In der Südsee
Paaaeua, und heuchelte Schlaf, und meine Freunde mußten auf ihre Belustigung verzichten. In diesem Geschehnis, das so reizend europäisch ist, glaubten wir drei verschiedene Gefühlsgruppen entdecken zu können. Zunächst hatte Paaaeua Seelen zu betreuen: es waren junge Leute, und er hielt es für richtig, sie vom Pfade der Liebe fernzuhalten. Zweitens war er eine offizielle Persönlichkeit, und es war nicht angebracht, daß seine Gäste an einer Festlichkeit teilnahmen, die er mißbilligte. So mag ein strenger Geistlicher in der Heimat einen weltlichen Besucher etwa anreden: »Geh zum Theater, wenn du magst, aber bitte nicht von meinem Hause aus!« Drittens war Paaaeua eifersüchtig und, wie wir noch zeigen werden, nicht ohne Grund, und die Festteilnehmer waren Anhänger seines nächsten Rivalen, Moipu.
Denn die Adoption hatte großes Aufsehen erregt im Dorf, es machte die Fremdlinge populär. Paaaeua hatte aus dieser Verbindung für sein schwieriges Amt als ernannter Häuptling Kraft und Ansehen gewonnen,und nur Moipu und seine Anhänger waren verdrossen. Aus irgendeinem Grunde scheint niemand außer mir Moipu ungern zu sehen. Kapitän Hart, der von ihm beraubt und bedroht wurde; Pater Orens, auf den er feuerte, und den er wiederholt in die Wälder jagte; meine eigene Familie und selbst die französischen Beamten: alle schienen von unwiderstehlicher Zuneigung für den Mann hingerissen zu sein. Sein Sturz war sanft erfolgt, sein Sohn sollte bei seinem Tode Paaaeua in der Häuptlingswürde folgen, er lebte zur Zeit unseres Besuches in einem guten Hause im Küstenteil des Dorfes, mit einer zahlreichen Gefolgschaft junger Leute, seinen früheren Kriegern und Jägern. In dieser Gesellschaft wurde die Ankunft der »Casco«, die Adoption, der festliche Gegenbesuch an Bord und der Geschenkaustausch zwischen den Weißen und ihren neuen Eltern ohne Zweifel eifrig und ärgerlich besprochen. Man wußte, daß wenige Jahre zuvor die Ehren auf einen anderen gehäuft worden wären. Bei diesem unerwarteten Ereignis, diesem Empfang eines sagenhaften fremden Machthabers wäre noch vor einigen Jahren Moipu die Aufgabe zugefallen, den Helden und Gastgeber zu spielen, und seine jungen Leute hätten als anerkannte Führer der feinen Gesellschaft die Festlichkeiten mit ihrer Anwesenheit geziert. Und nun mußte Moipu auf Grund eines böswilligen Geschicks gänzlich mißachtet zu Hause sitzen, und seine Anhänger mußten vom Tore aus zuschauen, wenn ihre Gegner Feste feierten. Vielleicht empfand M. Grévy ein Gefühl der Bitterkeit gegen seinen Nachfolger, als er ihn bei der Jahrhundertfeier der Revolution im Jahre 1889 vom Rampenlicht bestrahlt sah: der Besuch der»Casco«, den Moipu um wenige Jahre verfehlt hatte, war für Atuona ein viel ungewöhnlicheres Ereignis als eine Jahrhundertfeier in Frankreich, und der entthronte Häuptling beschloß, in der Öffentlichkeit Eindruck zu machen.
Mr. Osbourne war nach Atuona gegangen, um zu photographieren, die Bevölkerung des Dorfes hatte sich aus diesem Anlaß auf dem Platz vor der Kirche versammelt, und Paaaeua, höchst erfreut über dies neuerliche Auftreten seiner Familie, spielte den Zeremonienmeister. Die Kirche mit ihrem heiteren Baumeister vor der Tür, die Nonnen mit ihren Zöglingen, allerlei junge Mädel in den alten und merkwürdig unkleidsamen Tapagewändern und Pater Orens inmitten einer Gruppe von Pfarrkindern waren aufgenommen worden. Ich weiß nicht, was nun folgen sollte, als der Photograph eine Erregung in der Menge bemerkte, und da er sich umblickte, sah er die hochedle Gestalt eines Mannes am Rande eines Dickichts auftauchen und gleichgültig heranschlendern. Die Gleichgültigkeit war sichtbarlich erkünstelt, offenbar kam er, um Aufsehen zu erregen, und der Erfolg trat sofort ein. Er wurde vorgestellt, er war höflich, verbindlich, war stets vollendet überlegen und selbstsicher, ein gottbegnadeter Schauspieler. Man schlug ihm alsbald vor, in seiner Kriegsausrüstung zu erscheinen, er willigte huldvoll ein, kehrte zurück in jenem sonderbaren, unangebrachten und übelbeleumdeten Aufzug, der seiner hübschen Figur sehr gut stand, umgeben von einer Schar Bewunderer, und war hinfort der Mittelpunkt jeder Photographie. So hatte Moipu es verstanden, sich wie zufällig bei den weißen Fremdlingen einzufinden, er verschenkte seine feinenManieren wie eine Gnade und wies seinem Rivalen die zweite Rolle auf der Bühne des heiß umstrittenen Dorftheaters zu. Paaaeua fühlte den
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