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In der Südsee. Zweiter Band

Titel: In der Südsee. Zweiter Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Louis Stevenson
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man alle Waffen in dem Sommerpavillon versteckt hatte, sahen wir voller Bewunderung die Ursache all dieser Besorgnis an, die sich auf ihren dicken Beinen mit einem freundlichen Grinsen auf dem breiten Gesicht scheinbar unbewaffnet und jedenfalls ohne Begleitung dahertrollte. Der rote Douglas, der schmerbäuchige Kuma, dagegen blieb, nachdem er von der Orgie gehört hatte, auf seinemLehen daheim. Seine Vasallen kamen daher führerlos zu dem Fest und vermehrten die Reihen Karaitis.
    Freitag, den 26. Juli. – Nachts in der Dunkelheit marschierten die Sänger von Makin vor unserem Hause auf und sangen das Lied der Prinzessin. »Dies ist der Tag; dies ist der Tag, an dem sie geboren wurde; Nei Kamaunava wurde heute geboren – eine schöne Prinzessin, die Königin Butaritaris.« So, erzählte man mir, lautete in endlosen Wiederholungen der Text. Der Gesang war natürlich gänzlich deplaziert, und die ganze Vorstellung nur eine Probe. Gleichzeitig war sie aber auch ein Ständchen, eine zarte Aufmerksamkeit unseres neuen Freundes Karaiti für uns.
    Sonnabend, den 27. Juli. – Wir hatten eine Vorstellung mit der Laterna magica angekündigt, die in der Kirche stattfinden sollte. Das brachte uns einen Besuch des Königs ein. Zu Ehren des schwarzen Douglas (nehme ich an) war die Anzahl seiner Wachtleute von zwei auf vier erhöht, und die ganze Rotte gab ein sonderbares Bild ab, wie sie in ihren Strohhüten, Röckchen und Jacken im Gänsemarsch hinter ihm drein marschierte. Drei trugen ihre Waffen umgekehrt, den Kolben über der Schulter, die Mündungen drohend auf des Königs plumpen Rücken gerichtet; der vierte hatte sein Gewehr um den Hals geschlungen und hielt es mit nach hinten gestreckten Armen auf dem Rücken fest. Der Besuch dauerte über die Maßen lang. Der König sprach ohne sein Elektrisierungsmittel, Schnaps, kein Wort. Völlig zusammengebrochen saß er auf seinem Stuhl und ließ seine Zigarre ausgehen. Es war heiß, es war schwül, es war bitter langweilig; da blieb einem nichts übrig.als in Tebureimoas Antlitz nach überlebenden Spuren von »Herrn Leiche«, dem Schlächter, zu suchen. Tatsächlich schien seine plump eingedrückte und an der Spitze abgeplattete Hakennase nach mitternächtlichem Mord zu riechen. Als er sich verabschiedete, forderte Maka mich auf zu beobachten, wie er die Treppe oder Leiter hinunterging, die zu der Veranda heraufführte. »Alter Mann«, sagte Maka. »Ja«, erwiderte ich, »und doch ist er wahrscheinlich noch gar nicht so alt.« »Junger Mann«, lautete Makas Antwort. »Vielleicht vierzig.« Seither habe ich sogar gehört, daß er noch jünger sein soll.
    Während die Laterna magica vorgeführt wurde, strich ich im Dunkeln umher. Die Stimme Makas, der aufgeregt die biblischen Bilder erklärte, die gezeigt wurden, schien nicht nur die Kirche, nein, auch die Nachbarschaft zu erfüllen. Alles andere schwieg. Dann hörte man aus der Ferne ein Singen, das immer näher kam, und eine Prozession wand sich den Weg entlang, wobei der heiße, saubere Geruch der Männer und Frauen mich angenehm umfächelte. An der Ecke blieben sie, von Makas Stimme und dem abwechselnden Licht und Dunkel in der Kirche gebannt, stehen. Sie hatten nicht die Absicht, näher zu kommen, das war klar. Es waren offenbar Leute aus Klein-Makin, wahrscheinlich strenggläubige Heiden, Gegner des Missionars und seiner Werke. Ganz plötzlich jedoch brach ein Mann aus den Reihen los, lief und floh in die Kirche; im nächsten Augenblick waren ihm drei andere gefolgt, dann rannte eine ganze Schar wie ums liebe Leben. So blieb die kleine Bande Heiden unentschlossen an der Ecke stehenund schmolz vor den Lockungen einer Laterna magica wie ein Gletscher in der Sonne. Die Charakterfesten suchten vergeblich die Abtrünnigen aufzuhalten; drei weitere flohen, wenn auch in schuldbewußtem Schweigen, und als der Führer endlich Geistesgegenwart und Autorität wiederfand, um seinen Trupp in Bewegung zu setzen und das Singen von neuem aufzunehmen, war es nur noch ein arg verringertes Häuflein, das mit melodischen Tönen in der Dunkelheit verschwand.
    Inzwischen erhellten und verdunkelten sich die leuchtenden Bilder im Innern. Ich stand eine Weile unbemerkt in einer der hinteren Reihen und konnte dicht vor mir ein Liebespärchen beobachten, das der Vorstellung mit Interesse folgte, wobei der Mann den Dolmetsch spielte und (wie schon Adam) seine Zärtlichkeiten in die Erklärungen einflocht. Die wilden Tiere, insbesondere ein Tiger, sowie

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