In einer kalten Nacht: Roman (German Edition)
Abwesenheit gegen sechs Uhr gestern Abend bemerkt. Alle haben gedacht, sie sei bei einem der anderen – na ja, es ist ein großes Haus. Dennoch ist es eine lange Zeit für jemanden wie Itsy, sich unerlaubt von der Truppe zu entfernen.«
»Aber wie ist sie denn ins Barochan Moss gelangt? Das sind zehn Meilen Entfernung.«
»Das würde ich auch gern wissen. Ich habe Anderson gesagt, er soll Browne zurück aufs Revier bringen – die haben sie mit Schmerzmitteln vollgestopft, und außerdem fehlt uns sowieso ein Wagen – und zum Barochan Moss fahren, wenn er in Strathearn fertig ist. Er wird überprüfen, ob es Spuren einer Vergewaltigung gibt. Ich fürchte, Mulholland könnte sich Beweise unter den Nagel reißen, die ich als Erste bekommen möchte.«
»Ich habe jedenfalls keine Risse, kein Blut und kein Sperma an ihrer Kleidung entdeckt, falls Ihnen das hilft. Aber die Kopf- und Mundverletzungen – besteht da eine Verbindung zu Emily? Und gibt es Übereinstimmungen zwischen Emilys und Stephens?«
»Costello, damit schlagen Sie eine ganz neue Richtung bei den Ermittlungen ein. Möglicherweise hat ein aufrechter Bürger Stephen das angetan, was Stephen Emily angetan hat. Aber falls Emily Corbetts Angreifer noch immer frei herumläuft und gerade Itsy überfallen hat, wo käme dann Whyte ins Spiel?«
»Ach«, sagte Costello leise, »das damalige Team hat sich vor allem auf Emilys Aussage verlassen. Die Ermittler waren sicher, konnten es jedoch nicht beweisen. Wenn sie sich nun geirrt haben? Das müssen wir in Betracht ziehen.«
»Wir ziehen es morgen in Betracht.« Quinn rieb sich die Augen. »Jedenfalls war Mulholland die ganze Nacht im Barochan Moss, und dabei dürfte sein Eifer etwas abgekühlt sein. Hat er Sie anständig behandelt? Vergessen Sie nicht, er will wieder nach Glasgow versetzt werden, er könnte Ihnen also plötzlich als Chef vor die Nase gesetzt werden.«
Costello verzog das Gesicht. »Das ist der Tag, an dem der Teufel auf Schlittschuhen zur Arbeit kommt.«
»Erleichtern Sie mir einfach mein letztes Jahr ein wenig, Costello. Wir haben einen schwierigen Fall, und ich habe schon genug mit dem zu tun, was von oben kommt, da kann ich Störmanöver von Ihrer Seite nicht brauchen. Seien Sie nett zu Mr. Castiglia. Das sollte doch nicht so schwierig sein. Immerhin sieht er sehr gut aus, oder?«
Anderson hätte richtig sauer sein sollen, weil er mitten in der Nacht durch den Nebel fahren musste. Eigenartigerweise war er das nicht. Während er die M8 in Richtung Westen fuhr, war er sogar beinahe glücklich. Verglichen zu dem eisigen Loch, das sein Apartment war, und dem kalten Bett in Brendas Haus war Quinns Lexus der reinste Luxus.
Auf dem Weg zum Revier hatte Browne berichtet, wie asketisch Itsys Zimmer ausgesehen hatte – keine Poster, keine Bilder, keine Unordnung. Nichts »von Itsy«, wie sie es ausgedrückt hatte.
»Wie, nichts?«, hakte Anderson nach. »Nichts Persönliches?«
»Ein Foto von den Kennedys bei der Hochzeit, ein Zeichenblock und ein Buch über Vögel. Ihre Kleidung war nur … funktional. Keine hübschen Kleider.«
Anderson lächelte. Keine hübschen Kleider. Das hätte er übersehen. Er bat Browne, alles aufzuschreiben, und sie nickte.
Jetzt war er unterwegs zum Barochan Moss, hatte das Gaspedal durchgetreten und die Nebellichter eingeschaltet. Der große Motor fraß die Dunkelheit. Er fummelte an Quinns CD -Multiwechsler herum und landete bei dem Light Album der Beach Boys . Das passte überhaupt nicht zum Wetter, dafür jedoch zu seiner Stimmung, die sich besserte. Langsam wärmte er auf.
Ihm war schrecklich kalt geworden, als er mit dem kleinen Kerl in der Einfahrt von Strathearn geredet hatte. Nachdem ihm vor Schreck zunächst beinahe das Herz stehen geblieben war, hatte Anderson sich denken können, wer dieser kleine Grauhaarige sein musste. Der kleine Tony trug einen alten Mantel, einen Wollhut, den er über die Ohren gezogen hatte, und darunter das faltige Gesicht eines Mannes, der in seinem Leben einiges durchgemacht hatte. Seine eigenartigen grauen Augen funkelten so, als sei er mit allen Wassern gewaschen. Es hatte etwas Beängstigendes, wie die harten kleinen Finger in den Wollhandschuhen Andersons Hand umklammerten, es war sogar noch unheimlicher als die Art und Weise, wie er hier in der Dunkelheit, im Schutz von Nebel und Baumschatten, gewartet hatte. Andersons Polizisteninstinkte sagten ihm, dieser Mann hatte gelernt, sich im Verborgenen zu halten.
Das
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