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In einem Boot (German Edition)

In einem Boot (German Edition)

Titel: In einem Boot (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Rogan
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wollte irgendetwas unternehmen, um die Stimmung im Boot zu beruhigen, damit wir wieder zu dem Punkt zurückkehren konnten, an dem wir waren, bevor Mrs Grant Mr Hardie anklagte. Natürlich war es närrisch von mir, denn was hätte ich tun können? Ich konnte mich doch nicht allein all den anderen entgegenstemmen und den Abgrund überbrücken, der sich zwischen uns aufgetan hatte und drohte, uns alle zu verschlingen!«
    »Also plädieren wir auf nicht schuldig!«, rief Mr Reichmann und schlug sich mit der flachen Hand auf die Oberschenkel. Ihn so vergnügt zu sehen, machte mich auf eine merkwürdige Art und Weise glücklich, aber mein Glück wurde von dem Gefühl getrübt, dass ich mich wieder im Boot befand, dass ich wieder eine Wahl traf, ohne die Konsequenzen meiner Entscheidung absehen zu können. Doch dieser Eindruck verflüchtigte sich rasch und voller Ruhe und Zuversicht betrat ich den Gerichtssaal. Ich war froh, dass ich nichts weiter zu tun brauchte, als mich zurückzulehnen und Mr Reichmann seine Arbeit machen zu lassen.
    Während des folgenden Herbstes und Winters schmuggelte Mr Glover immer wieder Zeitungsberichte über den Untergang der Zarin Alexandra in meine Zelle. Einmal brachte er mir eine vollständige Liste der Überlebenden, und obwohl sich Hardies Name nicht darauf befand, waren wir uns einig, dass dies nichts zu bedeuten hatte, wenn jemand nicht gefunden werden wollte. Ein anderes Mal bekam ich einen Artikel zu lesen, in dem es um die Mannschaft des gesunkenen Schiffes ging. Der Bericht beschäftigte sich hauptsächlich mit Captain Sutter, der die meisten seiner zweiundvierzig Lebensjahre auf See verbracht hatte und eine Frau und zwei Töchter hinterließ. Gerade als sich mein Herz vor Mitgefühl zusammenkrampfte, sprang mir der Name Brian Blake ins Auge, der ein paar Zeilen weiter unten auf der Lauer gelegen hatte. Ich bat Mr Glover um Papier und Bleistift und versprach ihm, ihn nicht zu verraten, falls die Aufseherin beides bei mir finden sollte. Als er gegangen war, starrte ich so lange auf den Absatz, den ich aus dem Artikel abgeschrieben hatte, bis ich zum Abendessen gerufen wurde.
    Captain Sutter war wie ein Vater für seine Mannschaft. »Wenn man aufrichtig zum Kapitän war, dann war er auch aufrichtig zu dir«, sagte William Smith, Offizier auf der Zarin Alexandra und eines der wenigen Mannschaftsmitglieder, die überlebt hatten. »Andererseits war er auch kein Mann, mit dem man gerne Streit haben wollte.«
    Smith erinnerte sich, wie ein anderer Offizier namens Brian Blake vor ein paar Jahren in London wegen Hehlerei verhaftet worden war. »Captain Sutter hat alle Hebel in Bewegung gesetzt, um Blake von dem Verdacht reinzuwaschen und zu beweisen, dass alle Indizien auf einen ganz anderen Verdächtigen schließen ließen. Es zeigt, was für eine Art Mann der Kapitän war, denn als der wahre Schuldige seine gerechte Strafe verbüßt hatte und aus dem Gefängnis entlassen wurde, bot Captain Sutter ihm eine Heuer auf dem Schiff an«, sagte Smith.
    Es kam mir keine Sekunde der Gedanke, dass dieser namenlose Mann vielleicht jemand anderer gewesen sein könnte als John Hardie. In dieser Nacht lag ich wach und versuchte, die Zusammenhänge zwischen der Geschichte von William Smith und dem zu finden, was ich bereits über Hardie und Blake wusste. Hatte es wegen eines Vorfalls, bei dem Hardie für Blakes Missetat hatte büßen müssen, böses Blut zwischen den beiden gegeben? Oder hatten die Männer unter einer Decke gesteckt und Blake war der Glückliche, der entkommen konnte, während Hardie gefangen wurde? Und wenn sie in der Vergangenheit Partner gewesen waren, hatten sie dann vielleicht auch gemeinsam eine Kiste mit Gold aus dem Tresorraum der Zarin Alexandra entwendet? Ich wusste aus eigener Anschauung, dass Blake einen Schlüssel zu diesem Raum besaß, aber er hätte die Kiste niemals allein tragen können. Wenn die beiden Männer so weit vom Funkraum entfernt beschäftigt gewesen waren, konnten sie nicht wissen, dass das Gerät defekt gewesen war und daher kein Notsignal hatte gesendet werden können. Dies würde erklären, warum beide zögerten, den Ort des Untergangs hinter sich zu lassen. Schließlich fragte ich mich, ob sie das Gold auf eigene Rechnung in Sicherheit bringen wollten oder auf Befehl von jemand anderem. Nachdem ich eine Weile darüber nachgedacht hatte, entschied ich, dass ich es ihnen nicht verübeln konnte, wenn sie das Gold tatsächlich hatten stehlen wollen.
    Kurz nach

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