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In einem leuchtend schoenen Land

Titel: In einem leuchtend schoenen Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minouche Moser
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noch die kleinen Preise der Mahlzeiten punkteten. Nach drei Wochen kulinarischer Wiederholung konnte Andreas das Fett nicht mehr riechen und spürte unerbittlich jede Spur von Kokosnuss im Essen auf: Stur lehnte er alle Nahrungsmittel ab, in welche ich diese gehaltvolle Nuss hineingeschmuggelt hatte.
    „Bedenke“, rechtfertigte er seine Abneigung einmal, „dass mehr Menschen auf der Insel an den Folgen einer abgestürzten Kokosnuss sterben als an einem Schlangenbiss!“ Ich musste zugeben, es ware in Argument, das ich selbst schon einmal aufgefahren hatte – was es allerdings nicht unbedingt schlüssiger machte. Mit jenem Argument brachte ich in sehr regelmäßigen Abständen einen Kokosnusspflücker auf unsere Hauspalme, damit er von dort oben die Kokosnüsse nach meinem Terminkalender fallen ließ, bevor jene einen zufällig vorbeiwandernden Kopf für ihren Abstieg nutzten. Die Fußgelenke mit einem Strick lose verbunden, robbte der Pflücker mit uns fünf Zuschauern im Rücken die sechs Meter palmauf, klammerte sich mit den Oberschenkeln an den Stamm und warf die Kokosnüsse ab. Den Ertrag der Expedition in die Palmenblätter überließ ich unserem Hausmädchen Jasinta und der srilankischen Nachbarschaft, die jene ausschlachteten:
    Die Milch wurde verkocht oder getrunken, das Fleisch geraspelt und dem Essen beigefügt; Ol und Essig aus ihr gewonnen und manch einer brannte sich mit ihr einen Arak, den Inselschnaps. Die Schale wurde als Trink- und Essgefäß benutzt, die haarige Hülle für ein paar Rupien an Fabriken verkauft, was dort zu Allerlei weiterverarbeitet wurde. Aus den Palmblättern woben sie ihre Hauswände und Dächer, stellten Körbe, Teppiche und Sonnenhüte her – die Kokosnuss, sinnierte ich eines Tages laut, war für den Sri-Lanker das, was der Büffel einst für den Indianer gewesen sein musste. Aber der Büffel beeindruckte meinen Mann nicht, er hatte sich am sri-lankischen Büffel überessen, wie auch Reis, Curry und die Schärfe ihm zuviel geworden war und er verlangte meine gemäßigte Küche zurück. Jene war aber in der alten Form nicht mehr möglich und mich belastete besonders die Restriktion in Sachen Reis, der auf Sri Lanka allgegenwärtig war und als Grundnahrungsmittel in keiner Malzeit fehlen durfte; als Korn oder Mehl wurde es dreimal täglich aufgetischt, was mir strikt untersagt war. Manch einer war in Sri Lanka schon auf den Reisgeschmack gekommen, nur nicht mein Mann, der war durch die ewige Wiederholung vom Geschmack abgekommen. Reis konnte ich ihm höchstens noch als Risotto verkaufen und die Beilagen sollten das Scharfe nur in Maßen, auf keinen Fall in Massen enthalten.
    „Und überhaupt ist Chili“, zitierte mein Mann selbstgefällig, „ein von den Portugiesen importiertes Gut. Ursprünglich sorgte der traditionell angebaute schwarze Pfeffer für den scharfen Einschlag der Gerichte, was mir persönlich besser munden würde!“
    Argumentativ war somit Chili und die Kokosnuss aus der Küche ausgewiesen, für den Reis fehlte das schlagende Argument und ich machte ihn darauf aufmerksam, dass Reis nicht zwingend wie Reis schmecken musste, ja weltweit über hundert Reissorten angebaut wurden und es Sinn machte, bei der Nahrungsaufnahme auf alles zurückzugreifen, was keine langen Wege zurückgelegt hatte. Über dreißig Sorten, dozierte ich, würden in Sri Lanka angebaut und ich zeigte mich zuversichtlich, dass bei dieser Vielfalt eine Geschmackrichtung für seinen Gusto heraussprang, Alternativen für Risotto gefunden werden konnten. Sein lang anhaltendes Schweigen deutete ich als Zustimmung und steckte bei meinem nächsten Marktbesuch meine Nase in die weißen, hohen Jutesäcke (die leider immer mehr von der Kunststoffversion abgelöst werden), aus denen das asiatische Grundnahrungsmittel über den Rand quoll. Mein Reisstudium ergab, dass die Körner sich nicht nur in Form unterschieden, sondern dass einige sogar eine eigene Duftnote abbekommen hatten. Einst importierten die Araber Jasmin und Rosenwasser und parfümierten damit den Reis. Die Sorte Basmati wiederum stammte aus Indien; Langkorn, Rundkorn; wilder oder roter Reis: mein Streifzug durch die Reisauswahl war ergiebig und ich entschied mich für den als gesund gelobten, roten Reis, den ich gleich auf Vorrat einkaufte.
    Zuhause sortierte ich die Käfer aus und wusch eine handvoll, steckte ihn in kochendes Salzwasser und wandte mich den anderen Gerichten zu. Der aus dem Topf steigende Wasserdampf breitete sich

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