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In einer anderen Haut

In einer anderen Haut

Titel: In einer anderen Haut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alix Ohlin
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bezahle.»
    Außerdem fuhr sie. Sie schleppte Anne in einen Club, wo sie sich ein paar Tequila hinter die Binde kippten, tanzten und mit ein paar Typen flirteten, die Diane Anne vorstellte, wenngleich ihr nicht recht klar war, ob Diane sie tatsächlich kannte oder sie erst eben auf dem Rückweg von der Toilette kennengelernt hatte. Es waren echt süße Kerle, Surfertypen mit langem welligem Haar und Strahlelächeln. Zu hübsch, um mit ihnen ins Bett zu gehen, dachte Anne; sie würden bloß Dankbarkeit erwarten und null Einfühlungsvermögen aufbringen. Aber Flirten, Trinken und Tanzen war okay. Sie gab sich ganz ihrem Körper hin, ließ ihre Muskeln fließen und schaltete den Kopf aus. Es war drei Uhr morgens, als sie zurückfuhren. Diane redete wie ein Wasserfall – hatte sie sich auf der Toilette ein bisschen Koks in die Nase gezogen? – darüber, ob sie vielleicht runter nach Baja fahren und ein paar Wochen komplett ausspannen sollte, um endlich mal den Kopf freizukriegen, eine Idee für ein neues Skript hatte sie auch, aber womöglich würde sie sich auch einfach nur von einem Mexikaner vögeln lassen und am Strand Cocktails trinken – hatte Anne womöglich Lust mitzukommen? Dianes Stimme hallte in ihren Ohren wider wie ein nerviges Telefon, aber auch sie selbst flog auf Autopilot, weshalb sie einfach den Trick anwandte, mit dem sie andere für gewöhnlich zum Schweigen brachte: Sie lehnte sich zu ihr hinüber und küsste sie. Es war nicht das erste Mal, dass sie eine Frau geküsst hatte, aber ihr letzter Kuss dieser Art war schon eine Weile her.
    Diane schmeckte nach Lipgloss und Alkohol.
    «Oh, wow», sagte sie. «Wow.»
    Statt nach Hause fuhren sie zu einem nahe gelegenen Hotel. Es war teuer, und Diane zahlte. Das Bett war wunderbar weich. Anne ließ ihre Finger durchs Dianes Haar gleiten – schön war sie, gepflegt, sanft und glänzend. Anne kam es vor, als würde sie ein zahmes Tier streicheln, ein Gefühl, das sich noch dadurch verstärkte, dass die andere Frau so wenig wog und gedämpfte, fast winselnde Laute von sich gab. Es war nicht wirklich wie Sex – jedenfalls nicht die Art von Sex, die Anne gewohnt war –, aber es fühlte sich gut an, zumindest bis sie ermattet in die Kissen sanken.

    Als Anne erwachte, war sie allein. Sie hatte den Alkohol besser verkraftet als gedacht. Sie gönnte sich erst einmal eine ausgiebige Dusche, und als sie wieder ins Zimmer trat, war Diane zurück, ein schwer zu deutendes Lächeln auf den Lippen.
    «Ich habe einen Spaziergang gemacht», sagte sie. «Die verdammten Kopfschmerzen. Ich habe uns Frühstück aufs Zimmer bestellt. Und wie geht’s dir?»
    «Ich habe erst mal geduscht», erwiderte Anne. «Jetzt fühle ich mich schon wieder besser.»
    «Gute Idee», sagte Diane. «Das werde ich auch machen.»
    Während das Wasser lief, kam der Zimmerservice. Ihr Frühstück befand sich unter silbernen Hauben, so wie im Film. Als sie gefrühstückt hatten, war Anne plötzlich wieder müde.
    «Du kannst noch bis Mittag hier bleiben», sagte Diane. «Aber ich muss jetzt leider ins Büro. Damit sie mich feuern können, die Arschlöcher.»
    Sie schlüpfte aus ihrem Morgenmantel, präsentierte ihren glatten,makellosen Körper, trat hinter Anne und ließ ihre Hände unter den Frotteestoff gleiten. Während Dianes Hände ihre Haut liebkosten, spürte sie verblüfft, wie sie sich ihr entgegenstreckte und ein bislang ungekanntes Verlangen Besitz von ihr ergriff. Dann landeten sie, diesmal nüchtern, erneut im Bett und verließen es erst wieder, als es bereits Mittag geworden war.

    Diane wurde tatsächlich gefeuert, fuhr aber nicht nach Mexiko. Stattdessen machte sie Anne den Vorschlag, bei ihr einzuziehen. Sie lebte in einem kleinen Haus in einer kurvenreichen Seitenstraße in Los Feliz. Anne gefiel das lebhafte, gemütliche Viertel mit seinen verstreuten Bungalows, den Schrägdächern, den großzügigen, schattigen Vorderveranden und den stacheligen Wüstenkakteen in den Gärten. Wenn sie spazieren gingen, machte Diane sie auf all die Pflanzen aufmerksam, die hier in Kalifornien wuchsen, Eukalyptus, Yucca, Bougainvillea, lauter Worte, die Anne wie eine neue Sprache vorkamen. Manchmal unternahmen sie Wanderungen durch den Griffith Park, während sich die smogverhangene Stadt unter ihnen erstreckte. Anne ging zu Vorsprechen und Meetings, Diane zu Lunchverabredungen, Terminen und sonstigen Meetings. Jeder in L. A. hatte irgendwelche Meetings. Wenn Anne nun durch die Stadt fuhr und

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