vorzugreifen sucht, tut das bei Gefahr seines Lebens.
    Daher die Sorge und bis zum gewissen Grade auch die Machtlosigkeit Mr. Ricks. Er und Tom hatten nach dem Auflauf vor dem Sanssouci den Verkauf eingestellt;sie hatten das ohne Gefahr tun können, da ja »The Land we Live in« den Ausschank fortsetzte; außerdem behauptete man, sie hätten zuerst damit angefangen. Was sollten sie jetzt tun? Sollte Mr. Ricks Mr. Muller aufsuchen (mit dem er kaum auf Grußfuß stand) und ihn etwa folgendermaßen anreden: »Ich war nahe daran, das Rennen zu gewinnen, jetzt sind Sie mir voraus, und ich bitte Sie, auf Ihren Prosit zu verzichten. Ich habe mein Lokal dank der Tatsache, daß Sie das Geschäft fortführten, in Sicherheit schließen können; ich bin aber jetzt der Ansicht, daß Sie die Sache lang genug betrieben haben. Ich fange an,

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