In einer anderen Haut
war sie häuslicher Zweisamkeit noch nie gekommen; drei Wochen hielt dieser Zustand jetzt an.
«Na, wie ist es mit Adam gelaufen? Musstest du dich vor ihm ausziehen?»
«Wie? Du wusstest davon?»
«Das zieht er immer ab. Tut mir leid, dass ich dich nicht gewarnt habe, aber Adam wäre stocksauer gewesen, wenn er das spitzgekriegt hätte. Ich weiß, er ist ein Dreckskerl, aber eben ein erfolgreicher Dreckskerl. Wenn es glatt gelaufen ist zwischen euch – und so hinreißend, wie du bist, besteht daran kein Zweifel –, bringt er dich garantiert irgendwo rein, jede Wette.»
Anne musterte sie schweigend, während sie Lachsstückchen in den Salat mengte. Unwillkürlich überkam sie ein warmes Gefühl der Zuneigung; sie umarmte Diane und legte den Kopf auf ihre Schulter. Sie waren ungefähr gleich groß und etwa gleich schwer. Ein perfektes Paar. «Der Typ ist ein Freak», sagte sie. «Er wollte nicht mal mit mir ins Bett. Bloß ein bisschen glotzen und an mir rumgrapschen.»
Diane lachte, löste sich sanft von ihr und trug die Salatschüssel zum Tisch. «Klingt, als wärst du beleidigt.»
«Das war nichts weiter als ein Machtspiel. Dem ging’s überhaupt nicht darum, mich flachzulegen. Er wollte mich demütigen, das war alles.»
«Sieht so aus.»
«Aber du glaubst nach wie vor, das hätte was gebracht?»
«Hoffen wir mal, dass es funktioniert.»
Während des Essens redeten sie über das Drehbuch, an dem Diane gerade arbeitete, eine schwarze Komödie über eine durch und durch manipulative Frau, ein modernes
Alles über Eva
.
«Vollkommen unverkäuflich», sagte Diane. «Schwarze Komödien gelten als Kassengift, und Filmprojekte für Frauen locken auch keinen Hund hinter dem Ofen hervor. Aber was soll’s? Jetzt oder nie, sage ich mir.»
Anne lauschte ihren frommen Wünschen nur mit halbem Ohr, mehr auf Dianes Körper konzentriert. Als sie später mit ineinander verschlungenen Beinen im Bett lagen, gingen ihr immer wieder Dianes Worte im Kopf herum.
Hoffen wir mal, dass es funktioniert
. Ein süßes, schwereloses Gefühl schwelte in ihr, die Ahnung einer Zukunft, an der sie vielleicht festhalten konnte, auch wenn sie nicht wusste, ob sie eine Rolle ergattern und wie sich diese seltsame Beziehung aus Freundschaft und Sex zwischen Diane und ihr entwickeln würde. Irgendwie war ihr klar, dass etwas so Schönes nicht von Dauer sein konnte, doch gleichzeitig war sie entschlossen, es so lange auszukosten wie nur eben möglich.
Hoffen wir mal
.
Eine Woche später rief Adam an.
«Hier spricht Mr. Kotzbrocken», sagte er fröhlich. «Ich will dich für meinen Pilot. Du spielst Miss Obersexy. Ein bisschen Haut muss auch sein, aber nicht zu viel. Ist schließlich was für die ganze Familie.»
Anne rieb sich die Stirn. Ein Teil von ihr erinnerte sich vage daran, dass sie eigentlich eine Bühnenkarriere vor Augen gehabt hatte, und das bereitete ihr leichte Kopfschmerzen.
Adam redete immer noch und erklärte ihr die nächsten Schritte. «Eine größere Chance bekommst du so schnell nicht wieder», sagte er. «Also zeig, was du draufhast.» Dann legte er auf.
Als sie sich umwandte, stand Diane mit ausgebreiteten Armenvor ihr. «Ich wusste es.» Sie strahlte über das ganze Gesicht. «Das ist dein Durchbruch. Die ganz große Nummer.»
Anne ließ sich umarmen, aber die Wortwahl irritierte sie.
Die ganz große Nummer?
Redete Diane wirklich so? Glaubte sie tatsächlich daran? Zum ersten Mal spürte sie eine Kluft zwischen ihnen. Es war, als würde eine Kerze verlöschen, aber dann küsste Diane sie in den Nacken, und die Kerze flammte wieder auf.
Eins musste man den Fernsehleuten lassen: In puncto Optik verstanden sie ihr Handwerk. Technik und Produkte, alles war auf dem allerneuesten Stand. Sie brachten ihre Frisur, ihre Klamotten, ihr Make-up und ihren Teint auf Vordermann, verwandelten sie in eine völlig andere Frau, die sie selbst kaum wiedererkannte. Trotzdem, ihr neues Ich gefiel ihr ausgesprochen gut: Sie war atemberaubend schön, wenn auch weniger unverwechselbar; nun sah sie aus wie Tausende anderer Beautys, die man tagtäglich auf den Straßen von L.A. beobachten konnte.
Stück für Stück übernahm Adam die Kontrolle über ihr Leben, befahl ihr despotengleich, wie sie sich am Set und in ihrer Freizeit zu kleiden hatte, legte den Grundstein für ihr künftiges Leben als Berühmtheit. Er nannte es «ganzheitliche Supervision» und vereinbarte Termine beim Zahnarzt, Hautspezialisten und Ernährungsberater für
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