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In einem leuchtend schoenen Land

Titel: In einem leuchtend schoenen Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minouche Moser
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Stück Kultur, welches ich aus Sri Lanka mitnehme!“, rechtfertigte ich meine wesensfremde Anwandlung und dachte sicherheitshalber nicht weiter über seine Bedenken nach.
    Am ersten Tag und die nächsten sechs Monate quälte ich mich zwei- bis dreimal wöchentlich durch Colombos Verkehrschaos. Ich passierte bewaffnete Straßenblockaden und schlängelte mich unerschrocken um mögliche Selbstmordattentäter; nahm all das auf mich, damit mir ein ayurvedisch studierter Arzt eine Lektion in Sachen Ayurveda verpassen konnte.
    Die Lektion kriegte ich in einem ayurvedischen Krankenhaus. Dem werten Leser könnte jetzt das Bild einer an endlosen, weißen Sandstränden, von Palmen eingerahmt, in meditative Musik getaucht und von heilenden Düften durchwobene Gesundheitsoase vorschweben. An jenem Bild werde ich nun hier und da einige Änderungen anbringen müssen. Meine Gesundheitsoase zierten weder Palmen, noch lag es am Strand und überhaupt war es nicht mit Überfluss dekoriert, sondern ausschließlich mit dem Nötigsten eingerichtet: Es gab Krankenzimmer mit einem Bett und einem Fenster, mehrere Unterrichts- und gleichzeitig Behandlungszimmer, Massageliegen, Klappstühle, Wandtafeln und mit Glück auch Kreide dazu. Zur Krönung lehnte das Gebäude an einem vierspurigen Straßendesaster und wuchs in Beton zwei Geschosse bergauf. Das ayurvedische Krankenhaus musste nicht den Ansprüchen des Touristen mit dem teuren Geschmack genügen, sondern dem Portemonnaie der lokalen Bevölkerung, die es sich schließlich leisten können musste.
    Auf meiner ersten Fahrt in die Welt der Ayurveda schoss ich glatt am Gebäude vorbei und musste umdrehen, was mich unter dem lautstarken Hupprotest der Mitstreiter auf Colombos Kampfplatz Straße einige Minuten Zeit und reichlich Nerven kostete. Mein Vehikel parkte ich dann unter Anleitung des Einweisers in Millimeterarbeit in den Innenhof ein. Den Pfeiler, den ich touchierte, hatten wir beide übersehen, als wir in höchster Konzentration die rechte Karosserieseite an der Mauer vorbeijonglierten, dabei die Linke, ebenso einweisungspflichtige Seite vernachlässigten. Trotz der diversen Zwischenfälle kam ich eine Stunde zu früh, mein Arzt hingegen eine halbe Stunde zu spät. So standen mir fortan neunzig Minuten Zeit zur Verfügung, in denen ich am Krankenhausalltag teilnehmen konnte.
    Eine feingliedrige Dame in Sari führte mich in einen Vorraum, der über den Charme unserer Garage verfügte. Ich richtete mir einen der Klappstühle ein, warf ein nicht ganz sauberes Stück Stoff über eine baufällige
    Schreibtischplatte und überließ mich meinen Gedanken. Jene wurden von Arbeiten gestört, die gegen die abblätternde Wandbemalung vorgehen sollten. Allerdings beschäftigte meine weiße Haut die Maler weitaus mehr als das Weiß, welches sie auf die Wand klatschten. Die Bemalung war entsprechend dürftig, schien aber durchaus zu ihrer Zufriedenheit ausgefallen zu sein, als sie bedauernd zur nächsten Wand und Raum übergingen und mich aus den Augen verloren. Auch die Leiden der im Hospital einquartierten Kranken waren mir bald geläufig, da jene nur eine Tür vom Schulzimmer entfernt ayurvedisch heilten. Für die Toilette und frische Luft mussten die Einquartierten an mir und meiner Sensationslust vorbei. Ich notierte jede absonderliche Gangart oder Hautschürfung und befragte später meinen persönlichen Halbgott betreffend einer möglichen Linderung oder gar Genesung.
    In meiner Wartezeit stieg ich treppauf-treppab und besichtigte besonders häufig die Toilette. Zu diesem Anlass schlüpfte ich in meine Flip-Flops, rutschte anfangs noch einige Male auf dem nassen Boden aus und dachte aus gegebenem Anlass nicht weiter darüber nach, ob es sich bei dem Rutschigen tatsächlich nur um Wasser handelte. Mein Hinterteil schwebte über dem Klosett, welches weder über eine Auflage, noch eine ordentliche Sitzgelegenheit verfügte. Das geflieste Loch ließ nichts anderes als den Schwebezustand zu! Das Toilettenpapier brachte ich von Zuhause mit, die Hände wusch ich mit einem der Nasstücher, die seit Jahren in meiner Handtasche auf ihren Einsatz gewartet hatten. Meine Warterei brachte mir Gespräche mit den Ärzten und Studenten ein, die regelmäßig durch mein Klassenzimmer und mein Lernen strömten und ich fühlte mich binnen kurzem mehr als zugehörig. Am Höhepunkt meines Wohlbehagens packte ich Butterbrote und einen Apfel aus, die ich zum Mittagessen vertilgte, bröselte Krümel auf Tisch, Papier

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