In einem leuchtend schoenen Land
ein. Drei Doshas auf die Menschheit umlegen – das konnte ja wohl nicht so schwer sein.
Irrtum!
„Alle drei Doshas sind in jedem Menschen vorhanden, allerdings nie gleichmäßig. Ein oder zwei Doshas bilden ein Übergewicht und diese ganz persönliche Aufteilung der Doshas bestimmt die Konstitution eines Menschen.“
Mir entwischte ein Gähnen und ich ertappte mich dabei, wie ich abwesend auf den runden Rücken und die Hand starrte, welche ausschweifend Gesagtes mit bunter Kreide auf eine Wellen schlagende Wandtafel warf. Die eintretende Lethargie bekämpfend öffnete ich mein Notizbuch und kritzelte in blau „5 Elemente“ hinein, fügte in rot „Raum, Luft, Feuer, Wasser und Erde“ hinzu, holte mir einen grünen Stift und notierte die drei Doshas „ Vata, Pitta und Kapha“ darunter. Im Schlussakt führte ich in dicken Balken den Doshas ihre Elemente zu und betrachtete zufrieden mein Werk.
„Die Konstitution, der wir angehören, muss vor der Behandlung bestimmt werden. Entsprechend der Konstitution sucht der Masseur die auf die jeweiligen Doshas abgestimmten Öle aus, sucht die passende Temperatur und die Art und Weise der Massiertechnik aus.“ Möglichst unauffällig sah ich an meinem windigen Äußeren herunter, wollte auf einen Blick mein ganz persönliches Dosha festmachen. Auf Anhieb konnte ich kein augenscheinliches Merkmal zum Element finden, welches für mich zuständig war, und versuchte es tiefer in der Versenkung. Das Versenken in mein Innerstes gelang mir nur oberflächlich und hörte spätestens am Sprachrohr auf, worüber ich alles, das sich in meinem Bewusstsein regte, vertonte. Mein Unterbewusstsein erreichte ich nur, wenn ich Sport trieb und anschließend ein paar Tai Ji Figuren tanzte.
Im Grunde, so wusste ich, stand mir meine Lebendigkeit im Weg zum ausgeglichenen Innersten.
Dabei, so würde ich demnächst lernen, konnte ich für meine Quirligkeit überhaupt nichts und durfte bequem die Verantwortung abschieben: „Die Grundkonstitution ist gegeben und sie haftet lebenslänglich an uns“, lehrte der Profi, betrachtete mich eingehend und wies mir die beiden Doshas Vata und Pitta zu.
Somit gehörte ich zum Typ Vata-Pitta, war Sternzeichen Schütze, Aszendent Stier, im chinesischen ein Hase, außerdem klein gewachsen und mit Temperament versehen.
Das „Vata“, lernte ich, wurde von den Elementen Raum und Luft beherrscht und und machte sich in meinem zarten Körperbau und der Liebe zur Bewegung bemerkbar.
„Vata lässt unser Herz schlagen, ist der Atem, das Gehen, das Sprechen und auch das Denken, der Transport von A nach B“ – und somit ohne Zweifel mein bewegtes Ich.
Vata war also auch der Grund, warum ich zehn Sätze sprach, bevor ich auch nur einen davon zu Ende gedacht hatte.
Der Dozierende war unterdessen bei Pitta angekommen: „Pitta vereint die Elemente Feuer und Wasser und dieses Dosha ist für die Energie und Körperwärme zuständig, die Verdauung, die Durchblutung und den Metabolismus …“ – und mein aufbrausendes Temperament!
Betrachtete ich das von der positiven Seite, war ich beweglich und temperamentvoll, die weniger sympathische Seite schwatzhaft und hitzköpfig!
Das dritte Dosha jedoch, Kapha, fehlte mir fast gänzlich. Wohl trug ich das darin enthaltene Element Wasser in mir und das zweite Element, die Erde, war mein bisschen Körpermasse. Nur von der Erdung hatte ich bedenklich wenig abgekriegt; ging ich, so setzte ich nicht einen Fuß vor den anderen, sondern jagte ohne mich auch nur einmal umzusehen in Richtung Ziel. Dabei verpasste ich nicht nur dreiviertel von all dem, das man gesehen haben sollte, sondern schoss dabei auch öfters mal am Ziel vorbei. Ernsthaft zweifelte ich, ob mir die Harmonie im Dosha-Dreiklang nicht zu vielstimmig sein könnte. Dieser vorüberflatternde Zweifel wurde von Kapha noch verstärkt, welchem mein Gegenüber ohne Frage angehörte.
„Man erkennt Kapha am kräftigen Körperbau, am dichten Haarwuchs, der langsamen Bewegung“ – an Ausdatier, Ruhe; der Kapha überdachte besagte zehn Sätze, bevor er auch nur einen davon gesprochen hatte.
Kapha war alles, was ich nicht war.
„Jeder von uns“, wiederholte er geduldig, „trägt ein Übergewicht an Doshas in sich, hat hier mehr und da weniger“. Das Thema schien für ihn damit abgeschlossen und er ging umgehend zu einem neuen Fremdwort über, welches in mir zusätzliche Verwirrung stiftete: Prakriti. Prakriti war die Do-sha-Konstitution zum Zeitpunkt der Geburt,
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