In dieser Straße wohnt die Angst
irgendwelche Überraschungen zu erleben.
Darin täuschte ich mich nicht.
Die Überraschung gelang der anderen Seite. Und zwar erschien sie am Ende der Straße.
Dort bewegte sich etwas. Allerdings nicht in normaler Kopfhöhe, sondern weitaus größer, so hoch wie die Dächer der Häuser. Ich blieb stehen, denn ich spürte mit einemmal, wie sich nicht nur die Angst in dieser Straße ausbreitete, sondern auch noch etwas anderes hinzukam.
Ein unsichtbarer Gast weilte plötzlich zwischen den schiefen, uralten Häusern.
Das Grauen…
Ja, es war da, allgegenwärtig, und das seltsame, lautlose Leben um mich herum erstarrte plötzlich zu Bewegungslosigkeit. Die Menschen standen da wie Puppen.
Die beiden Kinder blieben ineinander verkrallt, der Mann, dessen Freundin ich erledigt hatte, ging nicht mehr weiter, und die Männer luden auch nicht mehr den Wagen ab.
Das alles hatte seinen Grund, denn er war gekommen. Der Herrscher dieser Stadt und Straße. Das unheimliche Skelett!
***
Es stand da wie eine Festung und nahm fast die gesamte Breite der Straße ein. In der Hand hielt es eine gewaltige Sense, und ich dachte plötzlich an einen Gegner, den ich längst erledigt hatte, der aber fast ähnlich ausgesehen hatte.
An den Schwarzen Tod!
Der allerdings war noch größer gewesen, und dieses Skelett vor mir sah auch anders aus.
Seine Knochen waren nicht pechschwarz, sie schimmerten nur dunkel violett, an einigen Stellen sah ich allerdings bleiche Flecken, dort hatte ihn das seltsame, von der Sonne abgestrahlte Licht nicht erreicht. Und noch etwas erkannte ich.
Das Skelett trug einen Umhang, ähnlich einer Tunika. Er reichte ihm von der Schulter bis zur Hüfte.
Hatte ich vorhin von dem Grauen gesprochen, das sich in der Straße ausbreitete, so mußte ich jetzt erkennen, daß es das Skelett war, das dieses Grauen ausströmte. In dieser Gestalt befand sich die Quelle des unheimlichen Gefühls, das auch an mir nicht vorbeigeglitten war. Wer war dieser Knochenmann? Hatte er einen Namen? Und wieso hatte er sich zum Herrscher dieser seltsamen Straße aufgeschwungen? Fragen, die mir auf der Zunge lagen, die ich allerdings nicht zu stellen wagte, denn ich wollte dem anderen die Initiative überlassen, denn sicherlich hatte er mich, den Eindringling, längst schon bemerkt. Eins jedoch war sicher.
Zum erstenmal sah ich das Skelett nicht. Ich glaubte fest daran, daß es seine knöchernen Klauen gewesen waren, die den Reporter Roger Wilkins in die andere Dimension geholt hatten.
Ich war zwar nicht durch dieses Wesen geholt worden, glaubte allerdings, daß mich der Knöcherne nicht verschonen würde, denn in mir sah er einen Feind.
Mein Blick schweifte weiter nach links, so daß ich auch die Sense sehen konnte. Mir war ein schrecklicher Verdacht gekommen, denn da sich Bill Conolly nicht in meiner Nähe aufhielt, konnte es gut sein, daß er dem Skelett in die knöchernen Klauen gelaufen und durch die Sense getötet worden war. Deshalb suchte ich nach dunklen Flecken auf dem ansonsten blanken Blatt.
Ich wurde positiv enttäuscht. Nichts an der Sense wies daraufhin, daß das Skelett damit einen Menschen getötet hatte. Der Stahl glänzte matt, was auch aus dieser Entfernung zu erkennen war.
Bisher hatte ich immer die Initiative ergriffen, jetzt sollte es mein Gegner tun.
Er zögerte nicht länger. Zuerst durchlief ein Schütteln seine gewaltige Gestalt, dabei bewegte sich die Sense sogar noch mit, und ich sah, wie ihre gefährliche Spitze zitterte.
Danach setzte sich das gewaltige, violett schimmernde Skelett in Bewegung.
Zuerst drückte es das linke Bein vor. Einen kleinen Schritt tat es, um mit dem rechten zu folgen. Es bewegte allerdings auch seine Arme, und zwar ähnlich wie ein Bauer, wenn er das Gras mit der Sense schneiden wollte.
Ziemlich flach über den Boden!
Flach? Meine Augen wurden groß, krampften sich zusammen, denn ich ahnte, was da kommen würde.
Der makabre Knochenmann räumte auf!
Ich glaubte ein Zischen zu hören, als die blanke Schneide der Sense nach unten fuhr und auch nicht gestoppt wurde. Sie fuhr in den Körper hinein. Es war ein Mann, den sie durchdrang. Am Rücken trat sie wieder heraus, und im nächsten Moment wurde der Mann hochgeschleudert, wobei er noch auf dem Sensenblatt steckte.
Kein Laut drang über seine Lippen. Er starb stumm, und nicht nur das, er löste sich, noch auf dem Sensenblatt steckend, auf. Die Reste rieselten als Staub zu Boden.
Das Skelett tötete seinen eigenen Diener.
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