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In einem leuchtend schoenen Land

Titel: In einem leuchtend schoenen Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minouche Moser
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Büffeljoghurt, und hielten sich in der Ernährung sehr stark an die Vorgaben der Ayur-veda. Wer ayurvedisch lebte, unterlag je nach Konstitution wieder anderen Essensregeln. Außerdem gab es noch die im Osten angesiedelten Moslems, die kein Schweinefleisch essen durften – die vorherrschenden, religiösen Verbote verwirrten mich streckenweise und brachten mich beim Einkaufen in ein Dilemma, wollte ich den Respekt vor den verschiedenen Lebensweisen wahren. Nach reiflicher Überlegung rechtfertigte ich mein Verlangen nach Fleischigem damit, dass ich ja keiner Religion unterläge. Trotzig kaufte ich im Einkaufszentrum ein Stück der heiligen Kuh und legte noch Schweinefleisch obenauf, erhielt als Strafe mein erstes Stück frisch eingekauftes und bereits verwesendes Schweinefleisch. Die Kuh wiederum war zäh wie Leder und bedeutete harte Arbeit für die Kauenden, hätte erst lange in Olivenöl eingelegt werden müssen, was wiederum auf der Insel nur zu Wucherpreisen und meist einen Hauch ranzig erhältlich war. Bald wich ich vom Kaufhaus auf die Straße aus, wo in einem Bretterverschlag frisch Geschlachtetes an einem Haken baumelte, von Fliegen umschwärmt und in der Hitze flimmernd ein hupendes, stinkendes Verkehrschaos an Getöteten vorüber zog. Eine sinnvolle Alternative zu den Einkaufszentren, wo das Schlachtgut ungekühlt angeliefert wurde, tagsüber in der Vitrine auslag und wenn es zum Ladenschluss noch nicht verkauft worden war, eingefroren wurde – um am nächsten Tag wieder aus dem Eis gezogen und ins Frischfleisch gelegt zu werden. Irgendwo dazwischen lag die Verwesung und hatte aus mir eine Stammkundin am Straßenrand um die Ecke werden lassen.
    Zunehmend griff ich in meinem Fleischdilemma auf den Fisch zurück, der nicht erst fachgerecht abgehangen werden musste, sondern frisch direkt vom Boot gekauft werden konnte. Ein interessantes Merkmal von wirklich frischem Fisch war der „warme Fisch“. Jener war, anders als der von der Sonne Erhitzte, noch warm und nicht erst warm geworden, hatte kürzlich warm im Meer geplanscht. Davon animiert organisierte Andreas einen Angler, der mit einer Rute und einer dürftig daran geknoteten Schnur Fischiges an Land zog, Muscheln von den Riffen klaubte oder in einer windigen Holzschale übers Riff ins Meer glitt und weit draußen sein Netz auswarf. Was er nicht verkaufte, kochte er in einem Wok, den er auf drei Backsteine legte, im Hohlraum ein Feuer legte und Gefangenes dort kochte.
    Die Alternative zu unserem Fischer war der Fischmarkt, wo täglich Scampis, Tintenfische, Muscheln, Thunfische, Searfische oder Haifische in die Auslage gerieten und um den es sich ab vier Uhr morgens turbulent staute. Fahrräder und Motorräder mit aufgesetzter Styropor-, Holz- oder Plastikkiste standen kreuz und quer in der Straße und blockierten den Berufsverkehr, während deren Fahrer am Markt um den Fisch feilschten. Busse und Lastwagen lenkten sich derweil um die Zweiradparkplätze und die Männer und Frauen herum, die auf der Fahrbahn und mitten im Fischgeruch auf Tüchern saßen und monoton für die Vorzüge von T-Shirts, Shorts, Sarongs und Saris warben. Die davoneilenden Zweiradfahrer wiederum verkauften nicht vor Ort, sondern brachten die leicht verderbliche Fracht in ortsansässige Hotels und Restaurants. Einige legten das Erfeilschte in ihrem Aufsatz auf Eis und fuhren mehrere Stunden, tropften fischige Spuren bis tief ins Landesinnere, wo sie am Verkauf ein paar Rupien verdienten. Froh, nicht auf den weit gereisten Fisch angewiesen zu sein, tropfte unser Einkauf herrlich frisches Meerwasser auf das Schneidebrett und wurde mit Ingwer, Tomaten, Koriander, Petersilie und dem einen oder anderen Curryblatt gestopft und mit Kartoffeln, Reis und Gemüse serviert: Ich kochte eine wilde Mischung aus Inselküche und europäischer Esskultur.
    Mit meiner Mischtechnik in der Küche führte ich fort, was die Insel über die Jahrhunderte kulinarisch geprägt hatte. Erst waren die Araber, dann die Portugiesen, die Holländer und schließlich die Engländer nach Sri Lanka gekommen und hatten neben ihrer Befehlsgewalt kulinarische Eigenheiten mitgebracht, vermengten jene mit Inselüblichem. Auf diese Weise hatten sich nicht mehr wegzudenkende Zutaten in Sri Lanka einquartiert, wie zum Beispiel der von meinem Mann beanstandete und von den Portugiesen eingeführte Chili. Hinzu kamen Tomaten und Mais, was wiederum meinem Mann gefiel; die Holländer brachten Kuchenrezepte mit und die Engländer

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