In einer kalten Nacht: Roman (German Edition)
verhielt sich ruhig und betrachtete ihr Profil, wobei ihm auffiel, dass sie an der linken Hand immer noch Alans Ringe trug, den Ehering und den Verlobungsring. Ihre Blicke trafen sich, sie wusste, wohin er geguckt hatte. Es war ein verlegener Moment, und er schaute als Erster zur Seite.
»Ich kenne Marita, und ich glaube, sie kann ziemlich nerven. Sie ist versessen auf Publicity, und damit meine ich, sie kann sich wirklich selbst verkaufen, was ziemlich bizarr ist, weil sie ja eigentlich außer sich selbst nichts anzubieten hat. Vielleicht ist sie deshalb so. Sie überdehnt die Regeln des Netzwerks zu weit, und sie ist unglaublich ehrgeizig. Hat sie überhaupt irgendein erkennbares Talent? Oder ist sie bloß ein FURZ ?«
»Ein was?«, fragte Anderson, der dachte, er habe sich verhört.
Sie kicherte hinterhältig. »Fernsehschönchen und Reality-Zicke.«
Er lachte. Er konnte sich nicht mehr an das letzte Mal erinnern, als er gelacht hatte.
»Das einzige Talent, das sie besitzt, besteht darin, reiche Männer zu heiraten; darin ist sie wirklich gut. Jeder ist reicher als der davor.«
»Da freue ich mich, dass ich so pleite bin.«
»Und verheiratet.« Helena klang ein wenig spitz, und Anderson schob sich unbehaglich auf seinem Stuhl hin und her. »Was Marita allerdings nicht aufhalten würde. Ich habe gehört, wie jemand sagte – also flüsterte –, als sie mit dieser schwachsinnigen Reality-Show angefangen hat, hätte sie sich tatsächlich sterilisieren lassen. Auf die Weise gibt es keine unangenehmen Schwangerschaften, die sie von der Mattscheibe fernhalten, und keine widerlichen Abtreibungsgeschichten in den Illustrierten, vor allem keine schreienden Kinder, die womöglich nach Liebe und Aufmerksamkeit verlangen. Gut, ich will hier nicht den Snob geben, aber sie ist ein Medienpromi, der glaubt, jemand zu sein, obwohl sie in ihrem Leben nur eins zustande gebracht hat: hübsch aussehen und Ehemänner stehlen. Ich war mit Iains Frau befreundet, mit Sarah; nicht gut, doch ich kannte sie. Gott allein weiß, wie sich Iain von Marita einwickeln lassen konnte. Es war ziemlich peinlich.« Sie lachte und drehte den Kaffeebecher in der Hand. »Es gibt Frauen, mit denen andere Frauen ihre Ehemänner allein lassen können, und Frauen, bei denen das unmöglich ist. Marita Kennedy gehört schlicht und einfach zur zweiten Sorte. Bei Wohltätigkeitsveranstaltungen habe ich mich immer gefragt, ob es ihr wirklich um den guten Zweck geht oder ob sie doch eher in eigener Sache da ist. Ich habe gehört, sie lehnt grundsätzlich ab, wenn nicht eine gewisse Öffentlichkeit in den richtigen Illustrierten und Zeitungen gewährleistet ist. Iain würde für jeden alles tun, aber er hat gern seinen Auftritt, ehe er sich an die Bar stellt und einen Whisky mit alten Freunden trinkt. Das ist ihm lieber.«
»Glaubst du, er hat noch Kontakt zu Sarah?«
»Ich glaube, der Kontakt ist nie abgebrochen, obwohl ich weiß, dass die Jungs nicht viel von ihrem Vater haben. Meiner Meinung nach weiß Sarah sehr genau, dass die Ehe mit Marita von allein auseinanderbrechen wird.«
»Denkst du, Iain Kennedy könnte ein Perverser sein?«
»Was?« Helena riss den Kopf hoch.
»Du hast mich schon verstanden.«
Zwanzig Jahre lang war sie mit einem Polizisten verheiratet gewesen, und so dachte sie erst einmal über die Frage nach. »Nein, ich denke nicht. Nicht Iain. Darauf würde ich meinen letzten Cent wetten.«
»Es gibt keinen Beweis dafür, dass er einer wäre, du brauchst dir also keine Gedanken zu machen.«
»Ich hätte allerdings auf sie aufgepasst. Diese arme Schwester wird immer aufgetakelt und vor die Kameras gezerrt, damit Marita über die Tragödie ihrer verheimlichten Schwester erzählen kann und darüber, wie gut sie selbst ist. Colin, du starrst schon wieder auf meine Ringe. Ich nehme sie nicht ab, das weißt du. Warum bist du so fasziniert davon?«
»Ich dachte, ich hätte gelesen, Gilfillan und du, ihr wärt verlobt. Deshalb habe ich nach einem weiteren Ring gesucht.« Er sagte es ganz beiläufig. Zu beiläufig.
»Er heißt Terry.« Sie klang ein wenig wütend. »Colin, wir führen ein Geschäft zusammen, deshalb sehen wir uns jeden Tag. Das ist bei Geschäftspartnern häufig so. Ich weiß, welchen Artikel du meinst. Ich war extrem wütend darüber. Du solltest nicht alles glauben, was du liest. Wir haben keine Beziehung.«
»Und es geht mich ja auch gar nichts an.«
»Schade«, sagte sie, lächelte und nippte an ihrem
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