In dunkler Tiefe sollst du ruhn: Mitchell & Markbys zwölfter Fall
ganz andere Dinge durch den Kopf gegangen. Jetzt wandte er sich wieder diesen Dingen zu. Niemand wusste, dass er sich mit Sonia zum Narren gemacht hatte. Er hatte die Zeichen falsch interpretiert, zugegeben. Er hätte schwören können, dass sie ihm schöne Augen gemacht hatte. Dann, ohne Vorwarnung, hatte sie ihr Verhalten geändert und die Schwer-zu-Kriegende gespielt. Ein richtiges Geschrei veranstaltet, als er versucht hatte, sich zu nehmen, wovon er geglaubt hatte, dass es ihm angeboten wurde. Sie war eine von diesen verdammten Frauen, die gerne neckten, aber dann nicht rüberkamen, und er hatte es ihr gesagt! Es war nicht seine Schuld. Er hatte nicht erkannt, was für eine Sorte sie war, das war alles. Das zeigt dir nur mal wieder, was du an Belinda hast, Derry, alter Junge. Wenigstens ist sie verlässlich. Er stapfte düster in Richtung der Ställe. Belinda hatte vermutlich etwas geahnt, aber sie hatte kein Wort zu der Geschichte gesagt. Genauso wenig wie er. Sie taten beide so, als wäre es nicht passiert. Verdammt noch mal, es ist schließlich auch nichts passiert! Auch gut. Auf dem Land hatte man genauso wenig Chancen, ein Geheimnis für sich zu behalten wie einen Elefanten zu verstecken. Außerdem hatte er sich ganz bestimmt nicht mit dem guten alten Hugh überwerfen wollen. Ein verdammt netter Kerl, dieser Hugh. Altmodische Vorstellungen von Landwirtschaft hatte er, das war Hughs Problem. Nicht, dass Derry oder Belinda sich eine konkurrierende Reiterfarm in der Nähe gewünscht hätten! Nein, das Problem bestand in dem verdammten Bullen, der gekommen war und herumgeschnüffelt hatte. Die Polizei hatte einen immer gleich im schlimmsten Verdacht. Er hätte zu gerne gewusst, was Belinda dem Bullen erzählt hatte. Es war eine klare Nacht. Selbst ohne die Sicherheitsbeleuchtung konnte er den ganzen Hof überblicken, durch das Tor und den Zufahrtsweg hinunter. Das Tor war fest verschlossen, bemerkte er. Falls Viehdiebe auf dem Gelände herumstreiften, dann hätten sie mit einiger Sicherheit das Tor aufgemacht, gleich als Erstes. Er blickte hinunter zur Straße. Kein Pferdeanhänger weit und breit. Wenn jemand vorhatte, die Pferde zu stehlen, wohin wollte er dann mit ihnen? Wegreiten? Meilenweit über das Land? Das Klappern der Hufe auf dem Asphalt hallte weit durch die nächtliche Stille. Wie es aussah, hatte Belinda, die ein Gehör wie ein Luchs hatte, die Pferde gehört, die in ihren Boxen gescharrt hatten.
»Wahrscheinlich das neue Tier«, murmelte er vor sich hin.
»Es ist in einem fremden Stall und unruhig. Es hat die anderen nervös gemacht.« Er hatte den Stall erreicht. Er klappte die Schrotflinte auf und hing sie über den Arm, während er an den Türen rüttelte. Keine war geöffnet worden. Er schob den Riegel der oberen Hälfte zurück und zog sie auf. Dann pfiff er leise in die warme, säuerlich riechende Dunkelheit. Ein Schnauben antwortete aus dem Innern, und eines der Ponys erschien im Dämmerlicht, neugierig, warum er um diese nachtschlafende Zeit kam und störte. Das Tier streckte den Kopf aus der Tür und versetzte Hayward einen sanften Stoß mit dem weichen Maul.
»Alles in Ordnung, alter Junge«, sagte Derry beruhigend und streichelte den Hals des Tiers.
»Du bist nicht der Einzige, der mitten in der Nacht unnötig aus dem Bett geholt wurde.« Er schob das Tier in die Box zurück und verschloss die Tür wieder. So viel dazu. Derry wandte sich um und trottete zurück in Richtung Haupthaus. Hinter ihm schaltete sich die Sicherheitsbeleuchtung aus. Da!, dachte er und stapfte durch die Dunkelheit weiter. War bestimmt nur ein Fuchs, weiter nichts! Er erreichte die Haustür, streckte die Hand danach aus und versetzte ihr einen Stoß. Sie schwang nach innen. Derry betrat den Hausflur und wurde sich im gleichen Augenblick einer dunklen Gestalt gewahr, die reglos am Fuß der Treppe stand.
»Belinda?«, sagte er.
»Du hast doch wohl hoffentlich nicht die Polizei gerufen? Draußen ist nämlich nichts zu …« Er kam nicht dazu, den Satz zu vollenden. Die Gestalt sprang ihn an, den Arm erhoben, und etwas Hartes, Kaltes krachte gegen Derrys Stirn. Er ging zu Boden wie vom Blitz gefällt. Die Schrotflinte fiel mit lautem Klappern auf den gefliesten Boden, und der kleine Tisch mit dem Telefon darauf stürzte um.
»Derry? Derry!«, rief seine Frau kreischend und kam die Treppe heruntergerannt, doch Derry Hayward hörte sie nicht mehr.
KAPITEL 13
DIE NACHRICHT, dass Derry Hayward angegriffen und ins
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