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In einer anderen Welt (German Edition)

In einer anderen Welt (German Edition)

Titel: In einer anderen Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Walton
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mit allem außer Mathe schon durch. Aber Mathe liegt mir einfach nicht, und vor lauter Schmerzen kann ich die Zahlen nicht richtig auseinanderhalten. In Geographie ist die Gletscherbildung dran. Das hatte ich schon mal, also bereitet es mir keine Schwierigkeiten. Es ist sogar ziemlich langweilig – na schön, Gletscher, Kare, Endmoränen, Trogtäler. Deirdre hatte noch nie davon gehört und gestand mir, dass sie davon Albträume bekommen hat. Ich war brav und habe ihr nicht die Geschichte von Clarkes »Der vergessene Feind« erzählt.
    Morgen kann ich nicht in den Ort gehen, aber ich habe mich auch mit niemandem verabredet. Miss Carroll bringt meine Bibliotheksbücher zurück und holt die neuen. Vielleicht geht es mir bis Dienstag wieder besser. Oder jedenfalls so gut, wie es mir vorher gegangen ist.
    Ich möchte wieder richtig laufen können. Ich habe das Gefühl, in der Falle zu sitzen. Das ist grässlich.
    Die Nacht ist unser ist übertrieben freudianisch, kein bisschen subtil. Aber ein paar Stellen sind trotzdem gut.

Samstag, 19. Januar 1980
    Daniel ist mich besuchen gekommen, was mich wirklich überrascht hat. Er hat den Kopf zur Tür reingestreckt und gefragt: »Na, was meinst du, wen hab ich mitgebracht?«
    Ich hatte auf Sam gehofft, aber richtig geraten, dass es seine Schwestern waren. Zu meiner Überraschung war es nur eine von ihnen. »Hallo, Tante Anthea«, sagte ich, worüber sie sichtlich erschrak. Natürlich habe ich nur geraten, aber meiner Erfahrung nach war es meistens Anthea, die Älteste, wenn eine alleine war.
    »Ich konnte einfach nicht anders, ich wollte unbedingt einmal in unserer alten Schule vorbeischauen«, sagte sie.
    »Mich wundert eher, dass die anderen dem widerstehen konnten«, sagte ich, darum bemüht, die nette Nichte zu spielen.
    »Dann wäre im Wagen nicht genügend Platz, meine Liebe.«
    Also, in Daniels Wagen passen, wie in die meisten Autos, von Tantchen Tegs kleinem orangenem Fiat 500 einmal abgesehen, vier Personen. Und sogar in den Fiat können sich vier Leute reinquetschen, wenn sie nicht allzu groß sind. In dem Moment wurde mir klar, dass sie mich mit nach Hause nehmen wollten.
    »Damit du dich erholen kannst«, sagte Daniel.
    Ich fand ja, dass es sinnvoller gewesen wäre, wenn Daniel unter der Woche gekommen wäre und mit Dr. Abdul gesprochen hätte, aber anscheinend hat er mit ihm telefoniert – wer da wohl wen angerufen hat? Jedenfalls ist die Schule offenbar der Meinung, dass es eine Weile dauert, bis ich wieder am Unterricht teilnehmen kann, und da wäre es besser für mich, zu Hause gepflegt zu werden. Was ja durchaus richtig ist, wenn ich denn ein Zuhause hätte. Ich habe es mit jedem Argument versucht, das mir einfiel, ich habe sogar die nette Nichte gemimt und behauptet, ich wollte das Hockeyspiel gegen St. Felicity nicht verpassen, aber sie ließen nichts davon gelten.
    Es dauerte nicht lange, und schon wurde ich zum Wagen geführt. Dabei war mir ihre Hilfe eher hinderlich. Wenn man einen Gehstock benutzt, dann ist dieser Stock und der Arm, der ihn hält, so etwas wie dein Bein. Wenn jemand also den Stock oder den Arm festhält oder hochhebt oder sonst irgendetwas damit macht, ohne darum gebeten worden zu sein, dann ist das in etwa so, als würde man jemanden am Bein packen, während er läuft. Ich wünschte, die Leute würden das begreifen. Ein paar von den Mädchen haben uns gesehen, und die Schulschwester weiß natürlich Bescheid, also erfährt Miss Carroll auch davon, und sie wird es bestimmt den anderen erzählen. »Den anderen«, sage ich, und ich meine nicht nur Wim, sondern auch Janine und die übrigen. Aber ich muss schon zugeben, dass ich in erster Linie Wim meine. Ich glaube, ich bin ein bisschen in ihn verknallt. Dummerweise habe ich seine Zelazny-Bücher in der Schule liegen lassen, sodass ich sie nicht lesen kann.

Sonntag, 20. Januar 1980
    Draußen stürmt es, und manchmal habe ich den Eindruck, dass das ganze Gebäude gleich umgeblasen wird. Die Fenster klirren, und der Wind pfeift durch die Ritzen und den Kamin herunter. Während ich hier liege, spüre ich, wie das ganze Haus vibriert, als wäre es ein Segelschiff.
    Bücher habe ich reichlich, und Daniel kommt hin und wieder hoch und fragt, ob ich mehr möchte. Ich habe ein Kissen und bin nicht mehr auf die Folterbank geschnallt. Ich kann ins Bad humpeln. Ich habe eine Karaffe mit Wasser, eine echte Karaffe mit einem richtigen Kristallstöpsel. Sie bringen mir das Essen, das nicht schlechter

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