In einer kalten Nacht: Roman (German Edition)
Schusswaffe im Spiel war.«
Quinn wurde still. »Und woher wissen Sie, dass er bereits kontaktiert wurde?«
»Batten hat den Bericht unterschrieben. Der ist in der Akte. Ich habe das Logo der Universität gesehen. Und ich kenne Vik Mulholland. Er hat den Bericht sicherlich gründlich gelesen, sich allerdings nicht angesehen, wer ihn verfasst hat. Er liest nie das Kleingedruckte.«
»Nun, wir sind nicht die einzige Polizeidienststelle in Schottland, oder? Vielleicht ist Lothian & Borders uns bereits einen Schritt voraus. Edinburgh fällt in deren Gebiet.« Aber Quinn wusste, noch während sie es sagte, dass es nicht stimmen konnte. Es gab keine elektronischen Spuren von anderen Polizeidienststellen. Lothian & Borders betrachteten ihren Vergewaltigungsfall als Einzelverbrechen. Sie erlaubte sich ein verschwörerisches Lächeln. Möglicherweise, nur möglicherweise, hatten sie eine Verbindung gefunden. Eine andere Polizeidienststelle war vielleicht auch darauf gestoßen. Dr. Mick Batten, der Kriminalpsychologe, war schließlich nicht ohne Grund hinzugezogen worden. »Ich setze mich sofort mit Batten in Verbindung. Gute Arbeit, Costello.«
Um Viertel vor zehn stieg Anderson aus Mulhollands Wagen, lehnte sich an die Motorhaube und atmete die kalte, klare Luft tief ein. Die Morgensonne gab sich alle Mühe, den Nebel aufzulösen, und das Feld, das sich von der Straße bis zum Barochan Moss erstreckte, war grün und bot die reinste Postkartenansicht. Die Straße, kaum breiter als ein Feldweg, führte quer hindurch und wand sich an der Farm vorbei um eine Biegung. Ein schmaler Weg, von einer kahlen Hecke begrenzt, die in eine Trockenmauer überging, sich dann wieder von ihr löste und dem Rand des Feldes folgte, auf dem Itsy gefunden worden war. Der schmalere Weg, zwei Spuren mit Unkraut in der Mitte, war mit Polizeiband abgesperrt, und ein Kollege in Uniform hielt dort Wache und trottete jeweils zwei Schritte hin und zwei zurück.
Anderson versuchte sich zu orientieren. Natürlich war ihr Wagen gestern Nacht in den Weg eingebogen. Auf dem Grasrand zeigten sich verschiedene Reifenspuren, die sich in einer gefrorenen Rille vereinten und schließlich auf dem Asphalt verschwanden. Falls man Itsy mit dem Auto hierhergebracht hatte – er sah die Straße hinauf und hinunter –, wäre der Fahrer sicherlich mit dem Wagen so nah wie möglich an das Wäldchen herangefahren. Solange Itsy nicht von einem Unschuldigen hier abgesetzt wurde und dann ihrem Angreifer zufällig begegnet war. Aber wer sollte hier herausfahren, meilenweit von der Hauptstraße entfernt, in eine einspurige Straße, die ins Nichts führte? Wer auch immer sie gefahren hatte, würde sich bestimmt bald melden, wenn die Umstände des Falles bekannt wurden. Solange die betreffende Person nicht etwas zu verbergen hatte. Vielleicht hatte sie geglaubt, Itsy sei willig, und dann aber begriffen, dass sie einfach nicht ganz richtig im Kopf war. Wie dumm mochte Itsy tatsächlich wirken?, fragte sich Anderson. »So listig wie eine Horde Affen«, hatte Diane, die persönliche Assistentin, gesagt.
Der Vogelbeobachter war in seinem Bed & Breakfast in Kilmacolm abgeholt und in Mulhollands Hochglanz-Audi zum Barochan Moss gefahren worden, wobei seine Pudelmütze überhaupt nicht zum sportlichen Wagen passte. Ernie English war älter, als Anderson erwartet hatte, ein harter kleiner Mann mit hartem kleinem Gesicht, einem wettergegerbten Gesicht, das überall überleben könnte. Als Anderson ihn sah, seufzte er erleichtert. Falls Ernie English irgendeine Neigung gehabt hätte, Frauen anzugreifen, war er eindeutig zu alt, um das in die Tat umzusetzen. Aber er war zur richtigen Zeit am richtigen Ort gewesen, während er nach dem Albatros suchte. Wenn er nun erst einen lebenslangen Wunsch erkannt hatte, als dieses minderbemittelte Mädchen durchs Unterholz trampelte, den Vogel erschreckte und seine Pläne durcheinanderbrachte? Hätte er die Kleine geschlagen, kräftig genug, um ihr den Schädel zu spalten? Es musste ein Szenario geben, das alle scheinbar nicht zusammenpassenden Fakten vereinte. War es dieses? Hatte Itsy laut geschrien, als sie den Vogel entdeckte, oder vielleicht Angst bekommen und gekreischt – Anderson konnte sich vorstellen, wie jemand sie schlug, einmal jedenfalls, jemand, der nichts über ihre geistige Beschränktheit wusste. Oder diese vielleicht erkannte und trotzdem zuschlug. Und der dann, nach geschehener Tat, wieder zu sich kam, sorgfältig den Stein,
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