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In der Zone

In der Zone

Titel: In der Zone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T. C. Boyle
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deinen Tee rühren würdest. Bienen sammeln Pollen, das weißt du doch wohl. Und jedes Pollenkörnchen ist voller Radionuklide – die Bienen konzentrieren das Zeug, Mama, verstehst du das nicht?«
    An seinem Gürtel war etwas befestigt, ein kleiner Apparat mit einer weißen Plastikabdeckung, und nun nahm er ihn ab, drückte auf den Knopf an der Oberseite und hielt das Ding an das Honigglas. Sogleich ertönte ein atemloses hohes Zirpen, als wären zahllose Grillen darin eingesperrt. »Hörst du das?« fragte er, und dann stand er auf und hielt den Apparat an die Wände, die Teller, die Vorräte im Schrank, und das Zirpen verstummte nicht eine Sekunde lang. »Das«, sagte er, »ist das Geräusch, das der Krebs macht, Mama, die Krankheit. Er steckt in der Umwelt, Mama, in allem, was du anfasst, aber vor allem im Essen, im Fleisch, in dem Gemüse, das im Garten wächst. Wenn du hierbleibst, bringst du dich um, Mama – langsam, aber sicher.«
    Das war der Augenblick, in dem Leonid sich seufzend erhob und hinausging, wo die goldene Sommersonne seinen massigen Körper beschien. Sie blieb allein mit ihrem Sohn, dem Professor, und seinem kleinen weißen Apparat. Er hielt ihn an das Geweih des Hirsches, das Leonid über dem Sofa aufgehängt hatte, und prompt stieß das Ding seinen insektenhaften Warnschrei aus. »Strontium-90. Es konzentriert sich in den Knochen, Mama, auch in deinen.« Dann ging er zu dem Eimer voller Asche neben dem Ofen. »Im Holz ist es am schlimmsten«, sagte er, »am allerschlimmsten, denn die Radionuklide sind im Holz gebunden, und wenn man das verbrennt, werden sie wieder freigesetzt. In die Luft. Die Luft, die du einatmest. Die Leonid einatmet. Die der Hund einatmet.«
    Sie sah ihn erbittert an. Was hatte er vor? Wollte er ihr angst machen? Ihr Leben zerstören? Damit sie schlecht träumte und nachts nicht schlafen konnte?
    »Mama«, sagte er und legte die Hand auf ihren Arm, »ich bin gekommen, um dich zurückzubringen.«
    Und jetzt sprach sie zum erstenmal, seit er diesen kleinen zirpenden Apparat hervorgeholt hatte. »Ich werde nicht mitkommen.«
    »Doch, das wirst du.«
    Plötzlich stand Leonid wieder im Raum, und neben ihm war der Hund. Leonid schien etwas in der Hand zu halten – einen Axtstiel, wie sich herausstellte. Sobaka, der sich bei der Ankunft des Jeeps versteckt hatte, wich jetzt nicht von der Stelle und zeigte die Zähne. Leonid sagte: »Du hast gehört, was deine Mutter gesagt hat.«
    Sie konnte nicht schlafen. Sie stellte sich das Gift in ihren Knochen vor, stellte sich vor, dass es sie von innen leuchten ließ wie auf den Röntgenbildern von ihrer Lunge, die man gemacht hatte, als sie in dem Wohnblock gelebt hatte. Die Fäulnis griff in ihr um sich, und sie hatte sich die ganze Zeit etwas vorgemacht. Jeden Augenblick konnte sie krank werden. Oder Leonid würde krank werden, er würde in sich zusammensinken, sein Fleisch würde schwinden, und sie würde ihn an den abgemagerten Knöcheln packen und hinausschleifen und neben Oleksyj begraben müssen. Sie sah es vor sich, sie sah ihn als Leiche, während er nichtsahnend und laut schnarchend neben ihr lag, hingestreckt wie ein umgestürzter Baum. Sie lauschte seinem Schnarchen und dem Rascheln der Kreaturen der Nacht vor dem Fenster, und schließlich, kurz vor Morgengrauen, schlief sie ein, während draußen der uralte Jagdruf der Wölfe erklang.
    Am nächsten Morgen stand sie auf wie immer, arbeitete im Garten, kochte, wusch und putzte wie immer, doch das Gefühl der Schwere wollte nicht weichen. Leonid schlich um sie herum, als spürte er ihre Gedanken. Er brachte ihr zwei Kaninchen, die sich in den ausgelegten Schlingen gefangen hatten, und tat dann, was er am besten konnte: Dinge reparieren. Sie versuchte, ihr Unbehagen zu überwinden, aber erst gegen Abend, als die Kaninchen auf einem Bett aus Zwiebeln, Karotten und Kartoffeln schmorten und die Brise so angenehm war wie eine Hand, die ihre Wange streichelte, gelang es ihr, sich ein wenig zu entspannen. Sie trug einen Stuhl in den Garten, saß mit Leonid in der Sonne, nippte an einem Glas von dem Wodka, den er geduldig, Tropfen für Tropfen, destilliert und mit Bisongras aromatisiert hatte, und dachte an eine seiner Geschichten über die Zeit, als er sich über die Grenze in die Türkei geschlichen hatte und in der türkischen Handelsmarine zur See gefahren war.
    Einer seiner Schiffskameraden stammte aus Tobago, einer tropischen Insel, und dieser Mann – seine Haut war so schwarz

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