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In einem leuchtend schoenen Land

Titel: In einem leuchtend schoenen Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minouche Moser
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Dschungelgrün war. Ich betrachtete die sich auflösenden Nebelschwaden und wollte gerade etwas Bewegendes von mir geben, als es an meinem Rucksack ziepte. Ich blickte direkt in die Aufregung eines Teenagers, dem gerade Entsetzliches passiert sein musste. „Entsetzlich“ war für jenen die Pause, die er hatte einlegen müssen.
    „Der“, er deutete auf Marco, „hat gesagt, ich darf nicht alleine weitergehen!“ Marcos Autorität beeindruckte mich sehr und ich zwinkerte jenem zu, raffte mich auf und erklärte mich bereit, mit dem über die Pause empörten Fabian den Aufstieg fortzusetzen. Es stellte sich heraus, dass meine Autorität ihn sehr viel weniger beeindruckte als Marcos und in Kürze war er „Big Mamas“ Dauerüberwachung entwischt. Mühsam schnaufte ich dünne Höhenluft, die ich mit dem Lebensmittelpunkt auf null Metern über Meer so gar nicht mehr gewöhnt war. Schwindelig griff ich nach dem Metalllauf, den ich bislang aus hygienischen Gründen vermieden hatte.
    Dabei, schimpfte ich meinen Schwächeanfall, waren die Höhen, die wir hier so früh Morgens erklommen, nicht einmal die höchsten Sri Lankas, nur die Heiligsten!
    Stufe für Stufe zog ich meine Erschöpfung weiter, begegnete nur wenige Meter später einer Erschöpfung, die meine bei weitem übertraf: Fabians!
    „Ich kann nicht mehr!“, beharrte er und sah mich verärgert an. Ich vermied den Vorwurf: „Ich habe dir doch gesagt, du sollst nicht so losstürmen!“ und setzte mich neben ihn, suchte nach Motivation, die ich selbst auch dringend notwendig gehabt hätte. Dass Willi munter unseren Stillstand überholte und sogar noch über genügend überschüssige Energie verfügte, um seine Freunde zuzutexten, demotivierte Fabian noch zusätzlich.
    „Ich mach das schon!“, sagte eine Stimme hinter mir und Andreas fing gekonnt die Müdigkeit des Sohnes auf, während ich Willi hinterher eilte und einem zweiten Zusammenbruch begegnete: Caro!
    „Mir ist so schlecht!“, flüsterte sie und wollte keinen Meter mehr weiter gehen. Ich nahm ihr den Rucksack ab und überredete sie Stufe um Stufe weiter. Die Treppe war vom nächtlichen Tau noch ganz glitschig und mit Blutegeln belegt, die in der Feuchtigkeit den einen oder anderen Aufsteigenden am großen Zeh in der offenen Sandale packte. Die grässlichen Viecher ignorierend konzentrierte ich mich auf meine Umgebung. Selbst auf knapp 2000 Metern Höhe zeigte Sri Lanka Mut zu Farben. Strahlend blühte rot, gelb, orange und blau auf grünem Gebüsch und Bäumen und ich war kurzzeitig froh, noch nicht in die kargen, kaum bewachsenen Höhen vorgedrungen zu sein.
    Aber nur kurzzeitig.
    Dann erinnerte ich das Ende meiner Kräfte und bildete mir ein, nicht mehr weitersteigen zu können.
    Caro kam mir zuvor.
    „Ich kann nicht mehr gehen“, wurde sie aufsässig und weigerte sich auch nur einen Schritt weiterzugehen. Ich verkniff mir das nicht bewährte „Wir sind gleich da!“, weil „gleich“ mehrere Treppenstufen zuviel waren, unterdessen jeder Schritt die übermäßig beanspruchten Muskeln quälte.
    „Häng dich an meinen Rucksack“, sagte ich und sammelte Willenskraft, die ich jetzt besonders nötig hatte. Caro hängte mir gleich ihr ganzes Körpergewicht an, was ich neben meinem eigenen zog und zerrte.
    Im Tal überschwemmten die ersten Sonnenstrahlen die Bäume. Vereinzelte windschiefe Hütten tauchten aus dem Nichts auf und plötzlich befand ich mich in einem erschöpften Wettrennen mit der aufgehenden Sonne, die ich unbedingt und vollständig von oben betrachten wollte. Immer weniger Gebüsch langte nach mir, die Treppenstufen wurden enger und die Vegetation spärlicher. Und endlich sah ich ihn vor mir: Den auf Felsen und um den legendären Fußabdruck gebauten Tempel!
    „Da sind wir ja!“, rief ich. Sofort löste sich Caro von mir, überholte mich und ergatterte Platz zehn in der Rangliste der Gipfelstürmer, ließ sich freudestrahlend neben den Siegern nieder.
    Willi war vom Aufstieg weder der Atem noch das Reden ausgegangen und er überforderte mich spontan mit seiner Munterkeit, mit welcher er mir entgegenstürmte.
    „Mama!“, verkündete er mit geblähter Brust, „ich war Erster!“
    „Toll!“, stieß ich hervor, holte heimlich ein paar Mal kräftig Luft und massierte meine überspannte Beinmuskulatur, bevor ich in die allgemeine Glücksseligkeit mit einstimmen konnte. Mit langsam wiederkehrender Energie war der Weg frei für ein einzigartiges Gipfelerlebnis: Gesammelt blickten wir

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