In dieser ganz besonderen Nacht (German Edition)
Weg für dich da heraus«, sie deutete auf das im Bernstein eingeschlossene Insekt, »und gleichzeitig zurück zu einer soliden Amber über die Vergangenheit führt.«
Dr. Katz konnte unmöglich von Nathaniel und mir wissen, das hatte ich ihr immer verschwiegen, und trotzdem kam es mir so vor, als hätte sie mir gerade die Antwort auf eine Frage gegeben, die mich in den letzten Tagen verfolgte. Seitdem Holly, Abby, Matt, Shane und ich in jeder freien Minute Bücher und Artikel durchstöberten und versuchten, in wildem Brainstorming und hitzigen Diskussionen eine Erklärung zu finden und – vielleicht – Hilfe für Nathaniel und mich.
»Und wenn …« Ich schluckte nur schon bei dem Gedanken daran. »Und wenn ich dadurch etwas … oder jemanden verlieren sollte, der mir … mir alles bedeutet?« Eine weitere Träne rann mir übers Gesicht.
In den grauen Augen von Dr. Katz schimmerte es warm auf. »Sollte das wirklich unausweichlich sein … dann werde ich für dich da sein und dir helfen, damit zurechtzukommen und damit zu leben.«
74
Es war ein merkwürdiges Licht, das das Buntglasfenster im Haus in der Franklin Street an diesem Novembertag in der Eingangshalle verbreitete. Ein ungewöhnlich düsteres Licht, als ob sich in kaum zwei Tagen ein dicker Schmutzfilm über das Glas gelegt hatte, der das Violett, das Lila und die Blautöne der Glockenblumen, der Iris und der Lilien mit einem Grauschleier überzog.
Aber vielleicht kam es mir auch nur so vor, weil ich mich von Tag zu Tag mehr wie ein Schatten fühlte. Weil ich Nathaniel ansehen konnte, wie es ihm immer schlechter ging. Bleich war er, so bleich wie man sich einen Geist vorstellt, und seine Augen dunkel, fast schwarz. Fiebrig glänzten sie, und ich wusste nicht, ob es sein Wille war, der darin aufschien, sein Wille, sich dem, was mit uns passierte, zu widersetzen, oder ein finsterer Abgrund, den ich fürchten musste. Vielleicht lag es aber auch an der gedrückten Stimmung, die die anderen mit hierhergebracht hatten, dass ich diesen Tag als so düster empfand. Und an der Angst, die uns alle in diesen Tagen fest im Griff hielt.
»Viel konnten wir nicht herausfinden«, sagte Abby leise, die Nathaniel und mir auf dem Boden gegenübersaß. Halb hinter Shanes muskulösem Körper zusammengekauert, umklammerte sie Hollys Knie in den Army-Hosen fester, während Holly den Arm um Abbys schmale Schultern gelegt hatte. Hinter ihnen stand Matt, die Arme vor seinem Linkin-Park-Shirt überkreuzt und seine schmächtige Gestalt zur Haltung eines Bodyguards aufgebaut. »Das meiste haben wir uns irgendwie zusammengereimt. Aber es sieht so aus, als ob an Halloween etwas von deinem geisterhaften Wesen auf Amber übergegangen ist und umgekehrt etwas von ihrer Körperlichkeit auf dich.«
»Wir können es uns nur wie einen Austausch zwischen euren unterschiedlichen Energiefeldern erklären«, fügte Holly mit kratziger Stimme hinzu; sie hatte immer viel geraucht, aber inzwischen qualmte sie wie ein Schlot. Ihre geröteten Augen waren auf einen Punkt direkt neben mir gerichtet; irgendwie rührte es mich an, dass sie versuchte, Nathaniel anzusehen und anzusprechen, obwohl sie ihn nicht wahrnehmen konnte. »Wir glauben, dass seit jener Nacht ein energetisches Band zwischen euch besteht, durch das weiterhin Ambers Energie und deine in die jeweils andere Richtung fließen. Als ob ihr euch«, sie holte tief Luft, »als ob ihr euch gegenseitig alle Kraft entzieht, weil sich eure eigene Energie mit der des anderen nicht verträgt und damit eure Gestalt nach und nach zerstört. Bei dir«, sie nickte vage auf eine Stelle neben meiner Schulter hin, »zerfällt die energetische Form, die verlorene Seelen annehmen. Und bei Amber ist es ihr menschlicher Körper, aus dem alle Lebenskraft entweicht. Bis irgendwann nur noch ihre Seelenenergie übrig bleibt, die aus dieser Welt in deine gezogen wird.«
»Anders gesagt«, warf Matt beißend ein und wippte auf den Fußballen auf und ab, »du bringst sie gerade langsam um.« Als sich Abby, Holly und Shane zu ihm umdrehten, hob er die Schultern. »Was?! Stimmt doch, oder nicht?«
Das Schweigen, das sich ausbreitete, schnitt mir ins Herz. Und noch mehr, als ich sah, wie Nathaniel neben mir den Kopf hängen ließ. Wie er den Mund zusammenpresste und sich seine Kieferpartie anspannte.
»Ich wollte es genauso sehr wie du«, flüsterte ich ihm zu. »Keiner von uns konnte wissen, welche Folgen das für uns haben würde.« Ich rückte näher zu ihm
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