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In einem anderen Land

In einem anderen Land

Titel: In einem anderen Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
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einer schmalen Wasserrinne durchzogen waren, und manchmal breitete sich das Wasser wie ein Schimmer über das Kiesbett. In der Nähe des Ufers sah ich tiefe Stellen mit Wasser so blau wie der Himmel. Ich sah Steinbrücken, die sich über den Fluß wölbten, wo Wege von der Straße abzweigten, und wir kamen an niederen Steinmauern in den Feldern und an steinernen Bauernhäusern vorbei, an deren Südwänden Birnbäume wie Kandelaber ihre Äste emporreckten. Die Straße führte ein langes Stück das Tal hinauf, und dann bogen wir ab, und es ging hin und her durch Kastanienwälder, um schließlich auf einem Grat ein Stückchen eben zu laufen. Ich konnte durch die Wälder hinunterblicken und konnte weit unten die von der Sonne beschienene Flußlinie, die die beiden Armeen voneinander trennte, sehen. Wir fuhren auf der unebenen neuen Militärstraße weiter, die am Grat entlanglief, und ich sah im Norden die beiden Bergketten, bis zur Schneegrenze grün und dunkel und dann weiß und strahlend in der Sonne liegen. Dann sah ich, als der Weg am Grat emporstieg, eine dritte Bergkette, höhere Schneeberge, kreideweiß und gefurcht mit seltsamen Ebenen, und dann waren Berge noch weit jenseits von diesen, von denen man kaum sagen konnte, ob man sie wirklich sah. Das waren alles österreichische Berge, und bei uns gab es nichts Ähnliches. Vor uns zweigte eine Straße in einer Windung nach rechts ab, und als ich durch die Bäume hinabsah, sah ich, wie die Straße bergab führte. Auf dieser Straße waren Truppen und Lastautos und Maultiere mit Gebirgsgeschützen, und als wir, immer links haltend, hinunterfuhren, konnte ich weit unten den Fluß sehen, die Reihen von Schwellen und Gleisen, die an ihm entlangliefen, die alte Brücke, auf der die Eisenbahn auf die andere Seite hinüberfuhr und drüben unter einem Hügel, jenseits des Flusses, die zerstörten Häuser der kleinen Stadt, die erobert werden sollte.
    Es war beinahe dunkel, als wir herunterkamen und auf die Hauptchaussee einbogen, die am Fluß entlangführte.

09
    Die Straße war überfüllt. Man hatte Schutzwälle aus Maisstengeln und Strohmatten zu beiden Seiten errichtet und Matten oben darüber gelegt, so daß sie wie der Zugang zu einem Zirkus oder einem Eingeborenendorf aussah. Wir fuhren langsam in diesen mattenbedeckten Tunnel und kamen auf einem kahlgeräumten Platz heraus, wo der Bahnhof gewesen war. Die Straße lief hier unter dem Niveau des Flußufers, und die ganz tief liegende Straße entlang hatte man Löcher in die Uferböschung gegraben, in denen Infanterie lag. Die Sonne war im Untergehen, und als ich beim Fahren längs der Uferböschung hinaufblickte, sah ich die österreichischen Beobachtungsballons über den Hügeln auf der anderen Seite dunkel gegen den Sonnenuntergang. Wir parkten die Wagen jenseits einer Ziegelei. Die Öfen und einige tiefe Löcher waren als Verbandsplatz eingerichtet. Dort waren drei Ärzte, die ich kannte. Ich sprach mit dem Stabsarzt und erfuhr, daß, wenn es losginge und unsere Wagen voll beladen wären, wir sie durch die Straße mit den Schutzwänden zurück zur Hauptstraße hinauf und am Grat entlangfahren sollten, wo ein Posten war und andere Wagen, um uns die Verwundeten abzunehmen. Er hoffte, daß es auf der Straße nicht zu einer Stockung kommen würde. Es war eine eingleisige Angelegenheit. Die Straße war mit Schutzwällen versehen, weil die Österreicher sie vom jenseitigen Ufer sehen konnten. Hier in der Ziegelei waren wir gegen Geschütz- und Maschinengewehrfeuer durch das Flußufer gedeckt. Eine einzige zerstörte Brücke führte über den Fluß. Man wollte eine zweite Brücke hinüberschlagen, sobald die Schießerei losging, und einzelne Truppen sollten an den flachen Stellen, oberhalb der Flußbiegung, den Strom überqueren. Der Stabsarzt war ein kleiner Mann mit emporge zwirbeltem Schnurrbart. Er hatte den Krieg in Libyen mitgemacht und trug zwei Verwundetenabzeichen. Er sagte, er wolle, falls alles gutginge, dafür sorgen, daß ich einen Orden bekäme. Ich sagte, hoffentlich würde es gutgehen, aber er wäre zu gütig. Ich fragte ihn, ob es einen großen Unterstand gäbe, wo sich die Fahrer aufhalten könnten, und er gab mir einen Soldaten mit, um ihn mir zu zeigen. Ich ging mit ihm und fand den Unterstand, der sehr gut war. Die Fahrer waren zufrieden damit, und ich ließ sie dort. Der Stabsarzt lud mich ein, mit ihm und zwei anderen Offizieren etwas zu trinken. Wir tranken Rum, und es ging sehr freundschaftlich zu.

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