In der Südsee. Zweiter Band
Blätter, manchmal auch weiße Blüten. Der Gatte dagegen wechselte sein Gewand so oftwie ein Chamäleon. Was immer für eine hübsche Sache meine Frau Takauti schenkte – eine Schnur Glasperlen, ein Band, ein Stück bunten Stoffes – das trug am nächsten Tage Nan Tok' an seiner Person. Es war klar, daß er nur als Kleiderständer diente; er trug eine Livree, mit einem Wort, er war die Frau seiner Frau. Ja, sie hatten in allen Einzelheiten die Rollen getauscht; der Gatte war es, der sich in Krankheitsfällen als dienender Engel entpuppte, während seine Frau die sprichwörtliche Gleichgültigkeit und Herzlosigkeit des Mannes zeigte. Hatte Nei Takauti Kopfschmerzen, so floß Nan Tok' vor Aufmerksamkeit und Bedauern über. Als der Gatte sich erkältet hatte und rasende Zahnschmerzen bekam, nahm seine Frau außer mit einem verächtlichen Grunzen keinerlei Notiz davon. Es ist stets Pflicht der Frau, die Pfeife zu stopfen und anzuzünden; Nei Takauti pflegte die ihrige stillschweigend dem ehelichen Pagen zu reichen, obwohl sie sie selbst trug, als vertraue sie ihm nicht ganz. Ebenso verwaltete sie das Geld, aber er war es, der die Einkäufe machen mußte, ängstlich besorgt, ihr zu gefallen. Eine Wolke auf ihrer Stirn verdüsterte augenblicklich sein strahlendes Gesicht, und bei einem ihrer frühsten Besuche in Nei Takautis Maniap' entdeckte meine Frau, daß der Gatte alle Ursache hatte, auf der Hut zu sein. Nan Tok' hatte einen Freund bei sich, einen leichtsinnigen jungen Kerl in seinem eigenen Alter, und sie hatten sich gegenseitig in eine jener ausgelassenen Stimmungen hineingesteigert, in denen man nur allzu leicht vergißt, an die Folgen seiner Handlungen zu denken. Nei Takauti nannte meiner Frau ihren Namen. Im gleichen Augenblickhielt Nan Tok' zwei Finger hoch, sein Freund tat das gleiche, und beide freuten sich halb tot über ihre Schlauheit. Es war klar, daß die Dame zwei Namen führte, und aus der Art von ihres Gatten Heiterkeit sowie aus dem Zorn, der ihr Gesicht verfinsterte, mußte etwas an dem zweiten Namen nicht richtig sein. Darauf sprach ihn der Gatte aus; eine wohlgezielte Kokosnuß von der Hand seiner Frau traf ihn an der Schläfe, und die Stimmen sowie die Heiterkeit der beiden jungen Herren waren für diesen Tag verstummt.
Die Einwohner Ostpolynesiens geraten niemals in Verlegenheit, Ihre Etikette ist absolut und umfassend; in jeder Lebenslage schreibt sie ihnen vor, was sie tun sollen, und wie sie eine Sache zu verrichten haben. Die Gilbertiner sind anscheinend freier und müssen dafür (ähnlich wie wir) durch häufige Verlegenheit zahlen. So ging es nicht selten diesem verkehrten Ehepaare. Einmal reichten wir ihnen, als sie bei uns zu Besuch waren, eine Pfeife und ein Paket Tabak, doch als sie geraucht hatten und danach aufbrechen wollten, um nach Hause zu gehen, standen sie plötzlich dem Probleme gegenüber: sollten sie den Rest des Tabaks mitnehmen oder liegen lassen? Das Päckchen wurde in die Hand genommen und wieder weggelegt, es wurde hin und her gereicht und das Für und Wider erörtert, bis die Frau abgehärmt aussah und der Mann gealtert. Schließlich nahmen sie es doch mit, aber ich gehe jede Wette ein, daß sie, noch ehe sie das Grundstück verlassen hatten, überzeugt waren, falsch gehandelt zu haben. Ein andermal gaben wir jedem von ihnen eine große Tasse Kaffee, und Nan Tok' trank die seinigemit Schwierigkeiten und Widerwillen aus. Nei Takauti kostete davon und beschloß nichts mehr zu trinken; da sie es aber für einen Bruch der Etikette hielt, die Tasse ungeleert wegzustellen, befahl sie ihrem ehelichen Knecht, den Rest zu erledigen. »Ich habe getrunken, was ich konnte, ich kann nicht mehr, es ist physisch unmöglich«, stand auf seinem Gesicht geschrieben; doch seine strenge Vorgesetzte wiederholte ihren Befehl durch heimliche, gebieterische Zeichen. Armer Kerl! Aus reiner Menschenliebe kamen wir ihm zu Hilfe und befreiten ihn von der Tasse.
Ich kann nicht anders, ich muß über diesen komischen Haushalt lächeln, und doch gedenke ich der guten Leutchen mit Liebe und Hochachtung. Ihre Aufmerksamkeit war einfach rührend. Blumengirlanden werden zum Beispiel hochgeschätzt; die Blüten dazu müssen mühsam von allen Ecken der Insel zusammengetragen werden, und obwohl ihnen viele Diener zur Verfügung standen, sahen wir das Paar doch häufig selbst suchen gehen und beobachteten, wie die Frau die Kränze eigenhändig wand. Es war auch nicht Herzlosigkeit, sondern lediglich
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