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In der Südsee

Titel: In der Südsee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Louis Stevenson
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den sein Schatten zerteilte, und wenn die Lampe auf dem Tisch stand, war ringsumher tiefe Nacht. DieGesichter unserer Gesellschaft und die Drähte der Laube hoben sich leuchtend ab von einem Hintergrund aus Blau und Silber, auf dem Palmwipfel und spitze Hausdächer sich matt abzeichneten. Hier und da glänzte ein schimmerndes Blatt oder eine Steinkante vereinzelt auf. Sonst war alles versunken. Wir hingen wie die Milchstraße im Leeren, wir saßen vor aller Welt blind da inmitten der Dunkelheit, die alles verhüllte, und unsichtbar schlichen auf leisen Sohlen und mit gedämpften Stimmen die Insulaner im Sand der Straße herbei, um uns zu beobachten.
    Am Dienstag, als die Dunkelheit hereingebrochen und die Lampe gerade gebracht worden war, traf ein Wurfgeschoß mit hartem Schlag den Tisch, prallte zurück und flog dicht an meinem Ohr vorbei. Drei Zoll mehr seitwärts, und diese Zeilen wären niemals geschrieben worden, denn das Ding sauste wie eine Kanonenkugel. Man vermutete, es sei eine Kokosnuß, obgleich ich schon damals glaubte, sie sei doch zu klein und sehr sonderbar gefallen.
    Mittwoch, den 24. Juli. Wieder war die Dunkelheit hereingebrochen und die Lampe gerade gebracht, als sich dieselbe Geschichte wiederholte. Wieder flog der Gegenstand hart an meinem Ohr vorbei. Eine Nuß hatte ich willig hingenommen, eine zweite wies ich energisch zurück. Eine Kokosnuß fliegt nicht schräg herab an einem windstillen Abend und nicht in einem Winkel von fünfzehn Grad zum Horizont; Kokosnüsse fallen auch nicht an aufeinanderfolgenden Nächten zur selben Stunde und am selben Ort wieder. In beiden Fällen schien auch ein ganz besonderer Augenblick gewählt worden zu sein, nämlich der, als gerade die Lampe herausgetragenwar; eine ganz besondere Person wurde bedroht, und zwar das Haupt der Familie. Ich glaubte, mit Recht oder Unrecht, man wollte mich einschüchtern, das Wurfgeschoß sei ein Stein, der geschleudert wurde, nicht um mich zu treffen, sondern um mich zu erschrecken.
    Es gibt nichts, was einen Mann in größere Wut versetzen könnte, ich rannte auf den Weg, wo die Eingeborenen wie gewöhnlich in der Dunkelheit spazierengingen, Maka schloß sich mir mit einer Laterne an, ich lief von einem zum andern, starrte in ganz unschuldige Gesichter, stellte unnütze Fragen und stieß nutzlose Drohungen aus, dann trug ich meine Wut, die des Sohnes irgendeiner historischen Königin würdig war, zu den Ricks. Sie hörten mich niedergeschlagen an, versicherten mir, daß der Streich, einen Stein in eine Familienmahlzeit hineinzuschleudern, nicht neu sei, daß Unheil drohe, und daß man die Erregung der Eingeborenen daraus erkennen könne. Und dann kam die Wahrheit, die uns solange verheimlicht wurde, ans Licht. Der König hatte sein Versprechen gebrochen, er hatte die Deputation getauscht, das Tabu war noch nicht wieder aufgerichtet, » The Land we live in « verkaufe immer noch Alkohol, und jener Stadtteil drüben sei durch Unruhen und Streitereien immer noch bedroht. Aber Schlimmeres stand bevor: ein Festmahl war für den Geburtstag der kleinen Prinzessin in Vorbereitung, und die tributpflichtigen Häuptlinge von Kuma und Klein-Makin wurden jeden Tag erwartet. Ihre Gefolgschaft war zahlreich und ziemlich wild, beide waren wie ein Douglas der Urzeit von zweifelhafter Loyalität. Kuma, ein kleiner dickbäuchiger Bursche, besuchte niemals den Palast, betrat nie dieStadt, sondern saß am Strand auf einer Matte, sein Gewehr über die Knie gelegt, um sein Mißtrauen und seine Verachtung öffentlich kundzutun. Karaiti von Makin, der allerdings kühner war, hielt man nicht für freundlicher gesinnt, und nicht nur diese Vasallen waren eifersüchtig auf den Herrscher, sondern auch ihre Anhänger auf beiden Seiten teilten den Haß. Schon hatten Reibereien stattgefunden, und Schläge waren ausgeteilt, die jeden Augenblick durch Blutvergießen heimgezahlt werden konnten. Einige Fremdlinge waren schon eingetroffen und bereits betrunken. Wenn das Gelage fortgesetzt wurde, nachdem der ganze Haufe hier war, mußte man einen Zusammenstoß und vielleicht eine Revolution befürchten.
    Der Verkauf von Alkohol auf dieser Inselgruppe ist eine Folge der Eifersüchteleien verschiedener Händler. Einer macht den Anfang, die andern sind gezwungen mitzutun, und wer den meisten Gin hat und ihn am rücksichtslosesten verkauft, dem wird der Löwenanteil an der Kopraernte zugesichert. Alle empfinden, daß dies Mittel äußerst gewagt und keineswegs sicher,

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