In einer anderen Welt (German Edition)
Hausaufgabenraum, und jemand kam hinter mir heraus und drängte sich an uns vorbei, und Gill winkte mir nur und lief davon, um sich umzuziehen. Hoffentlich kommt sie darüber hinweg. Wirklich kompliziert, das alles!
Montag, 3. Dezember 1979
Ein Brief von Daniel mit weiteren zehn Pfund. Sie wollen, dass ich Weihnachten in Old Hall verbringe, aber danach kann ich für ein paar Tage nach Südwales fahren. So ein Mist. Warum denn das? Was versprechen sie sich davon? Viel lieber würde ich Tantchen Teg mit Opa helfen, vor allem, wenn er den Festtag wirklich zu Hause verbringen darf. In Old Hall haben sie mir immer das Gefühl gegeben, dass sie mich nicht schnell genug loswerden können, und jetzt? Was ich von Daniel halten soll, weiß ich nicht genau. Ich bin ihm dankbar, dass er mich aus dem Kinderheim geholt hat, aber so viel besser ist die Schule auch nicht. Er scheint sich zu wünschen, dass wir uns irgendwie anfreunden, nachdem ich ohne ihn aufgewachsen bin. Aber er und seine Schwestern fühlen sich ohne mich bestimmt viel wohler. Und was um Himmels willen soll ich ihnen schenken? Ich kann ihnen doch nicht einfach nur eine Schachtel Pralinen überreichen. Das wird ganz fürchterlich! Na ja, wenigstens kann ich hinterher nach Südwales fahren.
Dienstag, 4. Dezember 1979
Natürlich ist von Daniel kein Brief mit dem unterschriebenen Formular eingetroffen. Es ist unfair, das überhaupt zu erwarten, denn so schnell kann die Post das Formular kaum hin- und herbefördern. Aber es ist meine Karass, und heute Abend findet sie ohne mich statt, und sie werden über Planet der Habenichtse sprechen, also ist es kein Wunder, dass ich wütend bin. Klar, der Buchclub hat sich wahrscheinlich jeden Dienstag getroffen, seit ich hier bin, aber da wusste ich nichts davon, und jetzt weiß ich es. Es sei denn, die Magie hat ihn ins Leben gerufen und nicht nur den Bibliothekar veranlasst, mich zu fragen. Je mehr ich über Magie nachdenke, was sie bewirkt und wie sie alles Mögliche beeinflusst, umso weniger denke ich, dass ich damit herumpfuschen sollte.
Die Schule ist heute besonders langweilig. Ich bin es ja gewohnt, dass die Mädchen mir Schimpfnamen nachrufen, aber jetzt fangen sie schon wieder an, »Jake the Peg« zu singen, wenn ich vorbeihinke, oder sie summen es nur, wenn ein Lehrer in der Nähe ist. Sie wollen mich wütend machen, also ignoriere ich sie, was äußerlich viel einfacher ist als innerlich. Mit Deirdre machen sie das Gleiche, nur dass sie dann »Danny Boy« singen, und manchmal bricht sie in Tränen aus. Das Schreckliche an Deirdre ist, dass sie einfach sämtlichen Vorurteilen entspricht. Sie ist Irin, und sie ist nicht gerade eine Leuchte. Karen hat ihr einen Bissen von ihrem Müsliriegel abgegeben, und sie hat gesagt, es würde wie roher Weihnachtsbaum schmecken. Natürlich meinte sie Kuchen, denn danach schmecken sie, aber jetzt reißen sie alle Witze darüber, dass in Irland Weihnachtsbäume gekocht werden. Als ich das hörte, musste ich lachen, weil es so surreal ist. Sie hat ja selbst gelacht. Es war nett gemeint. Aber sie hören einfach nicht mehr damit auf, und das ist überhaupt nicht nett, und natürlich machen sie das, um ihr wehzutun. Ich gebe mir größte Mühe, damit sie nicht merken, wie sehr mich das dumme Lied über »Jake mit seinem dritten Bein« ärgert.
Ich kann Lewis seine Allegorie noch immer nicht verzeihen. Jetzt verstehe ich auch, warum Tolkien im Prolog gesagt hat, dass ihm Allegorien zuwider sind. Man kann nicht einfach etwas nehmen, das für sich steht, und dann behaupten, es sei etwas anderes. Und wenn man es macht, sollte man es nicht übertreiben. Wenn man die Narnia -Bücher als Neufassung der Evangelien versteht, macht man sie schlechter, als sie sind. Ich glaube, es wird mir schwerfallen, sie noch einmal zu lesen, ohne dauernd daran zu denken. Was wirklich schade ist. Andererseits schreibt Carpenter, dass Lewis einige Bücher verfasst hat, die direkt vom Christentum handeln – unverhohlen, meine ich. Vielleicht sollte ich es mal mit denen versuchen. Ich muss sagen, dass ich nicht mehr weiß, was ich von religiösen Dingen halten soll. Und der Religionsunterricht ist da auch keine Hilfe. Da werden nur die Reisen des Paulus heruntergeleiert, und ich arbeite mich langsam durch die Bibel. Ein paar Geschichten sind wirklich gut, aber der Rest ist langweilig. Das Meiste dreht sich jedoch um Geschichte, nicht um Theologie, und mich würde interessieren, ob Lewis irgendetwas über Feen
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