In einer kalten Nacht: Roman (German Edition)
endgültige Zahl der Opfer könnte höher oder auch niedriger sein. Wir müssen sie alle noch einmal durchgehen. Und uns die Datenbanken außerhalb von Strathclyde ansehen.« Er seufzte. »Wer weiß, wie viele andere da draußen noch sind, Colin.«
»Und Itsy gehört nicht zu ihnen?«
»Nein, von Anfang an nicht. Sie passt nicht ins Muster, hat nie gepasst. Alles, was zu ihrem Überfall führt, sieht falsch aus – der Tatort, die Kontaktherstellung … Sie ist auch das falsche Opfer, schließlich ist sie keine erfolgreiche Frau. Ein viel zu leichtes Ziel. Es passt überhaupt nichts.« Batten rieb sich die Augen. »Morgen werden wir mit Adrian Wood sprechen. Er sitzt lebenslänglich, also können wir das vielleicht ausnutzen, um mit ihm zu verhandeln. Wenn er Reue zeigt und uns hilft, könnten wir ihm vorschlagen, seine Strafe zu verkürzen. Das wird zwar nicht geschehen, denn er hat auf brutale Weise Iris Everitt vergewaltigt und verletzt. Aber wenn ich fertig bin, werde ich ihn auch für den Überfall auf Abigail McGee drankriegen.« Er erhob sich steif. »Hat nicht irgendwer etwas von Curry gesagt?« Er gähnte. »Reden ist gut, Essen ist besser.«
Costello regte sich nicht. »Ich weiß, ich bin schwer von Begriff, doch gehen wir nur kurz noch mal zurück. Warum der Druck auf den Augen?«
»Ihre Augen waren verbunden, und dann hat sie den Druck gespürt. Starken Druck«, erwiderte Batten.
»Aber wozu?« Costello drückte sich mit den Handflächen selbst auf die Augen.
»Keine Ahnung.« Während er hinter sie trat, schnippte er mit den Fingern genau an ihrem Ohr, und sie zuckte zusammen.
»Mistkerl«, fauchte sie.
O’Hare saß zu Hause und dachte über Abbott, den Gärtner der Kennedys, nach, den er im Western Infirmary gesehen hatte. Woher kannte er dieses Gesicht? Er kam einfach nicht darauf. Tony Abbott. Anthony Abbott. Bei dem Namen klingelte es auch nicht bei ihm. Aber es würde ihm schon einfallen, wenn er sich nur genug Zeit ließ.
Er sah sich in seinem Wohnzimmer um, das bereit für die Invasion war. Er hatte ein Tablett mit Besteck hervorgeholt, hatte den Backofen auf niedriger Hitze angestellt und ein paar Teller ausgesucht, die nach langer Nichtbenutzung eingestaubt waren. Wann hatte er zum letzten Mal Gäste gehabt? Es war viel zu lange her, und er freute sich schon auf seine Kollegen.
Er ging ins Wohnzimmer, stellte den Gaskamin an, schüttelte die Kissen auf den großen Chesterfieldsofas auf und räumte alles, was nicht versehentlich zu Schaden kommen sollte, von dem großen Couchtisch. Nun sortierte er seine Fachzeitschriften und sorgte dafür, dass nicht irgendein blutrünstiges Bild offen dalag, das einem sensiblen Magen den Appetit verderben könnte – obwohl einem wohl bei Quinn, Anderson, Batten und Costello kaum das Wort »sensibel« in den Sinn kommen würde.
Er schenkte sich einen Fingerbreit Malt ein. Dann setzte er sich in den großen Sessel vor dem Kamin, in dem er sonst für gewöhnlich einschlief, und dachte weiter über Tony Abbott und Iain nach, über die innige Begrüßung und die beiderseitige Sorge um Itsy. Und kurz dachte er auch an Sarah Kennedy. Er hatte lange nicht mehr mit ihr gesprochen – wie kam sie mit der ganzen Sache zurecht?
Er nippte an dem Whisky, entspannte sich langsam, bis ein kleiner Zweifel in seinem Hinterkopf zu nagen begann. Kleiner Tony – er kannte das Gesicht, vielleicht gehörte es zu einem Fall in ferner Vergangenheit … Also ging er im Geiste den großen Aktenschrank seiner Erinnerung durch; es würde vielleicht eine Weile dauern, aber er würde schon draufkommen. Denn es war da. Vor wie langer Zeit war es nur gewesen …?
Mit einem Ruck wurde er wach, als es klingelte. Er stand auf und öffnete die Tür. Davor stand Quinn, in ihren großen Kaschmirmantel gehüllt, mit Laptop und einem großen Briefumschlag in den Händen.
»Sie sehen müde aus, Rebecca«, sagte er freundlich.
»Besten Dank.« Sie reichte ihm den Briefumschlag. »Ist der für mich?« Sie nahm ihm den Malt aus der Hand. »Den brauche ich jetzt.«
Es ist ein schwieriger Abend gewesen. Der Nebel ist übel, und der kleine Fisch war hier und dort und überall. Nun weiß ich, warum sie in ihrem kleinen Teich so viel erreicht hat. Sie schwimmt viel, und sie arbeitet viel. Für Marita hat sie den Bodyguard gespielt, und einige Stunden lang hatte ich sie aus den Augen verloren. Ich habe draußen vor dem Revier gesessen und die Zeitung gelesen, die jetzt auf dem Boden des
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