In einem leuchtend schoenen Land
auf das die Dunkelheit durchbrechende Morgenrot nieder, dem die aufgehende Sonne folgte, die den noch immer am Horizont stehenden Mond erst matter erscheinen ließ und schließlich überstrahlte.
Nach und nach traf der Rest unserer Truppe ein, allen voran Fabian und Andreas. Von einem geschäftstüchtigen Sri-Lanker kauften wir Tee, der herrlich zur Sonne passte, die uns von der Nacht befreite. Zufrieden ließ ich mich mit meinem Tee nieder und sah mir die wechselnden Farben des Sonnenaufgangs an, als mich ein gedehntes „Ahhh“ aus meiner Ruheposition hebelte. Wieder auf den Beinen sprang ich zum Ort des klingenden Entzückens. Dort fand ich mehrere Körper über der Brüstung hängen, die Augen starr auf den Schatten des erklommenen Adams Peaks gerichtet, der von den schräg einfallenden Sonnenstrahlen in die Luftschichten geworfen worden war und dort den Betrachter mehrdimensional begeisterte.
Das machte wett für den Fußabdruck, den wir leider nicht zu sehen kriegten.
Er war von einer hölzernen Tür eingesperrt und verriegelt.
Das hatten wir jetzt davon, neben der Saison gepilgert zu sein!
Der Eindruck des göttlichen Fußes war nur jenen zugedacht, die auch die Saison zum Pilgern nutzten. Somit waren wir zum Fuß gepilgert, ohne einen ordentlichen Eindruck von dem eingetretenen Wunder abgekriegt zu haben. Abgekriegt aber hatte jeder für sich einen Eindruck einer Schönheit, die ohne weiteres als göttlich bezeichnet werden konnte und sich bleibend in unserer Erinnerung einprägte.
Einen Eindruck, den wir in unseren jeweiligen Arbeitsalltag mitnahmen, der auf Sri Lanka im Verhältnis zu Deutschland ohnehin mit seiner Langsamkeit etwas Mystisches an sich hatte.
15. Immer mit der Ruhe
Nachdem der Airbus aus Frankfurt auf Sri Lanka seine Masse eingeparkt hat und die Flugzeugtüren aufgehen, die Touristen über die Treppe auf die Startbahn und in den Bus fließen; wenn hundert Prozent Luftfeuchtigkeit dreißig Grad Außentemperatur aufheizen; wenn das Flugzeugpersonal den Gästen ein letztes Mal zulächelt und der Inselgast sri-lankischen Boden betritt, ja dann wird es so richtig gemütlich. Zügige deutsche Lebensart muss plötzlich alle Zeit der Welt aufbringen, übt ein erstes Mal an der Einreisekontrolle, wo der Pass Seite für Seite interessiert betrachtet und gemächlich abgestempelt wird, dann am Gepäckband, wo selbst die Koffer langsamer purzeln als in Deutschland; am Taxistand, wo der Fahrer gähnend hinter seinem Lenkrad herumlungert und beim Einchecken im Hotel, wo schon der Willkommensdrink nach langen Wartezeiten schmeckt.
Ab sofort gilt es aber für den Gast auch, die bekömmlichen Nebenwirkungen der Wartezeiten zu genießen und es sich im Morgen, das auf Sri Lanka manchmal niemals kommt, einen Urlaub lang bequem zu machen. Jene urgemütliche Insel-Eigenart ist selbstverständlich auch statistisch festgehalten, mit der Effektivität anderer Länder verglichen und ins Verhältnis gesetzt worden: Sri Lanka belegt gemeinsam mit einigen afrikanischen Ländern die hintersten Ränge.
Uneffektiv gemütlich oder gemütlich uneffektiv!
Ganz anders als der zur ungemütlichen Effektivität neigende Deutsche.
Dabei kommt mir der Schweizer Komiker Emil in den Sinn, der vor vielen Jahren einen Akt am Skilift inszenierte, in welchem ein zackiger Deutscher in einer Gruppe Schweizer wütete. Während die Schweizer stoisch Ski neben Ski auf den für sie vorgesehenen Sessel zustrebten, verlor der Deutsche zusehends die Geduld und glaubte schließlich, sich mitteilen zu müssen. „Bei uns in Deutschland geht alles zackzack!“, bestärkte er das weltweit gehandelte Klischee des forschen Deutschen, woraufhin die Schweizer irritiert an den zwei Metern Deutschland hoch schauten und nicht genau wussten, was sie mit soviel rasanter Ungeduld anfangen sollten.
Ich habe damals herzlich darüber gelacht und vermutlich sogar zustimmend über das Klischee gelästert.
Heute war ich selbst Klischee und lebte gelegentlich in einem Tempo, dem ich selbst kaum folgen konnte, fegte durch Haus und Straße und zog eine Welle an Geschäftigkeit und Kopfschütteln hinter mir her.
Allerdings war Eile auf der Insel keine gute Idee und überlagerte außerdem den entspannten Seelenbaumel, der jedem Neuzugang beim Betreten wie ein hawaiianischer Blumenkranz als Gastgeschenk umgelegt wurde. Der unverdrossene Seelenbaumel passte trefflich in das hiesige Klima und in den Buddhismus, war hierzulande ein angenehmer Istzustand und
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