In der Südsee
des Herkules ähnelte, nicht mehr gestreckt werden konnte, und es blieb nichts übrig, als ihn zu bezahlen und ihm Lebewohl zu sagen. Nach langen, gelehrten Auseinandersetzungen auf marquesanisch begriff ich, daß seine Seele sich nach Angelhakensehnte, und ich überlegte, daß drei Stück mit einem Häuflein Dollar wohl eine angemessene Belohnung seien dafür, daß er seine Vormittage auf unserem Deck verbracht hatte, essend, trinkend, seine Meinungen verkündend und die ganze Schiffsgesellschaft mit verrückten Dienstleistungen in Atem haltend. Trotz alledem war er ein Mann von stolzer Haltung und so ähnlich einem Onkel von mir – wenn er irrsinnig würde und sich tätowieren ließe –, daß ich mich, als wir beide an Land waren, bei ihm erkundigte, ob er zufrieden sei. » Mitai ehipe? « fragte ich. Und er antwortete sehr salbungsvoll, indem er mir die Hand reichte: » Mitai ehipe, mitai kaekae; kaoha nui! « oder frei übersetzt: »Das Schiff ist gut, die Speisen sind ausgezeichnet; wir scheiden in Freundschaft!« Als er dies Zeugnis ausgestellt hatte, schritt er am Strande dahin, das Haupt gebeugt, mit der Miene eines tief Gekränkten.
Ich meinerseits sah ihn erleichtert fortziehen. Es wäre interessanter gewesen zu erfahren, was Mapiao von unserem Verhältnis zueinander dachte. Seine Forderungen, so dürfen wir vermuten, waren durchaus angemessen. Er war von Unwissenden gebeten worden, eine Arbeit zu verrichten, und er war verpflichtet, sie gut zu vollenden. Unzählige Hindernisse und andauernder törichter Spott vermochten nicht, ihn zu entmutigen. Man stellte ihm sein Mittagessen hin, er beobachtete es, wie es sich geziemte, während er arbeitete, aß es zur rechten Zeit, wurde in jeder Beziehung gut bedient und konnte schließlich mit reinem Gewissen seinen Lohn in Empfang nehmen, indem er sich selbst sagte, daß das Mysterium pflichtgemäß erledigt, die Bärte richtig geflochten und wir trotz unserer Fehler anständig behandeltworden seien. Seine Ansicht über unsere Dummheit zum Ausdruck zu bringen, mußten selbst ihm, dem großen Redner, die Worte mangeln. Er unterbrach niemals meine Tahukuarbeit, lobte sie höflich, so töricht sie schien, setzte höflich voraus, daß ich mein eigenes Mysterium beherrschte: so benahm sich ein kluger und wohlerzogener Mann! Und wir andererseits, die wir doch am meisten zu gewinnen oder zu verlieren hatten, da das Produkt uns gehören sollte; die wir unsere Unfähigkeit eben dadurch zugegeben hatten, daß wir ihn beauftragten: wir waren nie müde geworden, ihn in seinen viel wichtigeren Arbeiten zu behindern, und hatten oft die Vernunft und die Höflichkeit vermissen lassen, uns des Lachens zu enthalten.
Vierzehntes Kapitel
Ein Kannibalental
Der Weg von Taahauku nach Atuona lief am Nordwestufer des Hafenplatzes vorüber, und zwar in einiger Höhe, umsäumt und manchmal überschattet von den herrlichen Blüten des Flamboyant, dessen englischen Namen ich nicht kenne. An der Straßenbiegung kam Atuona in Sicht: ein langer Strand, eine heftig donnernde Brandung, ein Uferdorf unter Bäumen zerstreut liegend, die zerklüfteten Berge auf beiden Seiten nah heranrückend an eine enge, reich bewachsene Schlucht. Sein böser Ruf beeinflußte mich vielleicht, aber ich hielt es für den lieblichsten und zugleich unheilvollsten und traurigsten Ort auf Erden.Schön war es sicher und vielleicht noch mehr gesundheitsspendend. Das gesunde Klima der ganzen Inselgruppe ist erstaunlich, das Atuonas fast ein Wunder. In Atuona, einem Dorf errichtet auf einer Ufermarsch, wo die Häuser überall zwischen den Teichen der Tarogärten stehen, finden sich alle Bedingungen tropischer Gefahren und Unzuträglichkeiten, und doch gibt es dort nicht einmal Moskitos – selbst nicht die verhaßte Tagfliege von Nuka-hiva –, und das Fieber mit seiner Begleiterscheinung, der Elefantiasis, in der Insulanersprache fe'efe'e genannt, ist hier unbekannt.
Dies ist die Hauptstation der Franzosen auf der Menschenfresserinsel Hiva-oa. Der Gendarmerieunteroffizier erfreut sich der Lebenshaltung eines Vizeresidenten und hißt die französische Flagge über einem recht ansehnlichen Gebäude. Ein Chinese, ein Flüchtling von der Pflanzung, hat eine Wirtschaft im zurückgelegenen Teil des Dorfes, und die Mission ist durch die Schwesternschule und Bruder Michels Kirche gut vertreten. Pater Orens, ein wunderbarer Achtziger, mit ungebeugtem Rücken und unvermindertem Feuer des Auges, hat seit 1843 in diesem Ort gelebt,
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