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In einer anderen Welt (German Edition)

In einer anderen Welt (German Edition)

Titel: In einer anderen Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Walton
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und er kommt erst morgen.
    Heute Nachmittag hat Wim mich besucht. Er hatte Ein Spiel von Traum und Tod und Die Insel der Toten dabei. Als Erstes fiel mir seine Lederjacke auf, und dass er sich sichtlich unwohl in seiner Haut fühlte, sogar noch mehr als Daniel. Mir wurde plötzlich nur allzu bewusst, dass ich einen bescheuerten Krankenhauskittel trug, mit Flecken vorne drauf, wo ich mit meinem Essen gekleckert hatte (es ist wirklich schwer, im Liegen ordentlich zu essen), und dass ich mir seit über einer Woche nicht mehr die Haare gewaschen hatte. Ich war ganz gerührt, dass er den weiten Weg gekommen war, um mich zu besuchen, sogar noch mehr als bei den anderen.
    »Greg hat gestern Abend erzählt, dass du hier liegst«, sagte er. »Da dachte ich, ich bringe dir die vorbei. Obwohl es so aussieht, als bräuchtest du sie gar nicht.« Er deutete auf die Bücherstapel auf meinem Nachttisch.
    »Davon habe ich den größten Teil schon gelesen«, sagte ich.
    Er zog eine Augenbraue nach oben.
    »Hier gibt es sonst nichts zu tun«, sagte ich.
    »Sieht ziemlich trostlos aus«, pflichtete er mir bei. »Wie ist das Essen?«
    »Grässlich.«
    Er lachte. »Meine Mutter arbeitet als Köchin hier.«
    »Zu Hause ist das Essen bestimmt viel besser«, sagte ich.
    »Nein, ist es nicht«, erwiderte er. »Kochen ist nicht ihre Stärke. Aber sie gibt selbst zu, dass das Essen hier furchtbar ist, also muss es wirklich richtig übel sein. Deshalb habe ich ja gefragt.«
    »So viel anders als in der Schule ist es auch nicht.«
    »Eigentlich hätte ich erwartet, dass sie euch in Arlinghurst etwas Vernünftiges vorsetzen, bei dem, was ihr da hinblättert.«
    »Wohl wahr, aber es ist alles schauderhaft. Würzfleisch und Vanillepudding.«
    »Ich hab dir etwas Astronauteneiscreme von der NASA mitgebracht«, sagte er und zog ein Päckchen aus der Tasche.
    Ich hielt es hoch, damit ich es richtig sehen konnte. Das Päckchen war schwarz, mit dem Bild eines Astronauten darauf und dem Schriftzug Astronauteneiscreme – wie sie auf den Apollo-Missionen gegessen wurde . Ich sah Wim ehrfürchtig an. »Alle anderen haben mir Trauben mitgebracht. Woher hast du die?«
    Er wirkte ein wenig verlegen, sofern das überhaupt möglich ist. »Mein Vetter hat einen ganzen Haufen davon aus Florida mitgebracht. Das ist das letzte Päckchen. So toll schmeckt sie nicht, es ist mehr die Idee, die zählt. Ich habe sie mir für einen besonderen Anlass aufgespart.«
    Ich hörte auf, das Päckchen in der Hand hin- und herzudrehen und blickte ihm in die Augen. »Du hast einen Vetter, der in Amerika war?«
    Er lächelte mich an, und mir verschlug es wieder den Atem. »Amerika ist real, weißt du, es kommt nicht nur in der Science Fiction vor. Greg war dort. Er ist auf einen Worldcon in Phoenix gegangen. Er ist Harlan Ellison begegnet!«
    »Was ist ein Worldcon?«
    »›World Science Fiction Convention‹. Da treffen sich die Leute fünf Tage lang und reden über Science Fiction. Letztes Jahr fand er in Brighton statt, und ich bin hingegangen. Es war genial. Jenseits von genial. Das kannst du dir gar nicht vorstellen.«
    Ich war schon der Meinung, dass ich mir das vorstellen konnte. »Wie ein Buchclub, nur hoch drei?«
    »Hoch zehn, mindestens. Robert Silverberg war da. Ich hab mich mit ihm unterhalten! Und mit Vonda McIntyre!«
    Ich konnte kaum fassen, dass ich im selben Zimmer saß wie jemand, der sich mit Robert Silverberg unterhalten hatte. »Wo findet er dieses Jahr statt?«
    »In Boston. Er ist meistens in Amerika. Die Göttin weiß, wann wieder eine in England ist. Aber es gibt auch britische Cons. An Ostern wird einer in Glasgow ausgerichtet. Da sind natürlich nicht so viele amerikanische Autoren. Aber das Tolle sind ja nicht nur die Autoren, sondern auch die Fans. Du glaubst gar nicht, mit wem ich in Brighton alles geredet habe.«
    »Fährst du nach Glasgow?«
    »Ich hab schon angefangen, dafür zu sparen. Nach Brighton bin ich mit dem Fahrrad gefahren, und geschlafen hab ich in einem Zelt, aber um an Ostern in Glasgow zu sein, brauche ich wenigstens das Geld für ein halbes Hotelzimmer, und es wäre nett, mit dem Zug fahren zu können«, sagte Wim. Seine Begeisterung war ansteckend.
    »Ein Hotelzimmer. Geld für den Zug. Wie viel kostet eine Eintrittskarte?«
    »Bei einem Con heißt das ›Mitgliedschaft‹«, verbesserte er mich. »Ich hab meine fünf Pfund schon bezahlt.«
    »Hm, ob Daniel mir das spendieren würde? Wenn er mich überhaupt gehen lässt. Aber

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