In einer kalten Nacht: Roman (German Edition)
der Arbeit schießen. Haben Sie etwas dagegen?«
»Nein. Bestimmt wird DS Mulholland Sie nach Kräften unterstützen. War er bislang behilflich?«
»Wenn ich behilflich sein kann oder wenn Sie oder Mr. Castiglia irgendetwas brauchen, rufen Sie mich an, Tag und Nacht«, sagte Mulholland, der aussah, als würde er die Fotografen nicht nur gern auf einen Drink einladen, sondern auch mit ihnen das Bett teilen. »Hier ist meine Karte.«
Gillespie steckte die Karte sorgsam in seine Brieftasche, dann entfernte er sich höflich ein paar Meter, damit Anderson ungestört mit Mulholland reden konnte.
»Irgendwelche Fortschritte? Bei dem Fall, meine ich? Wie sieht es bei den Kollegen aus?«
»Die KT hat Steine vom Fundort eingesammelt. Einer ist voller Flecken, das könnte Blut sein. Es besteht die Möglichkeit, dass wir darin die Erklärung für die Kopfwunde finden, aber nicht für die Verletzung im Gesicht. Die wurde mit einem schmaleren und längeren Gegenstand herbeigeführt.«
Anderson erinnerte sich an die Gefahren von Spekulationen, als er aus den Augenwinkeln feststellte, dass Gillespie offensichtlich nicht lauschte. Vielleicht hatte Quinn recht, was den guten Ruf von Castiglia und seinem Assistenten anging. Aber natürlich hatte auch Castiglia Interesse daran, das Vertrauen der Beamten zu gewinnen und sein Team mit dem ihren zu verschmelzen. »Was haben Sie sonst noch?«, fragte er leise.
»Spuren eines Kampfes, jemand muss wild um sich getreten haben. Hier drüben gibt es im Raureif Spuren, wo sich jemand sehr schnell bewegt hat, aber dort drüben, wo man sie gefunden hat …«, Mulholland zeigte hinüber zum unteren Teil des Feldes, »… haben sie Zweige und Rinde eingesammelt, und dort kann man überhaupt keine Fußspuren erkennen. Seltsam ist jedenfalls, dass abgesehen von den deutlichen Fußabdrücken des Mannes, der sie entdeckt hat, nur die Spur einer weiteren Person zu finden ist, dort drüben auf dem Pfad. Sie führt hin und her, als sei jemand auf und ab gelaufen. Und sie haben die gleiche Größe, ungefähr sechsunddreißig. Wir überprüfen noch, ob sie zu Itsys Ugg-Boots passen.«
»Sonst noch etwas?«
»Der Stein mit dem Blutfleck, den wir gefunden haben – er lag in einer kleinen Kuhle, und darunter befand sich kein Raureif. Er musste dort also schon eine Weile gelegen haben. Vermutlich wurde er nicht bewegt.«
»Sie wurde also nicht geschlagen, sondern ist auf etwas aufgeprallt? Möglicherweise gefallen? Packen Sie alles ein, was irgendwie nützlich sein könnte.« Und damit ging Anderson den Pfad zurück und verarbeitete die neuen Informationen, während er sich fragte, wie lange er Quinns Wagen wohl noch behalten konnte.
Castiglia saß Costello gegenüber und setzte ein Objektiv an eine Kamera. »War das DCI Quinn? Sie hat ein großartiges Gesicht. Ausdrucksstark. Sehr fotogen.«
»Sie müssen es ja wissen.« Costello nippte an ihrem Tee, er war lauwarm. »Wir haben übrigens eine Kollegin in unserem Team, die vorhin geröntgt wurde. Sie hat eins auf die Nase bekommen. Vielleicht sollten Sie die fotografieren, ehe die Schwellung abschwillt«, sagte sie sarkastisch.
»Oh, sicherlich. Das klingt genau nach dem, was ich suche: Polizisten in der Schusslinie. Ich konzentriere mich auf das Verbrechen und die realen Menschen, die damit zu tun haben. Dieser Fall – Mein Albtraum, mein Leiden: Die entsetzlichen Qualen von Marita. Stellen Sie sich nur vor, wie viele Zeitschriften gutes Geld für solchen Schund bezahlen.«
»Ich schätze, wir müssen alle unser Einkommen verdienen. Aber natürlich sind Sie über so etwas erhaben.«
Das Lächeln, mit dem er antwortete, war mehr als kokett. »Ich schwöre, noch nie habe ich Bilder verkauft, die jemanden in einer kompromittierenden Situation zeigen. Nicht verkauft – nur zur Erpressung benutzt. Das bringt viel mehr ein.« Er zwinkerte. »Jetzt mal ernsthaft: Ich bin zu begabt, um auf das Niveau von Boulevardzeitungen zu sinken.«
»Sind Sie immer so bescheiden?«, fragte Costello und musste selbst lächeln.
»Ich brauche nicht bescheiden zu sein«, sagte er und lächelte nicht. »Ich habe keine Probleme mit dem Leben. Und schon gar keine mit Frauen.«
»Nein, bestimmt nicht«, meinte sie trocken. Wahrscheinlich hatte er recht. Machte ihn das zum ehrlichen Realisten oder zum großmäuligen Arschloch? Sein Leben lang musste er von jeder Frau, die er kennen lernte, gesagt bekommen haben, was für ein wunderbarer Kerl er sei. Aber dieser Charme
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