In einer anderen Welt (German Edition)
hatte es mir den Atem verschlagen, und das, obwohl ich wusste, dass er eine Freundin hat.
»Nein! Ich glaube nicht, dass das irgendjemand kann«, sagte ich mit seltsam piepsiger Stimme.
»Ich war nur neugierig.« Er klang irgendwie zaghaft und unsicher, als bereute er, dass er gefragt hatte. Allerdings bewegte er sich noch immer nicht von mir weg. »Es ist nur ... als ich dich das erste Mal gesehen habe, hatte ich das Gefühl, du könntest direkt in mich reinschauen. Und als ich hörte, dass du behauptet hast, deine Mutter sei eine Hexe, da dachte ich – kennst du das nicht auch, dass du vor lauter SF-Lesen irgendwann gar nicht mehr weißt, was möglich ist und was nicht? Wenn du anfängst, Hypothesen anzuerkennen, von denen du weißt, dass sie verrückt sind, aber ...« Er verstummte.
Als ich ihn das erste Mal gesehen habe, konnte ich nur daran denken, wie umwerfend gut er aussah, das weiß ich noch genau. Falls er das für irgendeine Art mystischer Kommunikation hielt, irrte er sich gewaltig. Die Glocke läutete, die Besuchszeit war vorbei.
»Sie ist eine Hexe«, sagte ich schnell, als er gerade aufstehen wollte. »Und Magie ist real.«
Er beugte sich wieder vor zu mir, die Augen weit aufgerissen. »Zeig es mir.«
»Das ist nicht so wie in den Büchern«, erwiderte ich leise, obwohl die Besucher, die sich verabschiedeten, einen solchen Lärm veranstalteten, dass uns bestimmt niemand hören konnte.
»Zeig es mir trotzdem.«
»Da gibt es nichts zu sehen. Und ich habe geschworen, die Finger davon zu lassen, außer jemand ist in Gefahr!« Noch während ich das sagte, wurde mir klar, wie sehr es sich nach einer lahmen Ausrede anhörte. »Aber da gibt es vielleicht doch etwas, das ich dir zeigen kann«, fuhr ich fort. Ich wollte unbedingt, dass er mir glaubte. »Falls du überhaupt in der Lage bist, es zu sehen. Allerdings musst du warten, bis sie mich hier rauslassen.«
»Du nimmst mich jetzt nicht auf den Arm, oder?«, fragte er argwöhnisch.
»Nein! Natürlich nicht!«
»Na gut«, sagte er ungnädig. »Vielen Dank.«
»Vielen Dank, dass du mich besucht und mir die Bücher gebracht hast«, sagte ich.
Ich sah ihm nach, wie er den Krankensaal verließ, und dann habe ich den restlichen Tag damit zugebracht, die Astronauteneiscreme zu essen (wirklich komisches Zeug) und, obwohl es mir schwerfällt, jedes einzelne Wort unseres Gesprächs niederzuschreiben, damit ich nichts davon vergesse.
Ich muss keine Magie wirken. Wenn er in den Wildererforst mitkommt, kann ich ihm wahrscheinlich eine Fee zeigen. Er glaubt daran, oder wenigstens glaubt er, dass er an etwas glaubt. Aber wenn wir im Wald stehen, und ich sehe Feen und er nicht, wird das äußerst peinlich, denn dann hält er mich für verrückt oder für eine Lügnerin, und beides wäre wirklich furchtbar.
Aber was soll ich machen?
Donnerstag, 17. Januar 1980
So schlimm hat es sich nicht einmal direkt hinterher angefühlt.
Sie haben mich wieder geröntgt. Dr. Abdul wollte mit Daniel sprechen und schien sich zu ärgern, dass er nicht da war – als würde ich ihn in der Hosentasche verstecken. Schließlich haben sie mich gehen lassen, aber sie haben darauf bestanden, dass ich einen Stock aus Metall verwende anstelle meines Feenstocks, gegen den es nun wirklich nichts einzuwenden gibt. Ich habe es nur mit Mühe zur Bushaltestelle geschafft und von der Bushaltestelle zur anderen Bushaltestelle. Gott sei Dank gibt es Mauern, auf die man sich setzen kann. Es fühlt sich viel schlimmer an als vorher, ich glaube, sie haben es endgültig kaputt gemacht, und das wollte er Daniel erklären, nur mir nicht.
Ich bin wieder in der Bibliothek. Miss Carroll ist der Meinung, ich gehöre ins Bett. Sie hat mir Malzbonbons und ein Glas Wasser gebracht, obwohl Essen in der Bibliothek streng verboten ist.
Schmerzen, Schmerzen, SCHMERZEN.
Freitag, 18. Januar 1980
In der Krankenstation im Bett. Auf einem Kissen zu liegen, und das ohne Streckverband, ist wundervoll. Wenn ich mich nicht bewege, tut es nicht ganz so sehr weh. Auch das Schulessen wusste ich bisher nicht angemessen zu schätzen. Das Gute am Krankenhaus waren natürlich die Besucher. Hier kann mich außer Deirdre und Miss Carroll niemand besuchen. Wenn Janine oder Greg vorbeikämen, würden sie wahrscheinlich einen Anfall kriegen, und Wim wäre bestimmt ein Grund, mich von der Schule zu werfen. Aber wieso sollte er hier auftauchen?
Ich arbeite den ganzen Stoff nach, den ich verpasst habe, und eigentlich bin ich
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