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In einem leuchtend schoenen Land

Titel: In einem leuchtend schoenen Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minouche Moser
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ein im srilankischen Alltag Nerven schonendes, unerlässliches Werkzeug.
    Wehe aber jenem, der die Gelassenheit kurzfristig ablegte und glaubte, in Eile ausbrechen zu müssen. Jener lief Gefahr, die innerer Ausgeglichenheit mit rasender Wut auszutauschen.
    Am Deutlichsten wurde diese Persönlichkeitsveränderung im bereits ausführlich beschriebenen Straßenverkehr, wo jeder Meter für eine Überraschung gut war. Verfügte ich beim Fahren gerade über genügend Gemütsruhe, jonglierte ich mein Vierrad gut gelaunt um das Allerlei, welches neben mir die Straße nutzte, und erreichte in bester Laune mein Ziel. War ich jedoch in Eile, befand ich mich schon wenige Sekunden nach Straßenantritt in höchster Aufregung. Hupend reklamierte ich dann jedes von mir entdeckte Verkehrsdelikt (und davon gab es reichlich), blinkte hektisch mit dem Licht und warf aufgebracht meine Hände durcheinander, sorgte in meinem eiligen Zustand für einen besorgniserregenden Blutdruck.
    Aber auch die Telefongesellschaft hatte das Potential, mein Blut mit Hochdruck durch seine Bahnen zu pumpen – es reichte schon aus, wenn sie eine Rechnung falsch ausstellte und mich auf einen Marathon durch die verschiedenen Beraterstellen in ihrem Hauptgebäude schickte.
    So geschehen an einem wunderschönen Tag im Juni.
    Aus den Tiefen meines Klappstühlchens strahlte ich zu der mir zugewiesenen Beratung hinauf, was vom Herrn am Schreibtisch herzlich erwidert wurde. Lächelnd saßen wir einander gegenüber, quollen geradezu über vor Freundlichkeit bis er sich endlich nach dem Grund meines Erscheinens erkundigte. Ich legte mein Anliegen auf den Tisch und deutete mit dem Zeigefinger auf die schwindelerregende Rechnungssumme von eintausend Dollar, in Rupien astronomische Hunderttausend.
    „Und das für einen einzigen Monat?!“, führte ich aus, nachdem meinem Gegenüber offensichtlich nichts Besorgniserregendes an der Rechnung finden konnte.
    „Richtig!“, sagte er nach eingehendem Studium der Zahlen. „Hunderttausend Rupies für den Monat Mai!“
    Er lächelte.
    Ich lächelte.
    Wir lächelten eine Weile bis ich noch mal zur Erklärung ausholte: „Hunderttausend Rupies für einen Monat scheint mir ein wenig zu viel, finden sie nicht?“
    „Sehr viel!“, fand er und … Es ist wohl hinfällig, an dieser Stelle unser Lächeln zu beschreiben, welches mir unterdessen in die Wangenknochen gekrochen war und dort Schmerzen verursachte.
    „Ja aber“, erhob ich nun die Stimme. „Das kann doch gar nicht sein!“
    „Ja warum denn nicht?“, wunderte er sich.
    „Weil“, ich tippte auf das Papier, zerrte ungehalten die Rechnungen der letzten Monate aus meiner Handtasche und legte sie zum Vergleich daneben. Dann kam wieder mein Finger zum Einsatz, der auf die vergangenen Rechnungssummen von maximal einhundert Dollar, umgerechnet zehntausend Rupien, deutete. Gewissenhaft verglich und studierte der Angesprochene die ihm vorgelegten Rechnungen. Dann endlich schien er die Lösung gefunden zu haben.
    „Die Auslandsgespräche!“, freute er sich über seinen grandiosen Einfall, „sind sehr teuer!“
    „Kann nicht sein“, musste ich mich jetzt aber furchtbar aufregen, „wir hatten im Mai keine Auslandsgespräche, denn wir waren selbst im Ausland, haben folglich überhaupt nicht telefoniert!“
    Einmal angefangen, war er aber nicht mehr zu bremsen!
    Unermüdlich bombardierte er mich mit wilden Spekulationen bezüglich der möglichen Rechnungszusammensetzung, bis ich entnervt meine Hand hob und energisch die genaue Auflistung der einzelnen Telefongespräche im Monat Mai forderte.
    „Dafür bin ich leider nicht zuständig!“, bedauerte er. „Rechnungsdetails erledigt die Buchhaltungsabteilung!“
    Dort verbrachte ich eine halbe Stunde meines Lebens in der Warteschlange und verlor darüber endgültig die Geduld – verlor jene viel zu voreilig, wie sich bald herausstellen sollte, denn davon würde ich bis zum Ende des Missverständnisses noch viel nötig haben!
    Als ich endlich an der Reihe war, konnte ich nichts Freundliches mehr aufbringen, sondern nur noch den drohenden Zeigefinger, den ich auf dem Rechnungsbetrag pochte und sofort – auf die Betonung von „sofort“ legte ich großen Wert – wissen wollte, aus welchen Telefongesprächen sich dieser Betrag zusammensetzte.
    Die Dame lächelte und bot mir einen Stuhl an.
    Ich setzte mich und und bemühte mich, wieder zur Ruhe zu kommen. Schließlich, das nahm ich zumindest an, hatte die freundliche Dame mit

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