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In der Südsee

Titel: In der Südsee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Louis Stevenson
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Beziehung gleich vorhanden, aber sie trug die roten Flecke. Eine lebhafte kleine Krabbe trug dieselben Merkmale. Der Fall des Einsiedler- oder Taschenkrebses war noch überzeugender, da es sich hier um bewußte Wahl handelte. Dieser lästige kleine Zerstörer, Unratjäger und Räuber hat den Wert eines gesteckten Hauses erfahren; wenn es nur die richtige Farbe hat, begnügt er sich mit demkleinsten Obdach, verbirgt sich in der winzigsten Ecke einer zerbrochenen Schale und wandert halb nackt in der Welt herum; aber niemals fand ich ihn in seiner unvollkommenen Rüstung, ohne daß sie mit dem roten Fleck gezeichnet gewesen wäre.
    Ungefähr zweihundert Meter entfernt ist der Stand der Lagune. Sammelt man Muscheln von beiden Seiten und hält sie nebeneinander, so könnte man vermuten, daß sie von verschiedenen Erdteilen stammen, die einen blaß, die andern leuchtend, die einen hauptsächlich weiß, die andern buntfarbig und mit dem scharlachnen Fleck wie mit einer Krankheit behaftet. Das ist um so wunderbarer, da die Einsiedlerkrebse über die Insel hin und her wandern, und ich habe sie sogar in der Nähe des Brunnens des Regierungsgebäudes gefunden, der ungefähr in der Mitte des Weges vom Meere zur Lagune liegt. Ohne Zweifel sind die meisten Muscheln in der Lagune tot. Aber warum sind sie tot? Ohne Zweifel haben die lebenden Muscheln für ihre Anpassung einen sehr verschiedenen Meeresboden unter sich. Aber warum sind sie von den toten so verschieden? Wir stehen erst an der Schwelle der Naturgeheimnisse.
    Jede der beiden Küsten, habe ich gesagt, strotzt von Leben. Auf der Meeresseite und auf manchen Atollen ist diese Überfülle von Leben geradezu erschreckend: der Fels unter dem Fuß wimmelt davon. Ich habe besonders auf Funafuti und Arorai große Stücke alten verwitterten Felsens abgebrochen, der unter meinen Schlägen wie Eisen erklang, und die Bruchstelle war voll von heraushängenden Würmern, die so lang wie meine Hände, so dick wie ein Kinderfinger, leicht rosaweiß gefärbt und so dicht gesät waren, daß drei oder vier aufeinen Quadratzoll kamen. Selbst in der Lagune, wo manche Schalentiere zu kränkeln scheinen, entwickeln sich andere bemerkenswerterweise ausgezeichnet und bilden den Reichtum dieser Inseln. Auch Fische sind reichlich vorhanden, die Lagune ist ein geschlossener Fischteich, wie er das helle Entzücken eines Abtes darstellen würde. Haie schwammen hier herum und umkreisten besonders die Einfahrten, um sich von dieser Fülle zu nähren, und man sollte glauben, daß der Mensch nur seine Angel auszuwerfen hätte. Ach, es ist nicht so. Manche dieser buntfarbigen Fische, die die »Casco« bei ihrer Ankunft umschwärmten, haben giftige Stacheln, andere sind giftig im Genuß. Der Fremde muß sich zurückhalten oder das Risiko einer qualvollen und gefährlichen Krankheit tragen. Der Eingeborene ist auf seiner Insel ein sicherer Führer, aber versetzt auf die nächste, ist er hilflos wie wir selbst. Denn alles hängt ab von Zeit und Art. Ein Fisch, in der Lagune gefangen, mag tödlich sein, fängt man ihn aber an demselben Tage im Meere, nur ein paar hundert Meter von der Einfahrt entfernt, liefert er eine angenehme Mahlzeit. Auf einer Nachbarinsel liegt der Fall vielleicht umgekehrt, und vierzehn Tage später kann man ihn draußen und drinnen vielleicht ohne Gefahr verzehren. Nach Ansicht der Eingeborenen wird diese höchst erstaunliche Erscheinung hervorgerufen durch die Konstellation der Himmelskörper. Der schöne Planet Venus spielt eine große Rolle in allen Inselerzählungen und -sitten, und außer anderen Funktionen, die zum Teil schrecklich sind, regelt er das Erscheinen der eßbaren Fische. Bei einer bestimmten Konstellation der Venus, wie wir sie antrafen, sind gewisse Fische in der Lagune giftig, bei anderenKonstellationen sind dieselben Fische harmlos und als Nahrungsmittel hochgeschätzt. Die Weißen erklären diese Veränderung aus den Entwicklungsstadien der Koralle.
    Einen letzten Schauer des Schreckens verleiht dem Gedanken an diesen sonderbaren ringförmigen Pfad im Meere die Tatsache, daß alles Vorhandene nicht aus festem Fels besteht, sondern organisch und teils lebendig, teils angefault ist; selbst die klare See und der glänzende Fisch ringsherum sind giftig, das härteste Gestein von Würmern durchwühlt, der leichteste Staub toddrohend wie Apothekerdrogen.
Drittes Kapitel
Ein Haus zu vermieten auf einer niedrigen Insel
    Nie stark bevölkert, geschah es doch durch eine Reihe

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