In einer kalten Nacht: Roman (German Edition)
nicht drinnen?«
»Irgendein Idiot vom Ordnungsdienst hat mich rausgeworfen. Der Blödmann hatte keine Ahnung, wer ich bin!«
»Sie tragen Ihren Ausweis nicht, Harry, da brauchen Sie sich nicht zu wundern.«
»Ich brauche keinen verfluchten Ausweis! Die sollten wissen, wer ich bin!« Er trat gegen den Reifen eines Wagens und löste den Alarm aus.
»Oh, hat man Sie nicht erkannt, Sie Ärmster?«, spottete sie.
Er blieb stehen, und sein Gesicht verdüsterte sich wie ein Gewitter. »Ich bin ein preisgekrönter Fotograf, und ich muss mich mit solchem Kleinkram nicht abgeben. Diese Spermaverschwendung hat sogar damit gedroht, den Wachdienst zu rufen! Mir gedroht! Mir!« Er klang so irre, als wolle er jemanden verprügeln.
Costello unterdrückte ein Lächeln. »Harry, ich habe Ihre Arbeiten gesehen, ehe ich Sie kennen gelernt habe, aber nicht Ihr Gesicht. Bei einer Gegenüberstellung hätte ich Sie nicht herauspicken können. Na los, wir klären das jetzt.«
Sie drehte sich um und wollte das Krankenhaus betreten. Erneut spürte sie seine starken Finger um ihren Oberarm.
»Und noch etwas – warum haben Sie mir nicht gesagt, was gestern Nacht los war?«
Sie wandte sich zu ihm um. »Es ging Sie nichts an, Harry. Ich muss Dienstanweisungen befolgen, wissen Sie!«
»Sie haben mich angelogen.«
»Ach, machen Sie sich nicht lächerlich. Ich habe nicht gelogen. Könnten Sie bitte meinen Arm loslassen? Wir waren alle beim Prof. Dienstlich. Also entschuldigen Sie bitte, wenn ich meine verfluchte Arbeit tue!«
Er blinzelte und ließ ihren Arm los. »Tut mir leid, Costello, aber ich dachte, ich gehöre zum Team.«
»Natürlich gehören Sie zum Team. Und, haben Sie genug geschmollt? Wie traurig! Ich randaliere auch nicht jedes Mal, wenn Sie mit Gillespie reden, ohne es mir vorher zu sagen, ja?«
Harry strich sich das Haar hinter das Ohr. Sein Stoppelbart war ein wenig länger geworden und wirkte nun eher so, als habe er keine Zeit zum Rasieren gehabt. Er sah aus wie ein recht attraktiver Jesus. »Wollen wir uns jetzt streiten?«
»Ich streite nicht. Ich stelle nur Dinge klar. Jedenfalls haben Sie nicht viel verpasst. Aber heute Nachmittag sollten Sie vielleicht lieber im Revier bleiben. Es könnte einen Durchbruch geben.«
»Danke. Ich habe auch etwas für Sie.«
»Und?«
» DS Schönling schnüffelt um die hübsche Marita herum.«
»Hoffentlich bekommt er mehr heraus, als er einsetzen muss. Zum Beispiel Genitalherpes. Haben Sie eine Ahnung, warum?«
»Ich habe zwei Namen gehört. Itsy. Und Bobby McGurk.«
»Gut, danke. Doch das ist an sich noch keine große Geschichte.«
»Und er hat Ihre Bitte um einen Bericht über Itsys Gehirnschaden in der Akte gesehen. Deswegen hat er am Telefon nachgehakt. Sind Sie an etwas dran?«
»Stopp, Harry. Das ist Polizeikram.«
»Ich dachte, wenn Itsy Bobby vertraut hat, wäre sie vermutlich mit ihm zum Barochan Moss hinausgefahren.«
»Wollen Sie den Beruf wechseln?«
Harry stand nun sehr dicht vor ihr, und sie spürte, wie sein Atem über ihre Wimpern strich, wenn er sprach. »Sagen Sie mal, was gehört eigentlich dazu, um in Ihr Dreamteam aufgenommen zu werden, DS Costello? In diese kleine Clique, die aus Ihnen und DI Anderson besteht?«
»Lebenslang zusammenarbeiten und das Wissen, dass, wenn mir jemals jemand eine Waffe an den Kopf hält, er den Kerl festnageln wird. Solche Sachen eben.«
»Also mehr als nur die gemeinsame Liebe zu Curry?«, fragte er kleinlaut.
»Nur eine Winzigkeit, ja.«
Das Besuchszimmer in Saughton war ein so deprimierender Ort, wie man ihn nur selten findet. Obwohl es noch früher Nachmittag war, sah es aus und fühlte sich an, als sei es draußen schon dunkel. Adrian Wood bearbeitete einen Kaugummi und betrachtete die beiden Männer mit Misstrauen, das als Überlegenheit getarnt war. Anderson wies Wood im Stillen die drei Attribute schlechte Haut, mager, überflüssig zu. Und das war noch das Beste, was sich über ihn sagen ließ. Ehrlicherweise hätte er noch hinzufügen müssen: grenzdebil. Dann fielen ihm eine leichte Verdickung und ein Pulsieren an Woods Oberlippe auf, die von einer Gesichtsverletzung rühren mussten, und er entschied sich, ein bisschen weniger erbarmungslos zu urteilen. Der Bursche hatte sicherlich kein leichtes Leben gehabt.
Obwohl der Überfall auf Abigail McGee nicht im Zuständigkeitsbereich von Strathclyde stattgefunden hatte, war man in Lothian & Borders gern Battens Bitte nachgekommen, dass Anderson seinem
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