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In einer kalten Nacht: Roman (German Edition)

In einer kalten Nacht: Roman (German Edition)

Titel: In einer kalten Nacht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caro Ramsay
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Gespräch war gar nicht nach seinem Geschmack verlaufen, weil Anderson es nicht unter Kontrolle gehabt hatte. Er hatte sich gefühlt, als würde er ausgefragt, ja, regelrecht wegen Itsy verhört – wie es ihr ging, wer bei ihr war, ob sie etwas brauchte. Der kleine Mann war wie ein Tier im Käfig neben dem Wagen auf und ab gegangen, während Anderson versuchte, ihn in eine normale Unterhaltung zu verwickeln, was ihm jedoch nicht gelang. Dann hatte er zum Abschied genickt und war in der Dunkelheit verschwunden. Anderson hatte sich gefühlt, als hätte man ihn fristlos entlassen. Der kleine Tony.
    Doch während er in den Wagen stieg, um auf Browne zu warten, war ihm etwas aufgefallen. Hinter dieser Fassade aus Aggression hatte dieser Mann Angst, sehr viel Angst. Wovor? Anderson fuhr dahin, lauschte den Beach Boys und hatte eine weitere Erkenntnis: Der kleine Tony war bislang der Erste, der wirklich wütend war über das, was Itsy zugestoßen war.
    Fünfzehn Minuten später parkte er vor dem Absperrband am Anfang des Wegs, der im Barochan Moss an der Mauer entlangführte. Dort standen außerdem ein Lieferwagen und ein Streifenwagen, und ein Stück weiter sah er die Schemen weiterer Fahrzeuge, die er allerdings nicht genau erkennen konnte.
    Er blieb ein oder zwei Augenblicke sitzen und nahm die Stille und die raue Schönheit der Natur in sich auf. Der Ort war abgelegen. Hier draußen hätte Itsy schreien können, so viel sie wollte, und niemand hätte sie gehört.
    Normalerweise, rief er sich in Erinnerung. Da sich jedoch ein Albatros in die Gegend verirrt hatte und alle möglichen Schaulustigen versuchten, einen Blick auf ihn zu erhaschen, während die Vogelschützer versuchten, genau dies zu verhindern, ging es hier gegenwärtig ungewöhnlich betriebsam zu. Vogelbeobachter zogen zu Dutzenden durch die Gegend, dazu jede Menge Fotografen. Die Sperrung der Straßen half wenig, da sie einfach über die Felder trampelten.
    Itsy hatte hier herauskommen wollen, und zwar wegen des Vogels. War sie verfolgt worden? War die Person, die sie hergebracht hatte, über sie hergefallen? Oder war jemand zufällig auf sie gestoßen und hatte sie angegriffen? Anderson stieg aus. Zügig marschierte er den Weg entlang, denn inzwischen wusste er, wo der Pfad begann, dann stieg er über die Mauer.
    Er nickte zwei Kriminaltechnikern zu und ging zu DS Mulholland, der mit einem großen Mann mit Käppi sprach. Noch jemand von der K-Division? Aber dazu passte die Körperhaltung nicht. Mulholland wurde … Anderson suchte nach dem richtigen Wort, doch sein Kopf wurde von Müdigkeit gelähmt. Er kannte Vik Mulholland schon ewig, und dieses Benehmen war außergewöhnlich. Er warf sich vor seinem Gast regelrecht in die Brust. Der große Fremde trug eine gepolsterte Tasche über der Schulter. Die Zahnräder in Andersons Hirn setzten sich in Bewegung, und er bemühte sich, nicht zu grinsen.
    » DS Mulholland«, sagte er zum Gruß.
    »Ach, Anderson«, erwiderte Mulholland.
    »Sie müssen DI Anderson sein«, sagte der Mann mit dem Käppi und betonte den Rang. Ihre Blicke trafen sich zu einer sekundenkurzen gegenseitigen Anerkennung.
    Anderson fielen die vielen Taschen an der Jacke auf, der Notizblock, die guten gefütterten Handschuhe und die Polizeikarte vom Barochan Moss. »Dann dürften Sie Harry Castiglia sein?«
    »Ich wünschte, der wäre ich. Ich verdiene nur halb so viel wie er und verfüge nur über ein Drittel seines Könnens. Ronnie Gillespie, sein Assistent.« Er nahm das Käppi vom Kopf und strich sich durch das braune Haar. Anderson war verblüfft, wie jung Gillespie wirkte, an den Wangen schien er noch Babyspeck zu haben. Aber vielleicht besuchte er auch nur zu oft spätnachts noch einen Imbiss.
    »Mr. Castiglia war bereits hier. Er ist jetzt im Krankenhaus und schaut, was dort los ist«, sagte Mulholland in einem Ton, als hätte er gerade mit Gott gesprochen.
    »Ich sehe mich nur mal um. Das ist eine irre Gegend, nicht?« Gillespie blickte zum Himmel, und sein Atem wehte in die Nachtluft. »Man hat das Gefühl, am Ende der Welt oder auf irgendeinem fernen Planeten im Universum zu stehen.« Dann wandte er sich an Anderson. »Sie wissen, dass die Kennedys Harry die Erlaubnis gegeben haben, sie bei dem Teil der Ermittlung zu begleiten, der sie betrifft? Im Augenblick könnten Sie als ranghöchster Beamter mir vielleicht die Erlaubnis geben, hier Fotos zu machen. Harry hat mir klare Anweisungen gegeben – ich soll die Kriminaltechniker bei

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