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In einer anderen Welt (German Edition)

In einer anderen Welt (German Edition)

Titel: In einer anderen Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Walton
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ist als in der Schule. (Wenn das Essen magisch ist, dann ist es die Magie von Old Hall, die hier seit Jahr und Tag ihre Wirkung tut, nicht mehr und nicht weniger.) Ich habe ein Radio, in dem Nachrichten kommen und The Archers und Gardeners’ Question Time und, zu meiner Überraschung und Freude, Per Anhalter durch die Galaxis . Was für ein großartiges Hörspiel! Bestimmt könnte ich mir auch einen anderen Sender suchen als Radio 4 , Radio 1 zum Beispiel. Aber das würde nur die Tanten ärgern, und auf Radio 4 laufen vielleicht noch andere unerwartete Perlen wir PAddG, während Radio 1 ausschließlich Popmusik zu bieten hat. Die meiste Zeit lese ich sowieso.
    Wie lange sitze ich hier wohl noch fest?
    Zum Abendessen bin ich nach unten gehumpelt. Es gab überbackene Makkaroni, wie immer völlig verkocht und fast ungenießbar. Sie saßen alle da, haben gegessen und dümmliche Bemerkungen gemacht, genickt und gelächelt. Ich habe die nette Nichte gespielt. Eigentlich würde ich gerne mit Daniel darüber reden, was er davon hält, über Ostern nach Glasgow zu fahren, aber das mache ich besser, wenn sie nicht mithören.
    Nach dem Essen habe ich gefragt, ob ich Tantchen Teg anrufen darf. Sie konnten nicht gut nein sagen, jedenfalls nicht in Daniels Gegenwart, also haben sie es mir erlaubt. Tantchen Teg war entsetzt, dass ich im Krankenhaus war und ihr niemand Bescheid gesagt hat, und sie glaubt nicht, dass sie es dort schlimmer gemacht haben. Sie versucht immer, alles möglichst positiv zu sehen, was manchmal ganz nett ist, und es gibt auf der ganzen Welt niemanden, mit dem man besser feiern kann, aber im Moment hilft mir das nicht weiter. Sie hat mir versprochen, Opa zu grüßen und ihm zu erklären, warum ich mich nicht gemeldet habe. Hoffentlich nimmt ihn das nicht zu sehr mit – aber wahrscheinlich erzählt sie ihm, dass es mir schon viel besser geht und dass ich bald wieder rennen kann. Schön wär’s. Selbst wenn mein Bein mir nicht direkt wehtut, spüre ich jetzt doch beständig ein leichtes Ziehen. Ich bin mir sicher, dass es schlimmer geworden ist.
    Das Telefon steht im Flur auf einem Tischchen mit einer gepolsterten Bank daneben. Während ich mit Tantchen Teg plauderte, saß ich auf der gepolsterten Bank. Nachdem ich aufgelegt hatte, fragte ich mich, wen ich sonst noch anrufen konnte, wenn ich schon einmal hier war und mich niemand störte. Allerdings kenne ich von niemandem die Telefonnummer. Es hatte keinen Sinn, Greg in der Bibliothek anzurufen, nicht an einem Sonntag. Privatnummern habe ich sowieso keine, nicht mal die von Janine. Auf dem Tischchen lag ein Telefonbuch, ein selbstgemachtes, um Nummern hineinzuschreiben, kein dickes gelbes. Ich blätterte es durch, ohne auf jemanden zu stoßen, den ich kannte, bis ich zu M kam, und da stand Sam, seine Adresse und seine Telefonnummer.
    Seine Vermieterin nahm sofort ab, und sie erinnerte sich an mich. »Die kleine Enkelin«, sagte sie. Ich bin nicht klein, und es ist ein komisches Gefühl, von Sam als meinem Großvater zu denken. Ich habe schon einen Opa, die Stelle ist nicht frei. Aber ich mag Sam.
    Nach einer Weile kam er ans Telefon. »Morwenna?«, sagte er. »Ist irgendetwas passiert?«
    »Nicht direkt, ich bin nur zur Genesung in Old Hall, und da habe ich an dich gedacht und wollte dich anrufen.«
    »Genesung von was?«, fragte er, also erzählte ich ihm alles, und dass ich dachte, dass alles nur schlimmer geworden war. »Vielleicht, vielleicht«, sagte er. »Aber manchmal tut es auch weh, wenn etwas heilt, hast du daran schon gedacht?«
    »Mir sagt einfach niemand was«, entgegnete ich. »Dr. Abdul wollte mit Daniel sprechen, mit mir hat er nicht geredet. Ich könnte sterben, und sie würden mir nichts sagen.«
    »Ich glaube schon, dass Daniel dir das sagen würde«, antwortete Sam, aber er klang nicht völlig überzeugt.
    »Wenn sie ihn lassen«, sagte ich.
    Sam schwieg einen Moment. »Vielleicht sollte ich euch einen Besuch abstatten«, sagte er schließlich. »Ich habe eine Idee. Lass mich bitte mit Daniel reden.«
    Also musste ich Daniel rufen und ihm alles erklären, und er schickte mich ins Bett und sprach eine ganze Weile mit Sam. Dann kam er hoch und erklärte mir, dass Sam morgen kommen würde, mit dem Zug, und dass er ihn in Shrewsbury abholen würde.
    Es ist eine seltsame Vorstellung, dass Sam verreist, und noch seltsamer ist die Vorstellung, dass er hier sein wird, aber er kommt morgen! Daniel hat gesagt, dass Sam schon ein recht alter Mann

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