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In einer heißen Sommernacht

In einer heißen Sommernacht

Titel: In einer heißen Sommernacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Brown
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Aufmerksamkeit seiner Ehefrau und seine Söhne verloren hatte, fand er seinen einzigen Trost im Alkohol. Er starb im Alter von fünfundvierzig Jahren an einer Leberzirrhose.
    Nach seinem Tod war ihre Mutter gezwungen gewesen, Pensionsgäste aufzunehmen. Als sie schließlich ihrer Trauer erlag– mit großer Erleichterung, wie es Ella schien–, hatte Ella die Leitung der Pension übernommen. Damals war sie achtzehn. Auch wenn es sich hochmütig anhörte, war sie trotz ihrer Jugend weitaus besser darin, einen Haushalt zu führen, als ihre Mutter.
    » Murdy hat mir erzählt, dass Sie verwitwet sind.«
    Ella wandte den Kopf und warf Mr Rainwater einen scharfen Blick zu, bevor sie gleich darauf die Augen niederschlug. » Das ist richtig.«
    » Das war sicher schwer für Sie.«
    Sie nickte.
    » Sie müssen die Verantwortung für Solly alleine tragen.«
    Ella hob den Kopf. » Solly ist keine Verantwortung, Mr Rainwater. Er ist ein Kind. Mein Kind. Ein Geschenk.«
    Mr Rainwater zog seine langen Beine ein und beugte sich vor. » Natürlich. Ich wollte damit nicht andeuten–«
    » Ich gehe jetzt besser hinein.« Sie erhob sich rasch.
    Er tat es ihr gleich.
    » Bitte, hören Sie auf damit.«
    » Verzeihung?«
    » Sie brauchen nicht ständig aufzuspringen, sobald ich aufstehe oder den Raum betrete.«
    » Ich–«
    » Ich erwarte das nicht von Ihnen. Diese Form von Aufmerksamkeit ist nicht nötig. Ich bin Ihre Hauswirtin, nicht Ihre– nicht eine–« Ihr fiel nichts ein, was sie nicht für ihn war, nur, was sie war. Und was sie war, rechtfertigte nicht seine ausgesuchte Höflichkeit. » Sie müssen meinetwegen nicht aufstehen.«
    » Man hat mich dazu erzogen, vor einer Dame aufzustehen.«
    » Das glaube ich Ihnen gerne, aber–«
    » Alte Gewohnheiten sind schwer zu überwinden. Aber ich hätte es natürlich unterlassen, hätte ich geahnt, dass Sie das verärgert.«
    » Ich bin nicht verärgert.«
    Aber ihr scharfer Ton ließ das Gegenteil vermuten. Seine Augen durchdrangen die Dunkelheit zwischen ihnen, fanden ihre und schienen in sie hineinzublicken, was in ihr Unbehagen auslöste, während sie sich zugleich unhöflich und irgendwie verletzlich vorkam.
    » Gute Nacht, Mr Rainwater.« Sie kehrte ihm den Rücken zu und ging zur Tür, aber als sie die Hand nach dem Fliegengitter ausstreckte, kam er ihr zuvor und hielt ihr die Tür auf. Statt erneut über seine Manieren zu diskutieren, ging sie ins Haus. Er folgte ihr und blieb neben ihr stehen, während er beobachtete, dass sie sich auf die Zehenspitzen stellte, um den Riegel einzuhaken.
    » Ist dieser Haken für Sie nicht ungünstig hoch angebracht?«
    » Ja, sehr ungünstig.« Ella hakte den Riegel ein und wandte sich anschließend zu ihm um. » Aber er muss so weit oben sein, damit Solly nicht drankommt. Er ist uns einmal ausgebüxt und blieb stundenlang verschwunden, bevor wir ihn fanden. Er spazierte zwischen den Eisenbahnschienen herum.«
    Mr Rainwater stieß einen langen Atemzug aus und machte ein zerknirschtes Gesicht. » Das ist mein erster Abend in Ihrem Haus. Es ist mir nicht gelungen, einen guten Eindruck zu hinterlassen.«
    » Sie sollten nicht darum besorgt sein, einen guten Eindruck auf mich zu machen, Mr Rainwater.«
    » Ich möchte aber, dass Sie gut von mir denken.«
    » Ich denke gut genug von Ihnen, um Sie in meinem Haus aufzunehmen. Abgesehen davon–«
    » Haben Sie keine Meinung von mir«, ergänzte er für sie, womit er ihren Unmut über ihn und die gesamte Unterhaltung weiter schürte.
    » Ganz richtig, Mr Rainwater. Ich mache mir nicht zu viele Gedanken über Sie oder meine anderen Gäste, denn ich möchte nicht, dass Sie sich zu viele Gedanken über mich und Solly oder unsere Lebensumstände machen.«
    Er musterte sie kurz, dann erwiderte er: » Sie sollten sich öfter erlauben, wütend zu werden. Ich glaube, das würde Ihnen guttun.«
    Seine Freimütigkeit raubte ihr die Sprache. Sie nahm daran Anstoß, aber sie stand einfach nur da und starrte ihn an.
    » Gute Nacht, Mrs Barron.« Er schritt an ihr vorbei und ging nach oben.

5
    Eine Woche verging. Ella bekam von David Rainwater wenig zu sehen, außer zum Frühstück und Abendessen. Während der Mahlzeiten bewies er eine bemerkenswerte Geduld für das Geplapper der Dunne-Schwestern und ihre schlecht verhohlene Neugier.
    Die alten Damen begannen, sich für die Essenszeit »fein« zu machen, und putzten sich jeden Abend mit ihrer besten Sonntagstracht und ihrem Schmuck heraus. Ihre plötzliche

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