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In die Nacht hinein: Roman (German Edition)

In die Nacht hinein: Roman (German Edition)

Titel: In die Nacht hinein: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Cunningham
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spricht, geht sie in die Küche, um ihre Feierabendmartinis zu machen. Sie ist noch immer für die Arbeit gekleidet. Sie ist übrigens auf den schwarzen Bleistiftrock und den braunen Kaschmirpulli zurückgekommen.
    »Ich glaube, er wird uns ein Angebot machen«, sagt sie. »Ich glaube, wir werden es annehmen.«
    Peter fängt an, sich wie gewohnt auszuziehen, während er im Wohnzimmer umherläuft. Kickt die Schuhe weg, streift das Sakko ab und hängt es über die Sofalehne.
    Moment.
    »Ist Missy da?«, fragt er.
    Sie lässt die Eiswürfel in den Shaker fallen. Ein zauberhaftes, beruhigendes Geräusch.
    »Nein. Er ist mit einer Freundin essen gegangen. Irgendein Mädchen, das er mal kannte.«
    »Machen wir uns … darüber Gedanken?«
    »Wir machen uns über alles ein paar Gedanken. Er kommt mir diesmal etwas komisch vor.«
    Er nimmt wieder Drogen, Rebecca. Peter Harris, erzähl deiner Frau, dass ihr kleiner Bruder wieder auf Drogen ist. Mach es jetzt.
    »Komischer als üblich?«, fragt er.
    »Kann ich nicht sagen.« Sie gießt Wodka in den Shaker und einen mittelgroßen Schuss Vermouth. In letzter Zeit sind sie zu mehr Vermouth im Martini übergegangen – die fast halbe-halbe gemixten Martinis, wie in den fünfziger Jahren, schmecken ihnen besser.
    Sie sagt: »Er hat mir eine Voicemail hinterlassen, hat gesagt, dass er mit einer alten Freundin essen gehen will und dass es nicht spät wird.«
    »Das klingt nicht verdächtig.«
    »Ich weiß. Und trotzdem denke ich ständig, ist ›alte Freundin‹ eine Art Codewort? Für du weißt schon was. Aber wirklich, ich muss damit aufhören, meinst du nicht?«
    »Ja, vielleicht.«
    »War ich mit Bea auch so?«
    »Bea hat keine Drogen genommen.«
    »Wissen wir das überhaupt? Ich meine, wie sollten wir?«
    »Na ja. Bea lebt, und es geht ihr gut.«
    »Bea lebt. Ich bete jeden Tag, dass es ihr gut gehen wird.«
    »Besser.«
    »M-hm.«
    Rebecca schüttelt das Eis und den Schnaps und ist kurz eine derbe Göttin, die irgendwo in einer Raststätte arbeitet, sie bräuchte ein anderes Outfit, aber schau sie an, schau dir das kesse Selbstvertrauen an, mit dem sie diese Drinks schüttelt, stell dir vor, wie sie dich in das Hinterzimmer einer Bar mitnimmt und auf den Bierkästen mit dir vögelt, auf kühle Art leidenschaftlich und umwerfend erfahren, und dann, nachdem ihr beide gekommen seid, geht sie sofort wieder an die Arbeit, zwinkert dir hinter der Bar kurz und verstohlen zu und sagt dir, dass der Nächste aufs Haus geht.
    Sie gießt die Martinis in zwei Stielgläser. Peter kommt in die Küche und knöpft sein Hemd auf.
    »Weißt du, was mir in Zusammenhang mit Missy wirklich stinkt?«, sagt sie.
    »Was?«
    »Dass ich seit fünf Minuten über ihn rede und dir noch nichts von dem Deal erzählt habe.«
    »Erzähl mir von dem Deal.«
    Er nimmt ein Glas von der Anrichte. Sie stoßen an, trinken einen Schluck. Gott, ist das köstlich.
    »Die Hauptsache ist, dass dieser Jack-Rath-Typ am Telefon so viel besser klang, als wir erwartet hatten. Es ist schrecklich, ich weiß, aber ich glaube, wir hatten alle erwartet, dass er ein bisschen wie John Huston in Chinatown klingt.«
    »Und stattdessen klang er wie …«
    »Stattdessen klang er wie ein intelligenter, wortgewandter Mann, der in New York, London und Zürich gelebt hat und in, du weißt schon, Jupiter und jetzt in seine Heimatstadt Billings, Montana, zurückgegangen ist.«
    »Weil …«
    »Weil es dort schön ist und die Leute freundlich sind und seine Mutter angefangen hat, mit drei Hüten auf dem Kopf auszugehen.«
    »Überzeugend.«
    »Er klang überzeugend. Ich muss mich ständig daran erinnern, dass fast jeder immer lügt.«
    »Wissen wir, warum er das Magazin kaufen will?«
    »Er möchte, dass Billings ein abgelegenes, aber anerkanntes Kunstzentrum wird.Wie Marfa.«
    Oje.
    »Also«, sagt Peter, »lass mich raten. Er möchte das Unternehmen nach Billings verlagern.«
    » Nein . Davon war nicht die Rede, ich bin mir sicher, dass er weiß, wie unmöglich das wäre. Nein. Im Gegenzug dafür, dass er uns am Leben erhält, möchte er, dass wir ihn in Sachen Kultur beraten und, ach, du weißt schon. Ihm dabei helfen, selber mit etwas anzufangen.«
    Sie mustert ihn argwöhnisch, trinkt einen Schluck. Peter, werde jetzt nicht zickig.
    »Was sollt ihr für ihn anfangen?«
    »Tja, das ist die Frage, nicht wahr?« Sie ist geduldig, sie ist ruhig. Und ganz recht, sie kann mit ihm umgehen, weil sie weiß, wie er auf diese Idee, in Billings oder

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