In dieser Straße wohnt die Angst
ihnen auch nicht zu hören.
Die Stille war unheimlich…
Ich selbst sprach mit mir und hörte meine eigene Stimme. Ich konnte also sprechen, im Gegensatz zu den anderen Menschen, die die Straße der Angst bevölkerten.
Eine Weile beobachtete ich das rege Treiben und schaute auch nach gegenüber, wo eine alte Frau aus dem Fenster schaute. Sie hatte sich weit vorgebeugt, bewegte ihren Mund, redete, doch ich vernahm keinen Laut. Dabei wirkte sie wie eine Puppe, die sich zwar bewegen, aber nicht sprechen konnte.
Unter mir spazierte ein Pärchen her. Zwei junge Leute. Sie trug einen einfachen Rock, der ihr bis zu den Füßen reichte, und eine Kittelbluse. Er war ähnlich angezogen, nur hatte er den Rock mit einer langen Hose vertauscht. Sein Arm lag um die Schultern des jungen Mädchens. Sie hatte ihren Kopf gegen ihn gelehnt, die beiden redeten beim Gehen, und ich hörte von ihnen nichts.
Sie waren Geister, die das Haus, in dem ich mich befand, passierten und dort hingingen, wo Bill und ich hergekommen waren und sich auch das Straßenschild befand.
Als sie es erreichten, geschah etwas Gespenstisches. Plötzlich lösten sie sich auf und waren verschwunden. Von einer Sekunde zur anderen sah ich sie nicht mehr.
Eine Erklärung wußte ich nicht, ich mußte mich einfach mit den seltsamen Tatsachen abfinden, drehte den Kopf, blickte nach rechts, in die entgegengesetzte Richtung und hatte für einen Moment freie Sicht. Da sah ich das Pärchen wieder.
Sie befanden sich auf meiner Seite und gingen den Weg, den sie schon einmal gekommen waren.
Ich dachte nach, und plötzlich wurde mir klar, was das zu bedeuten hatte. Der Vorgang würde sich immer wiederholen, es gab kein Ende, es gab nur ein Beginnen. Nicht nur das Paar, auch die anderen Menschen würden permanent das Reiche tun, weil sie einfach innerhalb eines dämonischen Kreislaufs steckten, aus dem sie bisher keiner befreit hatte.
Ein Relativitätswunder, ein Zeitphänomen? Ich wußte es nicht, auf jeden Fall ein magisches, und ich dachte auch an einen Fall, der mich vor gut einem Jahr in ein einsam stehendes Haus geführt hatte, in dem ein Horrorfilm gedreht worden war.
Da hatte ich etwas Ähnliches erlebt. Da waren auch Geister erschienen, die sich wie normale Menschen gaben, die man als Menschen jedoch nicht anfassen konnte. [3]
War es hier ebenso?
Ich brauchte mir darüber keine weiteren Gedanken zu machen, ich wollte selbst zusehen, daß ich einen Erfolg erreichte, und das schaffte ich nicht, wenn ich hier blieb und weiterhin nur aus dem Fenster starrte. Ich duckte mich, zog den Kopf wieder zurück und durchquerte das Zimmer. An dem zerstörten Skelett ging ich vorbei und fragte mich, ob die Menschen auf der Straße nur Geistererscheinungen gewesen waren oder ebenso reagierten wie die alte Frau, die sich unter meinem Griff einfach aufgelöst hatte.
Fragen, auf die ich mir wohl nur durch Eigeninitiative eine Antwort geben konnte.
Ich erreichte die Treppe des düsteren Hauses und schritt die Stufen hinunter. In den letzten Minuten hatte ich überhaupt nicht mehr an meinen Freund gedacht, deshalb rief ich nach ihm, doch er meldete sich nicht.
Mein Herz klopfte plötzlich schneller.
Ich beschleunigte meine Schritte, brachte die Treppe hinter mich und schaute in einen schmalen, leeren Flur.
Bill Conolly war verschwunden!
***
Natürlich machte ich mir die größten Vorwürfe. Ich hätte Bill nicht allein lassen sollen, nicht in dieser verdammten Welt, in der alles so anders war, aber jetzt gab es kein Zurück mehr, ich konnte Bill auch nicht herbeizaubern. Er blieb verschwunden.
Zweimal noch rief ich seinen Namen, ohne eine Antwort zu bekommen, und allmählich wurde mir mulmig zumute. Hatte Bill freiwillig das Haus verlassen, oder war er entführt worden? Beides konnte zutreffen, deshalb beschloß ich, das Haus erst einmal zu durchsuchen. Oben hatte ich mich bereits umgesehen. Ich dachte daran, daß dieses Haus unter Umständen auch einen Keller besitzen konnte, dort wollte ich nachschauen.
An der Treppe schlich ich entlang. Griffbereit hielt ich das Kreuz und schußbereit die Beretta. Eine Hintertür sah ich nicht. Nur die Flurdecke wurde noch schiefer, sie neigte sich mir entgegen, so daß ich den Kopf einziehen mußte.
Meine Hoffnung wurde nicht erfüllt, denn ich entdeckte keine Kellertür. Nicht einmal eine Klappe oder eine Luke, durch die ich in die Tiefe steigen konnte, nur festgestampfter Boden.
Ich machte kehrt. Noch einmal rief ich den Namen
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