In dieser Straße wohnt die Angst
irgend etwas ihren Rhythmus störte, wurden sie aggressiv und drehten durch. Um das zu verhindern, mußte man alles so lassen.
Das soeben Erlebte - so schrecklich es auch gewesen war - hatte mir dennoch klargemacht, daß es für mich eventuell eine Chance gab, die Gegner zu erledigen. Ich brauchte nur ihren eingefahrenen Ablauf zu stören, um sie auszuschalten.
Im Moment war dies für mich keine Lösung, denn ich wollte das wahre Geheimnis dieser Straße ergründen.
Ich schaute dem Mann nach und sah, wie er sich wieder auflöste, um sofort am anderen Ende der Straße neu zu entstehen, damit er seinen Lauf von vorn beginnen konnte.
Seltsamerweise geschah dies auch mit den anderen Personen. Diejenigen, die den Wagen abräumten, taten das immer wieder. Sobald die Ladefläche leer war, wurde sie wieder aufgefüllt, und die Arbeit begann von vorn.
Eine schreckliche, gepenstische Monotonie, die über dieser düsteren Straße lag.
Ein paarmal holte ich tief Luft. Ich fand nicht mehr die Kraft, mich gegen alle zu stellen und wollte nur die Straße weiter erkunden. Zudem dachte ich an Bill Conolly. Ihn wollte und mußte ich finden, denn wenn ich daran dachte, daß auch er in den schrecklichen Kreislauf mit eingereiht wurde, sah ich schwarz. Langsam ging ich weiter. Ich passierte die Kinder, die sich weiter prügelten. Ich sah zwei Frauen zusammenstehen. Sie unterhielten sich, ohne jedoch ein Wort zu sagen, und ich entdeckte auf der gegenüberliegenden Seite eine alte Schänke, über deren Tür eine müde Glaslaterne schaukelte, hinter deren Scheiben kein Licht brannte.
Die Tür zur Schenke stand offen. Mein Blick fiel in den dahinterliegenden, ebenfalls sehr düsteren Gastraum. Schattenhaft sah ich die Umrisse der Zecher, und ich faßte mir ein Herz, als ich den Gastraum betrat.
Die Lautlosigkeit war erschreckend!
Dieser Vergleich hört sich zwar paradox an, jedoch in meinem Fall traf er zu.
Ich spürte die Aura des Unheimlichen, die alles in ihren Krallen hielt. Den Wirt, die Gäste, die an rohen Holztischen saßen, rauchten und tranken. Sie hoben die Gläser, setzten sie an, dann wieder ab, und das Spiel begann von vorn.
In einer Ecke wurde gespielt. Mit seltsamen roten Steinen, die ich nicht kannte, und hinter der Theke - sie verdiente diesen Namen eigentlich nicht, da sie aus einem einfachen Brett bestand, das links und rechts auf Holzfässern ruhte - stand der Wirt hinter einem gewaltigen Faß und zapfte Bier.
Es waren immer die gleichen Bewegungen, die er ausführte. Um mich kümmerte sich niemand, als ich mich der primitiven Theke näherte und nachschaute, ob auch Bier in die Krüge rann.
Das geschah nicht.
Sie waren bereits gefüllt. Und wenn die Reihe der Krüge voll stand, verschwand die Flüssigkeit, und das Spiel begann von vorn. Gleichmäßig, monoton…
Ich wartete einen Moment, nahm dann einen Krug in die Hand und kippte ihn.
Das Bier strömte aus, doch es berührte nicht den Boden. Es verschwand, bevor es Kontakt gehabt hatte.
Noch ein Rätsel…
Ich machte meine Runde. Auf Zehenspitzen ging ich. Ich wollte die anderen nicht stören, aber es kümmerte sich niemand um mich. Als Lebender schritt ich durch eine Geisterstadt.
Ein sehr makabres Schauspiel, das sich mir bot, und das ungute Gefühl verstärkte sich in mir. Hingekommen war ich. Fragte sich nur, wie ich diese Straße wieder verlassen konnte.
Und wenn - auch mit meinem Freund Bill?
Nachdem ich die Runde zweimal gemacht hatte, verließ ich das seltsame Gasthaus wieder und betrat die Straße.
Es hatte sich nichts verändert. Alles war wie zuvor. Die Männer luden den Wagen ab, die Frauen sprachen miteinander, ohne ein Wort zu sagen, und die Kinder prügelten sich.
Kein Laut war zu hören.
Mir kroch eine Gänsehaut über den Rücken. Sie bildete sich am letzten Wirbel und glitt langsam höher, bis sie meinen Hals erreicht hatte, so daß ich mich schüttelte.
Im Wilden Westen hatte man die Stepwalks vor den Häusern. Hier befand sich nur festgestampfter Lehm, über den ich weiterschritt. Ich wandte mich nach links. Bevor ich mich richtig auf die Suche nach meinem Freund Bill machte, wollte ich die Straße der Angst wenigstens einmal durchquert haben.
Ich mußte noch mehr von dieser unheimlichen, schaurigen Atmosphäre in mich aufnehmen, damit ich mich zum Teil mit der Straße und deren Bewohnern identifizieren konnte.
Schritt für Schritt näherte ich mich ihrem Ende. Trotz dieser schaurigen Monotonie war ich immer darauf gefaßt,
Weitere Kostenlose Bücher