In einem anderen Land
sarkastisch.
«Ich weiß, wie ihr redet», sagte ich. «Aber solange ihr fahrt und euch anständig benehmt -»
«Und so redet, daß es kein anderer Offizier hört», beendete Manera.
«Ich finde, wir müssen durchhalten», sagte ich. «Es würde den Krieg nicht beenden, wenn man auf einer Seite zu kämpfen aufhörte. Es würde nur noch schlimmer, wenn wir aufhörten.»
«Es könnte nicht schlimmer sein», sagte Passini respektvoll. «Es gibt nichts Schlimmeres als Krieg.»
«Besiegt sein ist schlimmer.»
«Ich glaube nicht», sagte Passini noch immer respektvoll. «Was bedeutet besiegt sein? Daß man nach Hause kann.»
«Sie kommen euch nach. Sie nehmen euch euer Zuhause. Sie nehmen eure Schwester.»
«Ich glaube nicht», sagte Passini. «Das können sie schließlich nicht bei allen. Jeder sollte sein Heim verteidigen. Und die Schwestern sollten eben im Haus drin bleiben.»
«Sie hängen euch. Sie kommen und ziehen euch wieder zum Kommiß ein. Nicht zum Kraftwagen-Sanitätsdienst, sondern zur Infanterie.»
«Man kann nicht alle hängen.»
«Ein fremder Staat kann einen nicht zwingen, Soldat zu sein», sagte Manera. «In der ersten Schlacht läuft alles davon.»
«Wie die Tschechen.»
«Ich glaube, ihr habt keine Ahnung davo n, wie es ist, wenn man besiegt ist, und darum meint ihr, es sei nicht so schlimm.»
«Signor Tenente», sagte Passini, «wir nehmen an, daß wir frei von der Leber weg reden dürfen. Hören Sie zu. Es gibt nichts Schlimmeres als Krieg. Wir bei den Kraftwagen-Sanitätern können uns noch gar nicht einmal vorstellen, wie schlimm es ist. Wenn es Menschen klar wird, wie furchtbar es ist, können sie nichts mehr dagegen tun, weil sie verrückt werden. Es gibt Leute, denen es nie klar wird. Es gibt auch Leute, die haben Angst vor ihren Offizieren. Und mit denen wird Krieg gemacht.»
«Ich weiß, daß es schlimm ist, aber wir müssen durchhalten.»
«Es gibt kein Ende. Für einen Krieg gibt es kein Ende.»
«Doch, das gibt es.»
Passini schüttelte den Kopf. «Kriege gewinnt man nicht durch Siege. Was ist schon, wenn wir den Carso erobern und Monfalcone und Triest? Wo sind wir dann? Haben Sie heute all die fernen Berge gesehen? Glauben Sie, daß wir auch die alle erobern werden? Nur wenn die Österreicher zu kämpfen aufhören. Auf einer Seite muß das Kämpfen aufhören. Warum hören wir nicht auf? Wenn sie runter nach Italien kommen, werden sie bald die Sache satt haben und wieder abziehen. Sie haben ihr eigenes Land. Aber nein, statt dessen ist Krieg.»
«Du bist ein Redner.»
«Wir denken. Wir lesen. Wir sind keine Bauern. Wir sind Handwerker. Aber selbst die Bauern sind nicht so dumm, sich was vom Krieg zu erwarten. Alle hassen diesen Krieg.»
«Es gibt eine Klasse, die ein Land regiert, die dämlich ist, und die niemals etwas begreifen wird, auch in Zukunft nicht. Und deshalb haben wir Krieg.»
«Außerdem verdienen sie daran.»
«Die meisten nicht», sagte Passini. «Sie sind zu dumm. Sie tun's umsonst. Aus Dummheit.»
«Wir müssen die Klappe halten», sagte Manera. «Wir reden selbst für den Tenente zuviel.»
«Er mag's gern», sagte Passini. «Wir werden ihn noch überzeugen.»
«Aber jetzt wollen wir Schluß machen», sagte Manera.
«Ob's wohl was zu essen gibt, Tenente?» fragte Guvuzzi.
«Ich werde mal nachsehen», sagte ich. Gordini stand auf und ging mit mir hinaus.
«Kann ich irgendwas tun, Tenente? Kann ich vielleicht etwas helfen?» Er war von den dreien der friedlichste. «Wenn du willst, kannst du mitkommen», sagte ich. «Wir wollen mal sehen.»
Draußen war es dunkel, und der lange Strahl der Scheinwerfer bewegte sich über den Bergen. An dieser Front gab es große Scheinwerfer, die auf Lastwagen aufmontiert waren, an denen man manchmal nachts auf der Straße dicht hinter den Linien vorbeikam; der Lastwagen hielt ein bißchen abseits von der Straße, ein Offizier dirigierte das Licht, die Mannschaft war verängstigt. Wir überquerten den Hof der Ziegelei und blieben beim Hauptverbandsplatz stehen. Über dem Eingang war ein kleines Schutzdach von grünen Zweigen, und im Dunkel raschelte der Nachtwind in den Blättern, die die Sonne ausgedörrt hatte. Drinnen war Licht. Der Major saß auf einer Kiste am Telefon. Einer der Oberärzte sagte, daß der Angriff um eine Stunde vorverlegt sei. Er bot mir ein Glas Cognac an. Ich betrachtete die Brettertische, auf denen Instrumente, Schüsseln und verstöpselte Flaschen im Licht glänzten. Gordini stand hinter
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