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In der Südsee

Titel: In der Südsee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Louis Stevenson
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manchen Einblick in das Eingeborenenleben. Jeden Morgen setzte Taniera, sobald er die Hühner gefüttert hatte, die Glocke in dem kleinenGlockenturm in Schwung, und die Gläubigen, die nicht sehr zahlreich waren, versammelten sich zum Gebet. Einmal war ich anwesend, es war der Tag des Herrn, und sieben Frauen und acht Männer hatten sich versammelt. Eine Frau spielte den Vorsänger, sie hob an mit einem langgezogenen Ton, der Katechet setzte beim zweiten Takt ein, und dann folgten die Gläubigen alle miteinander. Einige hatten gedruckte Gesangbücher, aus denen sie lasen, manche sangen nur »eh – eh – eh«, das do-re-mi der Paumotus. Nach der Hymne wurden ein oder zwei Wechselgebete gesprochen, und dann erhob sich Taniera von der Vorderbank, wo er in seinem Katechetengewande gesessen hatte, öffnete die tahitische Bibel und begann nach seinen Notizen zu predigen. Ich verstand nur ein Wort, den Namen Gottes, aber der Prediger beherrschte geschmackvoll sein Organ, hatte gewählte und ausdrucksvolle Gesten und machte durchaus den Eindruck der Aufrichtigkeit. Der einfache Gottesdienst, die Bibel in der Eingeborenensprache, die Gesangmelodien meist nach englischem Vorbilde – » God save the Queen « ist eine Lieblingsmelodie, wie man mir sagte –, alles das, abgesehen von einigen Papierblumen auf dem Altar, schien nicht nur obenhin, sondern bewußt protestantisch. Auf diese Weise sind die Katholiken ihren Proselyten auf den niedrigen Inseln auf halbem Wege entgegengekommen.
    Taniera besaß die Schlüssel unseres Hauses, mit ihm schloß ich meinen Mietvertrag, wenn man es so nennen will, da alles meiner Freigebigkeit anheimgestellt wurde; er fütterte die Katzen und Hühner, er besuchte uns und aß mit uns wie ein alter Freund, und wir vermuteten selbstverständlich lange Zeit, daß er der Hausbesitzersei. Dieser Glaube rechtfertigte sich nicht durch die Tatsache, und wie meine Erzählung zeigen wird, erlangten wir keinerlei Gewißheit darüber. Wir verbrachten einige Tage in windloser Stille und großer Hitze, Muschelsammler mußten sich vom Ozeanstrand zurückziehen, wo der Sonnenstich ihrer wartete von zehn bis vier Uhr; die höchsten Palmen standen regungslos, nichts war zu hören als die Stimme der See in der Ferne. Schließlich um vier Uhr eines Nachmittags wurde die Oberfläche der Lagune von langen Strichen durchzogen, und bald erwachte in den Baumwipfeln das angenehme Rauschen des Passatwindes. Alle Häuser und Gassen der Insel wurden ausgelüftet. Mehr als einem verzauberten Schiff, das angesichts des grünen Strandes ruhig daliegen mußte, brachte der Wind Erlösung, und bei Tagesanbruch lagen ein Schoner und zwei Kutter am Kai im Hafen von Rotoava. Nicht nur auf offener See, sondern auch in der Lagune selbst erwachte mit der auffrischenden Brise ein gewisser Verkehr, und unter anderem setzte ein gewisser François, ein Halbblut, die Segel beim ersten Tageslicht auf seinem eigenen halbverdeckten Kutter. Er hatte früher eine Stellung bei Hofe innegehabt, und zwar war er, wie ich vermutete, Zimmerreiniger in der Residentschaft gewesen. Als das Zerwürfnis mit dem unbeliebten Vizeresidenten entstand, hatte er auf seine Ehren verzichtet und war zum fernsten Ende des Atolls geflohen, um Kohl zu bauen – oder wenigstens Kokospalmen. Von dort trieben ihn nun Bedürfnisse her, die selbst ein Cincinnatus anerkennen muß, und er fuhr nach der Hauptstadt, dem Schauplatz seiner früheren Beamtenlaufbahn, um eine halbe Tonne Kopra gegen daslebensnotwendige Mehl einzutauschen. Und hier muß die Geschichte seiner Reise für eine Weile unterbrochen werden.
    Ich muß statt dessen von unserem Hause erzählen, wo gegen sieben Uhr abends plötzlich der Katechet eintrat, mit der Miene eines Mannes, der weiß, daß er willkommen ist, bewaffnet mit einem großen Bund Schlüssel, die er an den Seekisten versuchte, indem er sie einzeln von ihrem Platz an der Wand hervorzog. Unbekannte Köpfe erschienen in der Türfüllung und suchten ihren Rat anzubringen. Alles vergebens. Entweder waren es die falschen Schlüssel oder die falschen Kisten, oder der falsche Mann benutzte sie. Eine Zeitlang schwitzte und schimpfte Taniera, dann entschloß er sich zu dem mehr summarischen Verfahren einer Axt; eine Kiste wurde erbrochen und ein Arm voll weiblicher und männlicher Kleider herausgeholt und den Fremdlingen auf der Veranda ausgehändigt.
    Es war François mit Weib und Kind. Ungefähr um acht Uhr morgens war der Kutter beim Kreuzen in

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