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In die Nacht hinein: Roman (German Edition)

In die Nacht hinein: Roman (German Edition)

Titel: In die Nacht hinein: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Cunningham
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zwar nicht sagen, um welche Welt genau, aber einen Ort, der nicht dieser ist, nicht mit den am Straßenrand aufgehäuften schwarzen Müllsäcken und den schrillen kleinen Boutiquen, die kommen und gehen. Es ist kitschig, es ist sentimental, er redet mit den Leuten nicht darüber, aber manchmal – jetzt zum Beispiel – hat er das Gefühl, dass dies seine wesentlichste Eigenschaft ist: seine Überzeugung, trotz aller Hinweise auf das Gegenteil, dass bald irgendeine schreckliche, blendende Schönheit niederfährt wie der Zorn Gottes und alles wegsaugt, uns zu Waisen macht, uns entbindet, uns mit der Frage zurücklässt, wie genau wir wieder von vorne anfangen wollen.

Das eherne Zeitalter
     
    Das Schlafzimmer ist von dem grauen Halblicht erfüllt, das typisch für New York ist, ein Strömen, scheinbar ohne Ursprung, eine stete schattenlose Illuminierung, die ebenso gut von der Straße ausgestrahlt werden wie vom Himmel herabfallen könnte. Peter und Rebecca sind mit Kaffee und der Times im Bett.
    Sie liegen nicht dicht nebeneinander. Rebecca ist in den Literaturteil vertieft. Hier ist sie, von einem taffen, klugen Mädchen zu einer ausgebufften und ziemlich kaltherzigen Frau herangewachsen, die es leid ist, Peter wegen, nun ja, fast allem zu beruhigen; herangewachsen zu einer strengen, wenn auch liebevollen Kritikerin. Hier ist ihre nüchterne Mädchenhaftigkeit, verwandelt in die weibliche Fähigkeit, in aller Ruhe eisige Urteile zu verkünden.
    Peters Blackberry gibt seinen leisen, flötenartigen Ton von sich. Er und Rebecca wechseln einen Blick – wer ruft an einem Sonntagmorgen an?
    »Hallo.«
    »Peter? Bette hier. Ich hoffe, ich rufe nicht zu früh an.«
    »Nein, wir sind auf.«
    Er wirft Rebecca einen Blick zu, bildet mit dem Mund ein stummes »Bette«.
    »Ist alles okay?«, fragt er.
    »Mit mir ist alles okay. Wäre es vielleicht möglich, dass wir uns heute zum Lunch treffen?«
    Ein zweiter Blick zu Rebecca. Der Sonntag sollte eigentlich ihr gemeinsamer Tag sein.
    »Äh, ja«, sagt er. »Ich glaube schon.«
    »Ich kann runterkommen.«
    »Okay. Klar.Wann, gegen eins?«
    »Gegen eins ist gut.«
    »Wohin würdest du gern gehen?«
    »Mir fällt nie ein Lokal ein.«
    »Mir auch nicht.«
    »Kommt es einem nicht immer so vor, als gäbe es ein perfektes, naheliegendes Restaurant, aber es fällt einem einfach nicht ein?«, sagt sie.
    »Hinzu kommt, dass es am Sonntag viele Lokale gibt, in die wir nicht reinkommen. Das Prune zum Beispiel. Oder das Little Owl. Ich meine, wir könnten es versuchen.«
    »Es ist meine Schuld.Wer ruft denn am Sonntag an und verabredet sich im letzten Moment zum Lunch?«
    »Willst du mir sagen, was los ist?«
    »Ich sage es dir lieber persönlich.«
    »Was ist, wenn ich raufkomme?«
    »Darum würde ich dich nie bitten.«
    »Ich wollte schon lange den Hirst im Met sehen.«
    »Ich auch. Aber wirklich, wie soll ich damit klarkommen, wenn ich dich nicht nur an deinem freien Tag anrufe, sondern dich auch noch nach Uptown zitiere?«
    »Ich habe schon mehr für Leute getan, aus denen ich mir weniger mache.«
    »Das Payard’s wird voll sein. Ich könnte vermutlich im Jojo einen Tisch kriegen. Es ist nicht so, du weißt schon. Brunchmäßig hier droben.«
    »Gut.«
    »Hast du etwas gegen das Jojo? Das Essen ist gut, und es gibt wirklich nichts in der Nähe vom Met …«
    »Das Jojo ist okay.«
    »Du, Peter Harris, bist ein guter Mensch.«
    »Wohl wahr.«
    »Ich rufe an. Wenn sie um eins keinen Platz für uns haben, rufe ich dich noch mal an.«
    »Okay. Großartig.«
    Er schaltet aus, wischt mit dem Rand des Betttuchs einen Flecken vom Display seines Blackberry.
    »Das war Bette«, sagt er.
    Ist es ein Verrat, wenn er sich an einem Sonntag zum Lunch verabredet? Es wäre ganz hilfreich, wenn er wüsste, wie ernst Bettes … Lage ist.
    »Hat sie gesagt, worum es geht?«, fragt Rebecca.
    »Sie will sich mit mir zum Lunch treffen.«
    »Aber sie hat nichts gesagt.«
    »Nein.«
    Sie beide zögern. Natürlich kann es nichts Gutes sein. Bette ist Mitte sechzig. Ihre Mutter ist, wann, vor etwa zehn Jahren an Brustkrebs gestorben.
    Rebecca sagt: »Du weißt doch, wenn wir sagen, ich hoffe, es ist kein Krebs, bewirkt das gar nichts, ob so oder so.«
    »Du hast recht.«
    In diesem Moment bewundert er sie. Die wolkige Zwiespältigkeit wird weggebrannt. Schau sie an: das kräftige Kinn, die klaren, leicht archaischen Umrisse ihres Gesichts (ihr Profil könnte auf einer Münze sein) – wie viele Generationen

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