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In einer heißen Sommernacht

In einer heißen Sommernacht

Titel: In einer heißen Sommernacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Brown
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stammte nicht aus Gilead. Er wurde in einer kleinen Stadt im äußersten Norden von Texas geboren, wo er auch aufgewachsen ist. Er liebte die weiten, offenen Ebenen der Prärie. Er hat mir gegenüber mehr als nur einmal verlauten lassen, dass er den Wunsch hatte, dort draußen begraben zu werden.«
    » Ich verstehe.«
    Sie gingen weiter, aber als sie das Tor erreichten, blieb Ella stehen. Mr Rainwater tat es ihr gleich. Inzwischen waren selbst die letzten Nachzügler verschwunden. Das Kirchenportal war geschlossen. Nur Mr Rainwaters Wagen stand noch vor der Kirche. Die Sonne spiegelte sich in der Windschutzscheibe und strahlte blendende Lichtreflexe aus.
    Eine einsame Frau, die Ella als ihre ehemalige Lehrerin erkannte, entfernte sich von ihnen auf dem aufgesprungenen und unebenen Bürgersteig, eine Handtasche in der einen behandschuhten Hand, ihre große schwarze Bibel in der anderen. » Miss« Winnie war kinderlos und Witwe, seit Ella sie kannte, und sie trug unabhängig von der Jahreszeit immer denselben Hut in der Sonntagsmesse. Vielleicht war sie stolz auf die Feder, die um die Hutkrone gebogen war. Sie sprach von ihren vielen Katzen, als wären es ihre Kinder.
    Ella spürte einen leisen Stich im Innern. Sie wünschte, sie hätte ihre alte Lehrerin früher entdeckt, um sie zum Sonntagsbraten einzuladen. Nun würde Miss Winnie ohne Zweifel ihre Mahlzeit alleine zu sich nehmen und den restlichen Tag in Einsamkeit verbringen, nur mit ihren Katzen als Gesellschaft.
    » Mein Mann ist nicht gestorben, Mr Rainwater.«
    Er blieb stumm und unbeweglich an ihrer Seite, so still wie die Eichen, die den Gräbern Schatten spendeten. Schließlich drehte sie sich zu ihm. » Ich weiß nicht, warum Doktor Kincaid Ihnen erzählt hat, dass ich verwitwet bin. Wahrscheinlich wollte er mir Peinlichkeiten ersparen, nehme ich an.«
    Sie blickte auf Solly. Er schien von der gleichmäßigen Anordnung der Zaunpalisaden fasziniert. Er schaukelte leicht vor und zurück, während er sie genau studierte. Einzelne Sonnenstrahlen drangen durch die Baumkrone der Eiche neben ihnen und warfen Glanzlichter auf Sollys Haar, sodass es beinahe durchsichtig wirkte. Ella strich flüchtig mit den Fingerspitzen über seinen Kopf. Er zuckte vor ihrer Berührung ruckartig zurück.
    » Die Wahrheit ist, mein Mann hat uns vor sechs Jahren im Stich gelassen. Eines Tages, als ich außer Haus war, packte er seine Sachen und verschwand. Ich habe keine Ahnung, wo er hingegangen ist. Vielleicht zurück in den Norden. Oder in einen anderen Bundesstaat. Ich weiß es nicht. Er hat nichts hinterlassen, keine Nachricht. Ich habe nie wieder von ihm gehört.«
    Sie richtete die Augen wieder auf den Mann neben ihr. » Sie sind sehr freundlich zu Solly und mir. Ich kann Sie nicht guten Gewissens länger belügen.« Bevor er etwas erwidern konnte, schob sie Solly durch das Tor, in der festen Absicht, zu Fuß nach Hause zu gehen.
    Aber Mr Rainwater überholte sie und hielt ihr die Beifahrertür auf, während er ihr bedeutete einzusteigen. Sie zögerte kurz, sah jedoch keinen Grund, sein Angebot abzulehnen. Der Besuch auf dem Friedhof hatte Zeit gekostet, und ihre Gäste erwarteten pünktlich um zwei ihr Sonntagsmahl.
    Sie setzte Solly in die Mitte, dann kletterte sie hinterher. Mr Rainwater machte die Tür zu, umrundete die Motorhaube und stieg ein. Er startete den Motor und ließ ihn einige Sekunden im Leerlauf knattern, während er durch die Windschutzscheibe starrte. Schließlich wandte er den Kopf zu ihr. Ella wappnete sich innerlich gegen die gefürchteten Fragen.
    » Was für Kuchen?«
    » Wie bitte?«
    » Sie sagten, Margaret hat zwei Kuchen gebacken. Was für welche?«
    Seit sechs Jahren hielt Ella den Tratsch, die Spekulationen, die Andeutungen, die unverfrorene Neugier und das Mitgefühl all derer aus, die sie kannten. Neuankömmlingen in der Stadt wurde sie als die Frau mit dem geistig zurückgebliebenen Jungen, die von ihrem Mann verlassen worden war, beschrieben. Sie hatte die Demütigung und das Mitleid mit so viel Kraft, wie sie aufbringen konnte, ertragen.
    Mr Rainwater hatte sie mit beidem verschont.
    Mit einem Kloß im Hals antwortete sie: » Das ist eine Überraschung.«

12
    » Das war doch nicht nur eine Magenverstimmung, oder?«
    Ella und Margaret waren in der Küche und kochten Gurken, Okraschoten und Wassermelonenschalen ein. Das war schweißtreibende Arbeit, die man nicht verkürzen konnte. Das Gemüse und die Schalen mussten gründlich gewaschen,

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