In der Südsee. Zweiter Band
unfehlbar in eine Kabbelei um die Zahlmarken auf. Die fünfte war eine Matrone. Es war ein Bild für Götter, sie Sonntags mit einem Sonnenschirm in der Hand, bewaffnet mit einer patentierten Saugflasche, gefolgt von einem Kindermädchen, das Baby unter einem importierten Hut begraben, in die Kirche segeln zu sehen. Der Gottesdienst wurde durch ihr fortgesetztes Überwachen und Tadeln des Mädchens belebt. Unmöglich konnte man den Gedanken unterdrücken, daß das Baby eine Puppe und die Kirche ein europäisches Kinderspielzimmer darstellte. Alle diese Frauen waren legitim verheiratet. Zwar stellte es sich nachträglich heraus, daß der Trauschein der einen, den sie uns stolz zeigte, »nur für eine Nacht« gültig war, und daß ihr hoher Herr die Freiheit hatte, sie »am nächsten Morgen zur Hölle zu schicken«; aber sie wußte ja nichts davon, und es ging ihr trotz dieses gemeinen Tricks nicht die Spur schlechter. Eine andere, erzählte man mir, wurde über einem widerrechtlich nachgedruckten Werke von mir getraut, das den Zweck genau so gut wie eine Familienbibel erfüllte. Trotz aller dieser Lockungen, trotz dergesellschaftlichen Erhöhung, der exquisiten Nahrung und Kleidung, der relativen Entlastung von der Arbeit und der legitimen, auf einer unautorisierten Ausgabe vollzogenen Eheschließung muß der Händler mitunter lange suchen, bis er ein Gespons findet. Während ich mich auf jener Gruppe aufhielt, kam ich mit einem Händler zusammen, der sich schon seit acht Monaten auf der Suche befand und immer noch Junggeselle war. Innerhalb der rein einheimischen Gesellschaft waren die ehemaligen Gesetze streng, wenn auch nicht ohne eine gewisse hochherzige Moral. Heimlicher Ehebruch wurde mit dem Tode bestraft; mit Recht galt eine öffentliche Entführung daneben als sittlich, und es stand lediglich eine Geldstrafe darauf. Anscheinend wurde nur der männliche Ehebrecher bestraft. Es galt als Anstandsregel, daß Eifersüchtige sich erhängen; eine eifersüchtige Frau dagegen verfügte über ein ganz anderes Mittel – sie biß ihre Rivalin. Vor zehn oder zwanzig Jahren war es ein Kapitalverbrechen, das Ridi einer Frau hochzuheben; auch heute noch wird ein solches Vergehen mit einer schweren Geldstrafe geahndet, und das Kleidungsstück selbst ist ein geheiligtes Symbol. Nehmen wir an, ein Stück Land wird auf Butaritari umstritten: derjenige Prätendent, der zuerst ein Ridi an den Tapupfosten hängt, hat den Streitfall gewonnen, da keiner außer ihm selbst es fortnehmen oder berühren darf.
Das Ridi war nicht das Abzeichen der Frau, sondern der Gattin, nicht des Geschlechts, sondern der sozialen Stellung. Gleichzeitig war es bei Sklaven der Halfter, der Verkaufsstempel. Es scheint, daß die Ehebrecherinverschont wurde; hatte man den Gatten beleidigt, so war es für ihn nur ein geringer Trost, seine Zugtiere zur Fleischbank zu schicken. Karaiti nennt seine acht Frauen auch heute noch »seine Pferde«, nachdem ein Händler ihm einmal die Tätigkeit dieser Tiere auf einer Farm erklärt hat, und Nanteitei vermietete seine Frauen, um Maurerarbeit zu verrichten. Der Gatte besaß, zumal wenn er von hohem Range war, seinen Frauen gegenüber die Gewalt über Leben und Tod; und die Frauen beeilten sich, wenn sie sich eine Todsünde hatten zuschulden kommen lassen, eine Bußformel auszusprechen – I Kana Kim. Diese Worte haben so viel Kraft, daß selbst ein zum Tode verurteilter Verbrecher, wenn er sie an einem gewissen Tage vor dem König, der ihn gerichtet hat, ausspricht, auf der Stelle freigelassen werden muß. Sie enthalten gewissermaßen ein Angebot der Unterwerfung. Ich gebe hier eine Szene wieder, die sich zwischen einem Händler und seiner Frau, einer Gilbertinerin, abspielte, wie sie mir von dem Gatten, der heute einer der ältesten Ansiedler ist, damals jedoch noch Neuling auf der Gruppe war, berichtet wurde.
»Geh und mache Feuer,« sagte der Händler, »ich werde das Öl holen und uns Fische kochen.«
Die Frau grunzte ihn nach Inselmanier an.
»Ich bin kein Schwein, daß du mich angrunzest«, erklärte er.
»Ich weiß, daß du kein Schwein bist«, entgegnete die Frau, »aber ich bin auch nicht deine Sklavin.«
»Natürlich bist du nicht meine Sklavin, und wenn du nicht bei mir bleiben willst, dann kehrst du wohl ambesten zu deiner Familie zurück«, lautete seine Antwort. »Inzwischen gehst du aber und machst Feuer an, und wenn ich das Öl geholt habe, werde ich uns Fische kochen.«
Sie tat, als gehorchte
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