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In der Südsee

Titel: In der Südsee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Louis Stevenson
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ihrenzwei Ehegatten!« – »Mit zwei Ehegatten?« fragte jemand. – » C'est ma honte , das ist meine Schande,« antwortete der Bruder trocken.
    Ein Wort nebenbei über die beiden Gatten. Ich glaube, der Bruder hatte sich etwas ungenau ausgedrückt. Man findet oft genug eine eingeborene Dame mit zwei Lebensgefährten, aber es sind nicht zwei Gatten. Der erste ist und bleibt der Ehegemahl, die Frau wird nach wie vor mit seinem Namen genannt, und die Stellung des Neuhinzugekommenen oder »Pikio« ist zwar eine durchaus gesetzliche, aber unzweifelhaft untergeordnete. Wir hatten Gelegenheit, einen derartigen Haushalt zu beobachten. Der »Pikio« war voll anerkannt, trat öffentlich zusammen mit dem Gemahl auf, wenn nach ihrer Ansicht die Dame beleidigt worden war, und das Paar machte gemeinsame Sache wie Brüder. Zu Hause trat die Ungleichheit deutlicher hervor. Der Gatte empfing und bewirtete die Gäste sitzend, der »Pikio« mußte indessen wie ein Dienstbote im Laufschritt Kokosnüsse holen, und ich beobachtete, daß er für diese Botengänge noch vor dem Sohn des Hauses auserkoren wurde. Offenbar haben wir hier keinen zweiten Gatten vor uns, sondern den geduldeten Liebhaber. Nur muß er auf den Marquesas, anstatt seiner Dame Fächer und Mantel zu tragen, die Hausarbeit des Mannes verrichten.
    Der Anblick des Familienbesitztums Bruder Michels führte für eine Weile das Gespräch auf die Methode der künstlichen Verwandtschaften und ihre Folgeerscheinungen. Unsere Neugier war aufs höchste gereizt, der Bruder schlug vor, uns alle adoptieren zu lassen, und etwa zwei Tage später wurden wir infolgedessen dieKinder von Paaaeua, des von den Franzosen eingesetzten Häuptlings von Atuona. Ich war nicht in der Lage, der Zeremonie beizuwohnen, die außerordentlich einfach verlief. Die beiden Damen Stevenson und Mrs. Osbourne setzten sich mit Paaaeaua, seinem Weibe und einem adoptierten Kind, dem Sohn eines Österreichers, der durch eine Schiffskatastrophe hierher verschlagen war, zu einem ausgezeichneten Insulanermahl nieder, dessen hauptsächlicher und allein vorgeschriebener Gang Schweinefleisch war. Eine große Menschenmenge beobachtete sie durch die Öffnungen des Hauses, aber niemand, selbst Bruder Michel nicht, durfte teilnehmen, denn das Mahl hatte religiösen Charakter und schuf oder verkündete die neue Verwandtschaft. Auf Tahiti sind die Zeremonien nicht so genau vorgeschrieben; als Ori und ich Brüderschaft schlossen, saßen unsere beiden Familien mit zu Tisch, aber nur er und ich, die mit einer bestimmten Absicht gegessen hatten, wurden nach dem Glauben der Eingeborenen von der Zeremonie berührt. Die Adoption eines kleinen Kindes verlangte meines Wissens keine Formalität, das Kind wird von den natürlichen Eltern abgegeben und erbt, wenn es erwachsen ist, das Besitztum der Adoptiveltern. Geschenke werden ohne Zweifel ausgetauscht wie bei allen wichtigen gesellschaftlichen oder staatlichen Ereignissen der Inselwelt, aber ich habe nie etwas von einem Festmahl gehört, vielleicht genügt die Anwesenheit des Kindes bei der Tagesmahlzeit. Vielleicht findet sich die Uridee in der alten arabischen Vorstellung, daß gleiche Nahrung gleiches Blut ergibt, mit dem hieraus abgeleiteten Grundgesetz, daß der der Vater ist, der dem Kinde den Morgentrunk reicht. Im marquesanischenBrauch wäre der Sinn also schon halb verloren, auf Tahiti, wo nur noch Reste bestehen, fast ganz geschwunden. Eine interessante Parallele wird wahrscheinlich manchem meiner Leser einfallen.
    Was ist die Natur der Verpflichtung, die bei einem solchen Festessen eingegangen wird? Sie wird je nach den beteiligten Personen und den Umständen des besonderen Falles verschieden sein. So wäre es lächerlich, unsere Adoption in Atuona ernst zu nehmen. Auf seiten Paaaeuas handelte es sich um sozialen Ehrgeiz. Als der Mann einwilligte, uns in seine Familie aufzunehmen, hatte er uns kaum gesehen und wußte nur, daß wir außerordentlich reich seien und in einem schwimmenden Palast reisten. Wir unsererseits aßen von seinen gebratenen Speisen nicht im wahren animus affiliandi , sondern nur vom Gefühl der Neugier gedrängt. Es war eine sehr förmliche Angelegenheit und eine Art Schaustück, wie wenn in Europa Fürsten sich Vettern nennen. Wären wir aber in Atuona geblieben, so hätte Paaaeua sch verpflichtet gefühlt, uns auf seinem Land anzusiedeln und junge Leute zu unserem Dienst und Bäume zu unserer Ernährung zur Verfügung zu stellen. Ich habe den

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